Gott sacker Kriminalroman
wrang es dann in die blaue Wanne aus. Dies wiederholte er
so oft, bis der Boden um sein Plastiktaufbecken herum wieder trocken war.
Währenddessen sang er laut weiter:
»Lass diesen Vorsatz nimmer wanken,
Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist;
halt mich in deines Bundes Schranken,
bis mich dein Wille sterben heißt.
So leb ich dir, so sterb ich dir,
so lob ich dich dort für und für.«
Mit dem Wasser und der Seife reinigte er sich
von Kopf bis Fuß. Immer wieder fing er mit seinem Reinigungsritual unter
Absingen klerikaler Lieder von vorn an. Bald war das heilige Wasser wieder aus
der breiten Schüssel verschwunden, obwohl er versuchte, so wenig wie möglich
von dem kostbaren Nass zu verspritzen. Der Boden rundum war schlüpfrig
geworden. Vorsichtig stieg der Mann aus der Schüssel und trocknete sich ab, bis
die Haut gerötet war und brannte. Abschließend steckte er seinen Kopf noch
unter den Wasserhahn und wusch sich mit viel Shampoo die Haare. Dann legte er
sich schlafen. Die schwere nächtliche Arbeit hatte ihn müde gemacht. Als er
aufwachte, war es schon nach zwölf.
Der Frau, ich muss ihr etwas zu Essen bringen,
sie hat mich gewarnt, sie ist die Prophetin. Ihr darf es an nichts mangeln. Sie
darf mich aber noch nicht erkennen.
In der Küche ging er zum Kühlschrank und öffnete eine
Lyoner-Dosenwurst. Er schnitt mit einem scharfen Messer dünne Scheibchen. Die
Essiggurke zerteilte er gekonnt, dass sie wie ein Fächer aussah. Eine Tomate
schnitt er in vier Teile. All das drapierte er auf einem Holzbrett. Aus dem
Garten holte er noch ein Sträußlein Petersilie, um die Tomaten hübsch zu
garnieren. Dazu legte er drei Scheiben Bauernbrot. Er war jedoch mit dem Arrangement
auf dem Vesperteller noch nicht ganz zufrieden. Aus einem Wasserglas am
Fensterbrett nahm er Gänseblümchen, kürzte die Stängel, stellte sie in ein
leeres Schnapsglas und setzte es zu den Wurstscheiben. Zufrieden stieg er die
Treppe hinunter, überquerte den Hof und ging zu seiner Werkstatt.
Cäci war hungrig. An Wasser mangelte es ihr
nicht. Der Wasserhahn an ihrem Bett lieferte frisches, wohlschmeckendes Wasser.
Ihre Überlegungen, wo sie sein könnte und warum sie hier gefangen war, hatten
sie nicht weitergebracht. Sie spürte, dass sie nicht weit von zu Hause entfernt
sein konnte. Sie hatte auch immer wieder gedämpft die Glocken läuten gehört,
und es waren die Glocken Riedhagens. Sie hatte versucht, die Holzverkleidung am
Oberlicht zu entfernen, aber ohne Werkzeug hatte sie keine Chance. Immer wieder
schaltete sie das Handy ein. Aber hier unten war die Sendeleistung zu schwach.
»Scheiß-Ding!«
Sie wollte es gerade in die Ecke werfen, als sie eine Idee
hatte. Sie legte das blaue Handy mit seiner schwarzen Stummelantenne auf die
Matratze und suchte den Boden nach einem geeigneten Schneidewerkzeug ab. Nach
langem Suchen im funzeligen 40-Watt-Licht fand sie endlich unter dem Oberlicht
einen intakten Stahlnagel. Der war beim Vernageln der Fenster wahrscheinlich hinuntergefallen.
Mit dem Nagel schälte sie vorsichtig die
Kunststoffummantelung der Mini-Antenne des Handys ab. Immer wieder musste sie
ihre zitternden Hände beruhigen. Nach Minuten, die ihr wie Stunden vorkamen,
hatte sie die verkupferte Antenne mit dem Nagel freigelegt. Rötlich blinkte sie
verheißungsvoll im dämmerigen Licht.
Zufrieden schnaufte sie kurz durch und lehnte ihren
verspannten Rücken an die kühle Wand ihres Gefängnisses. Doch kaum ruhte sie,
kam die Angst wieder. Unkontrolliert begann ihr schlanker Körper zu zittern,
sie warf sich auf die Matratze und weinte.
›Nicht, das macht keinen Sinn, bleib ruhig, das war schon
immer deine Stärke … und jetzt Schritt zwei der Handyaktion‹, so hätte es
Dani formuliert. Sie schnäuzte in ihren Rock und wischte den Tränenschleier aus
ihren Augen. Die Hände waren ruhig, sie zitterten kaum, sie griff zum
Mobiltelefon mit der nackten Antenne.
In ihrer billigen Studentenwohnung in der Nähe der
Kunsthalle in Tübingen hatte sie für ihre Stereoanlage keine Antennenbuchse im
Zimmer. Ein Freund hatte ihr daher geraten, die Wurfantenne der Anlage einfach
mit dem Heizkörper zu verbinden. Tatsächlich hatte sie dadurch einen fast
perfekten Empfang für ihre Stereoanlage zustande gebracht, wo vorher nur ein
Rauschen zu hören war. Vielleicht klappte das ja ebenso mit dem Handy.
Sie hielt die blanke Stummelantenne an das Wasserleitungsrohr
Weitere Kostenlose Bücher