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Gott sacker Kriminalroman

Titel: Gott sacker Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Boenke
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Nase des
Hundes und rubbelte kräftig daran.
    Für den kleinen deutschen Schäferhund auf meinem Arm schien
die Verzückung und Entrückung der einfältigen Hildegard zu viel zu sein. Ich
spürte warme Nässe am Unterarm. Entsetzt drückte ich das verdutzte Jungtier
Hildegard an die knackige Brust, die die Inkontinenz des verwirrten deutschen
Schäferbabys zu spät bemerkte und es auf Müllers Rasen plumpsen ließ. Und schon
war es in Richtung der hohen Tannen durch die Hecken auf das Grundstück des
Alt-Pfarrers verschwunden. In diesem Augenblick fiel mir wieder ein, dass ich
mir sowieso vorgenommen hatte, nach dem Alt-Pfarrer zu schauen, da er beim
Gedenkgottesdienst gefehlt hatte. Aber seit unser neuer Pfarrer das Sagen in
der Kirche hatte, war der Alt-Pfarrer nicht mehr in der Kirche gesehen worden.
Er hatte sich mehr und mehr aus dem Dorfleben zurückgezogen.

     
    Ich rannte dem Hund hinterher. Hildegard rannte
mir hinterher. Müller lachte und vergrub die Hände in den Taschen seines
attraktiven Arbeitsanzuges in blau.
    »Sie wissen ja, wie der Alte Hunde liebt, der holt sein
Luftgewehr. Bringen Sie ihn mir ja heil wieder!«
    Nicht nur einmal hatte der alte Pfarrer seinem Nachbarn Müller
die Hundescheiße von seinem Grundstück auf die Haustreppe gelegt.
    Als ich durch die Hecken stürmte, sah ich gerade noch, wie
der deutsche Mini-Schäferhund zur offenen Verandatür des Alt-Pfarrer-Domizils
hineinstürmte. Hinter mir hörte ich einen Schmerzensschrei. Hildegard bekam die
zurückwippenden Zweige meiner Heckendurchquerung ins Gesicht.
    »Pass doch auf!«
    Und dann standen wir beide, ich etwas atemloser, jedoch im
Gesicht streifenloser als Hildegard, auf der Veranda.
    »Hallöööchen, Herr Pfarrer, der tut nichts. Herzliches
Beileid noch …, der will nur spielen.«
    Ich wusste schon immer, dass Hildegard beim Verteilen der
Intelligenz nicht drangekommen war. Ich wusste auch, dass der Alte mit keinem
Hund spielen würde, ich war mir sicher, dass er gerade sein Luftgewehr holte,
mit dem er die Katzen, die unberechtigt sein Grundstück betraten, anschoss.
    »Hallo, Herr Pfarrer, Entschuldigung … Müllers
Hund …«
    Nur langsam gewöhnten sich meine Augen an das Düstere, als
ich durch die Verandatür ins Studierzimmer trat. Mir wäre es allerdings lieber
gewesen, meine Augen hätten sich überhaupt nicht an den düsteren Raum angepasst
und ich hätte dieses Bild nie gesehen.

     
    Auf dem Boden, neben dem Sessel, lag der
ehemalige Pfarrer von Riedhagen. Nicht eine Spur Leben war noch in seinem
Körper. Das hätte allein schon das große gusseiserne Kreuz verhindert, das aus
der Mitte seiner Brust herausstand. Die Augen waren geschlossen und sein
Gesicht sah, die eigene Situation missverstehend, friedlich aus. Was hell aus
dem Mund herausragte, war nicht die Zunge, sondern eine kleine
herausgeschnittene Seite eines Buches mit winzigen Schriftzeichen. Die bleichen
Hände waren auf der Brust nachlässig gefaltet, wobei zwischen Zeige- und
Mittelfinger der linken Hand das Eisen des Kreuzes emporstieg. Unter dem
bleichen Kinn des Pfarrers lag wie zur Entschuldigung ein welkes Sträußlein
Gänseblümchen.

     
    Die Schmerzen in meinem linken Oberarm wurden
stärker. Hildegard drückte immer heftiger zu.
    »Was ist denn hier passiert? Wo ist der Kleine bloß hin? Ruf
doch den Krankenwagen, Dani!«
    Die Wahrscheinlichkeit, innerhalb von einer Woche zwei
Leichen zu finden, ist in Friedenszeiten relativ gering.
    »Ruf doch schon an. Vielleicht kann man da noch reanimieren.
Tu doch endlich was und steh nicht so blöd rum! Ich glaube, der atmet noch.«
    Jetzt erst konnte ich mich von diesem grotesken Bild
losreißen, kniete mich neben den Alten und versuchte, den Puls zu fühlen. Die
Hände waren schon kalt und steif. Selbst Jesus hätte ihn nicht mehr
wiederbeleben können.
    »Tu doch was, reanimier ihn«, schluchzte Hildegard.
    Ich drückte ihr mein Handy in die Hand: »Ruf bei der Polizei
an.«
    Voller Grauen schaute ich mir den Zettel im Mund des Toten
genauer an. Als ich mich zögerlich überwindend ganz nahe über das wächserne
Gesicht beugte, meinte ich, schon einen leichten Geruch des Todes zu verspüren.
    Es war eine kleine Seite, wahrscheinlich eine Textstelle aus
der Bibel, mit rotem Stift waren Verse eingekreist, nervös versuchte ich die
Worte zu lesen, konnte aber in Anbetracht der makabren Situation und meines vor
Aufregung zitternden Kopfes lediglich

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