Gott sacker Kriminalroman
keinen Respekt vor dem Toten gehabt. Ich zückte meine Kamera.
Deo zeigte mir auch das einzelne Auge, das auf dem Kiesweg
lag.
Ich fotografierte es ebenfalls und sagte in Richtung meines
priesterlichen Freundes: »Ich würde das hier nehmen, das sieht deutlich besser
aus als deines.«
Entsetzt schaute mich Deo aus seinem gesunden Auge an:
»Daniel, manchma bist du wiaklich ein Riesaaschloch!«
Kalner kicherte entzückt wegen meines makabren Spaßes. Er
nickte mir zu und zwinkerte mit dem linken Auge.
»Wir rühren hier nichts an, wegen der Spuren«, sagte er dann,
wieder gänzlich in seinem Mesnerberuf aufgehend. »Ich mache mit meiner Arbeit
in der Kirche weiter. Wenn die Polizei was von mir will, schickt sie vorbei.«
Der Alte schlurfte Richtung Kirche.
Die Kommissarin erschien diesmal mit dem Chef
Härmle persönlich. Spöttisch lächelte sie mich an.
»Ersparen Sie sich bitte jeden Kommentar, Cäci ist
verschwunden«, kam ich ihr zuvor.
»Alles der Reihe nach. Wir wurden doch wegen Leichenschändung
beziehungsweise Störung der Totenruhe gerufen, oder habe ich da etwas falsch
verstanden?«
Härmle war schon hinter Deodonatus her zur Friedhofsmauer
gegangen und forderte gerade die Spurensicherung an. Die Blonde hörte mir
aufmerksam zu, bis wir an den zerstörten Gräbern angelangt waren.
»Was soll das alles?«, schüttelte Härmle seinen Kopf. »Da
steckt doch kein Muster dahinter. So was kann doch nur von einem Verrückten
stammen.«
Die Spurensicherung war bald eingetroffen. Während sie ihre
akribische Arbeit verrichteten, wurde ich von Hauptkommissar Härmle und seiner
Kollegin intensiv verhört. Beide schienen besorgt über das Verschwinden von
Cäci.
»Das muss in keinem Zusammenhang stehen«, bemerkte Härmle mit
sachlicher Freundlichkeit.
Ich schluckte kurz und heftig, denn diese in der Befragung
häufig verwendete Formel seitens ermittelnder Polizisten zeigte mir, wie ernst
es um Cäci stand. Da war irgendein Zusammenhang zwischen all den schrecklichen
Vorfällen, den weder ich und am allerwenigsten die Polizei durchschaute.
Irgendetwas hatte ich übersehen.
Nach meinem Verhör wurden noch Kalner und Deodonatus befragt.
Beide hatten weder etwas gehört noch etwas gesehen. Kalners ›Dienstwohnung‹ lag
hinter dem Pfarrhaus, das den Blick auf den Friedhof verdeckte. Der Pfarrer
hatte ein starkes Schmerzmittel und ein Schlafmittel eingenommen, wegen des
verletzten Auges. Er musste den Beamten die Päckchen mit den Medikamenten
bringen. Er hatte aufgrund der starken Schmerzen zwei Dolomo-Nacht und als
Schlafmittel eine halbe Flasche Wick-MediNait-Erkältungssaft zu sich genommen.
Die Beamten staunten.
»Bei da Zettelbeipack steht imma, was ich nix versteh, aba
Schmerz war weg unda Schlaf war ausgazeichnat.«
Auch die Kommissarin konnte sich ein Nebelfetzchen an Lächeln
nicht verkneifen.
»Kann ich mal Ihr Auge sehen?« Hauptkommissar Härmle deutete
auf die Augenklappe.
Vorsichtig zog sie der Pfarrer vom Kopf.
»Damit sollten Sie zum Arzt gehen, das gefällt mir nicht, da
könnte was mit dem Knochen sein, so geschwollen wie das ist. Wie ist das denn
passiert?«
»Bei da Fest von die Dani, ah die Herr Bönle. Ja, war
peinlich, ich bina bei de Fest eingeschlafe, haba bissale viel von de Walda
Bier getrunka und am nächsta Morga bin ich üba die Soutane gestolpert und mit
de Kopf an de Gatazaun gestoßa. Es war de höchsta Zeit für da heilige Messa.«
»Was war mit dem Messer?«, stutzte Härmle.
»Nix Messa, sondan
Messa, heilige Messa, Gottasdienst.«
»Na, es war ja wohl ordentlich was los auf Ihrer Fete, Herr
Bönle. Da war doch auch die Frau Kollegin anwesend … ist mir zu Ohren
gekommen.«
Die Frau Kollegin warf mir kurz einen strengen Blick zu.
»Das war rein dienstlicher Natur.«
»Das kann ich bestätigen – wir wurden alle verhört, in meiner
Garage sogar.«
Die Schultern der Schönen entspannten sich. Sie werkelte
wieder eifrig mit ihrem digitalen Notizblock herum. Ihr Handy klingelte.
»Ja, ja, ich komme nachher bei Ihnen vorbei. – Ja, ich weiß
schon Bescheid. Machen Sie sich keine Sorgen, bis gleich. Das war Ihre
Schwiegermutter in spe, sie macht sich Sorgen um ihre Tochter.«
Härmle klappte seinen Notizblock zu, schaute auf seine
Armbanduhr, nickte seiner Kollegin zu und wollte schon gehen, als er ein Foto
aus seiner Gesäßtasche zog: »Kennen Sie dieses Feuerzeug, die Farbe ist ja
recht
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