Gott sacker Kriminalroman
werden die Spuren der Bücher nicht deuten können. Ärgerlich
ist nur, dass sie nun ständig hier auftauchen. Den Plan kann ich auch mit
zeitlicher Verzögerung zu Ende bringen. Das geheiligte Kind kann warten, ihm
ist die meiste Zeit … Oder soll ich mich doch zuerst um das Kind
kümmern?
Der Mann wiegte nachdenklich den Kopf hin und
her, nicht alles lief so, wie er es sich vorgestellt hatte. Er schlug das Buch
der Bücher dort auf, wo das zweite, das weiße Bändel heraushing. Leise las er
sich die bekannte Stelle aus der völlig abgegriffenen Seite selbst vor. Er
murmelte den Text des zweiten Buchs Samuel vor sich hin:
»12,18 Am siebten
Tag aber starb das Kind. Davids Diener fürchteten sich, ihm mitzuteilen, dass
das Kind tot war; denn sie sagten: Wir haben ihm zugeredet, als das Kind noch
am Leben war; er aber hat nicht auf uns gehört. Wie können wir ihm jetzt sagen:
Das Kind ist tot? Er würde ein Unheil anrichten.
12,19 David jedoch sah, dass seine
Diener miteinander flüsterten, und merkte daran, dass das Kind tot war. Er
fragte seine Diener: Ist das Kind tot? Sie antworteten: Ja, es ist tot.
12,20 Da erhob sich David von der Erde,
wusch sich, salbte sich, wechselte seine Kleider, ging zum Haus des Herrn und
warf sich davor nieder. Als er dann nach Hause zurückkehrte, verlangte er zu
essen. Man setzte ihm etwas vor, und er aß.
12,21 Da fragten ihn seine Diener: Was
soll das bedeuten, was du getan hast? Als das Kind noch am Leben war, hast du
seinetwegen gefastet und geweint. Nachdem aber das Kind tot ist, stehst du auf
und isst.
12,22 Er antwortete: Als das Kind noch
am Leben war, habe ich gefastet und geweint; denn ich dachte: Wer weiß,
vielleicht ist der Herr mir gnädig, und das Kind bleibt am Leben.
12,23 Jetzt aber, da es tot ist, warum
soll ich da noch fasten? Kann ich es zurückholen? Ich werde einmal zu ihm
gehen, aber es kommt nicht zu mir zurück.«
Die Tränen wischte sich der Mann mit dem
Handrücken aus dem Gesicht. Immer noch roch er Terpentin. Er schloss das Buch
und versteckte es wieder in der Schublade. Schnell ging er zum emaillierten
Waschbecken, nahm Bürste und Reinigungspaste. Er wusch seine Hände, bis sie rot
waren und brannten.
13
Das Frühstück
mit Cäci auf der Terrasse verlief bestens. Ich hatte zwei
Fünfeinhalb-Minuten-Eier gekocht, am Vortag einen Hefezopf gebacken,
Erdbeermarmelade aus neuer Ernte auf den Tisch gestellt und die gute
Bodenseebutter aus der Folie gepellt. Cäci hatte Sekt mitgebracht.
Die Laune war weit über dem normalen Level, bis das Telefon
klingelte. Cäci ging ran: »Hallo.«
–
»Warum?«
–
»Nein, wir frühstücken gerade!«
–
»Warum?«
–
»Okay, worum geht’s?«
–
»Was für Bilder?«
–
»Das müssen Sie ihn schon persönlich fragen!«
Cäci knallte den Hörer auf die Docking-Station
und fauchte mich an: »Rate mal, wer das war?«
Ich ahnte es, zuckte aber nur mit den Schultern.
»Das war die Kuh mit dem Geweih auf dem Arsch, deine Susi,
die rothaarige Motorradschlampe! Die wagt es, hier wegen der Bilder anzurufen!
›Sind sie toll geworden? Dann komme ich halt irgendwann mal kurz vorbei. Dani
freut sich bestimmt … ‹«, äffte sie Susis Quietschestimme nach.»Ach, das mit
den Bildern ist doch Schnee von gestern.«
Ich wollte das Thema einfach nicht mehr aufgreifen, es war
mir lästig. Ich hatte genug andere Dinge um die Ohren. Außerdem konnte eine
Vertiefung des Themas meiner momentan zufriedenstellenden Beziehung zu Cäci
abträglich sein.
Eifrig lenkte ich ab, indem ich das Thema orangefarbenes
Feuerzeug aufgriff und Cäci erzählte, dass es in Deos Kellerbibliothek gefunden
worden war. Aber Cäci konnte sich nicht erinnern, so ein Feuerzeug jemals
gesehen zu haben und wollte schon wieder mit dem leidigen Thema Susi anfangen.
Die Rettung kam dieses Mal von nachbarschaftlicher Seite.
Herr Müller war mit dem Hundewinzling in seinen Garten gekommen: »Der muss mal
scheißen.«
Müller hatte die Hände in seiner schicken blauen
Trainingshose mit den weißen Streifen vergraben und schaute dem Treiben seines
Hundes zu.
»Haben Sie nachher mal kurz Zeit, Herr Bönle? Der Stein senkt
sich ein bisschen zur Seite. Da haben die Arbeiter gepfuscht.«
Er zog die Rechte aus der Hosentasche und deutete auf den
Gedenkstein für den verblichenen Waldemar.
Eigentlich sage ich zu so etwas immer Nein, die angespannte
Frühstückssituation
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