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Gott sacker Kriminalroman

Titel: Gott sacker Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Boenke
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Hautfarbe war von tiefem Schwarz, die kurzen schwarzen Locken
lagen eng an seinem ovalen Kopf. Die Lippen standen voll unter seiner langen
und geraden Nase. Für den heutigen Gottesdienst trug er das passende
Messgewand, ansonsten war er nie ohne seine Soutane mit den 33 Knöpfen, die dem
Alter Jesu entsprachen, zu sehen. Mit seiner freundlichen und humorvollen Art
hatte er schnell die Herzen der Riedhagener Bevölkerung gewonnen. Er schien
immer bester Laune zu sein und hatte für jeden in der Gemeinde, ob katholisch,
evangelisch, atheistisch oder zu der einzigen muslimischen Familie des Ortes zugehörig,
ein offenes Ohr. Obwohl sein Einstand in die kleine oberschwäbische Gemeinde
nicht ganz leicht war – von den Jungbauern hatte er sofort den Spitznamen
›Buschpfarrer‹ bekommen – gewann er durch seine sympathische und
menschenfreundliche Art bald die Herzen der Einwohner Riedhagens. Neben seiner
Stammgemeinde, in deren Pfarrhaus er wohnte, betreute er noch drei
Nachbargemeinden.
    Der Anblick des tiefschwarzen Geistlichen und die
Entwicklung der Dinge an und für sich in unserem Dorf brachten mich wieder einmal
in eine sentimental-philosophische Sakral-Stimmung, vielleicht war der
unbewusste Auslöser auch das meditative Orgelspiel des Dorfhippies Philipp aus
der Frauen-Psychogruppe, denn verstärkt flossen nun meine Gedanken: Früher sind die Weißen in den Busch, haben wie die
Berserker herummissioniert, haben ewig gebraucht, um den Schwarzen ihren
Voodookram auszureden. Und heute, heute kommen die Missionierten aus dem Busch
zu uns, um uns die Religion, die wir ihnen gebracht haben, wieder neu
beizubringen. Weil kein 16-jähriger Disko-Trottel mehr weiß, was eine Monstranz
ist und keine 16-jährige Ich-fühl-mich-wie-eine-Popstar-Schlampe mehr weiß, was
Kommunion bedeutet. Die halten das für ein Medikament. So weit ist es gekommen.
Gott sei Dank gibt es Kerle wie Deodonatus Ngumbu, die kein Risiko scheuen, im
Dschungel des undifferenzierten Atheismus den Kampf gegen die Gottlosen
anzutreten. Deshalb hat der MIKEBOSS -Stammtisch
ihm auch die NSU Quickly geschenkt – um nun mobil an allen Stellen
des aufflackernden Atheismus schnellstmöglich missionarisch tätig sein zu
können.

     
    Das war immer so, die Gedanken taten, was sie
wollten, und so war ich ganz froh, als unerwartet Herr Kalner, der Alt-Mesner,
durch die Sakristei in die Kirche stapfte und meine Gedanken unterbrach.
Vorgestern zum Sonntagsgottesdienst hatte er sich kein einziges Mal blicken
lassen. Er verbeugte sich kurz vor dem Altar, ging zum Seitenaltar und zündete
dort die Kerzen an. Wahrscheinlich war er gedanklich schon bei Weihnachten. Er
kam wieder zurück, verbeugte sich im Mittelgang wieder kurz zum Altar hin und
verschwand in der Sakristei. Immer wieder brauchte er solche Auftritte, er
wollte noch nicht zum alten Eisen gehören.
    Dann, nach einer gefühlten Ewigkeit, ein weiteres
liturgisches Highlight: Deodonatus spendete den Schlusssegen durch die
rebellierenden Lautsprecher: »In Namä von Vatte, Sohn und die heilige Geistaa.«
    Das darauf folgende, unerwartet aktuelle Schlusswort von
Deodonatus Ngumbu kam mir länger vor als seine Predigt. Einige, die schon zur
Kirche hinaus wollten, hielten noch einmal kurz inne: »Lieba Gemeinde, war
schrecklicha Woche für Doaf. War de Tod von lieba Frau Maagot Krama in da
Kapelle von da Wendelinus. Lieba Frau Maagot hatta meina Vorgänga gedient. Wenn
wieda zurückkommt von Obduktion von Tübingen, dann richtige Beädigung mit
Kirchakor … Dann war auch noch da tote Hund ina Garten vona
Gemeindemitglied. Für Gemeinde ista des alles seah schlimm, es ist wischtig
zusammahalte und bruderlisch Solidarität. Einanda Unterschtützung in da schwära
Zeit, wischtisch, aba schlechta wenn falsche reda, wenn zu schnell Urteil üba
andera fälla.« Er hatte recht, unser Pfarrer!
    Die Leute zog es nun förmlich zur Kirche hinaus, die
Ministranten waren schon zur Sakristei geeilt, als der schwarze Pfarrer noch
einmal anhob: »Unsere lieba Herr Maiser Philipp spielta uns noch für Gemeinde
und de Frieda in Gemeinde noch eina Bachkorall. Scheene Tag noch.«
    Ich schaute kurz zu Frieda, sie war aus ihrer
schläfrig-meditativen Stimmung hochgeschreckt, als sie ihren Namen hörte, hatte
Deodonatus jedoch sofort richtig interpretiert. Sie wusste, dass ihr kein
Abschlussständchen gespielt wurde, und rutschte wieder in eine bequemere
Sitzposition.

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