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Gottes blutiger Himmel

Gottes blutiger Himmel

Titel: Gottes blutiger Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fawwaz Hahhad
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zu lassen auf meinem letzten Gang.
    Sie packten mich in den Kofferraum. Das Auto fuhr über eine kurvenreiche Strecke voller Schlaglöcher, kurz darauf ging es geradeaus weiter, und wir bogen auf eine Asphaltstraße ein. Vorbeifahrende Autos dröhnten in meinen Ohren, bis wir wieder auf eine Piste abbogen. Dann hörte ich Menschen herumschreien, wir fuhren durch ein Dorf, da musste eine Art Wochenmarkt sein, ich hörte Schafe blöken und Ziegen meckern, dazwischen riefen Leute. Dann wurde es draußen wieder leiser. Das Auto fuhr weiter, einmal begleitete uns ein Gebetsruf, bis er in der Ferne verklang. Jetzt wurde das Motorengeräusch von draußen laut zurückgeworfen,das Auto bremste ab und fuhr langsam weiter, es blieb stehen, und der Motor ging aus. Ich blieb still liegen, schwamm in meinem Schweiß und lauschte. Mehrere Minuten lang hörte ich nur mein Herz klopfen. Auch die Insassen schienen zu warten, dann hörte ich die Türen aufgehen, sie stiegen aus und holten mich aus dem Kofferraum.
    Die Augenbinde wurde mir abgenommen. Eine rote Sonnenscheibe stand am Himmel. Wir befanden uns vor einem zweistöckigen Haus, um mich herum der Dicke und drei Begleiter, in einem Garten voller Apfel-, Aprikosen-, Orangen- und Pomeranzenbäume. Etwas weiter weg war neben einem hohen Feigenbaum ein schwarzes Auto geparkt, daneben standen drei Männer mit weißen Langgewändern und rotgemusterten Kopftüchern, die gerade ihr Gebet beendet hatten. Ein vierter betete noch immer; er kniete und sprach Fürbitten vor sich hin. Er schien der Anführer der Gruppe zu sein, denn die anderen warteten auf ihn, unter ihnen der, der mich gestern in Augenschein genommen hatte. Als der Chef fertig war, richtete er sich ruhig auf, ging zu dem schwarzen Auto und holte eine Aktentasche heraus. Darin war der ausgehandelte Kaufpreis. Er übergab sie dem Mann von gestern und schaute zu, was geschah. Der andere nahm die Tasche, kam auf meinen dicken Verkäufer zu, der neben unserem Kia stand, sprach kurz mit ihm und händigte ihm die Tasche aus. Zum ersten und zum letzten Mal sah ich das Gesicht des Dicken. Es war grob und aufgeschwemmt.
    Der Mann von gestern führte mich zu dem schwarzen Auto hinüber und setzte mich auf den Rücksitz zwischen zwei bärtige junge Männer. Ihre Maschinengewehre waren entsichert und ihre Finger lagen am Abzug. Er selbst setzte sich auf den Fahrersitz, der Anführer der Gruppe nahm neben ihm Platz. Einer dieser Verrückten würde mich ermorden. Die Fahrt begann. Zuerst ging es geradeaus. Der Anführerauf dem Beifahrersitz holte eine Gebetskette hervor und begann den Namen Gottes vor sich hin zu murmeln. Er war nicht älter als dreißig, hatte harte Gesichtszüge und schien ganz ruhig zu sein. Er blickte nicht zu mir nach hinten, aber als der Fahrer mich aufforderte, die Augen zu schließen, damit der Bärtige zu meiner Rechten sie mir wieder verbinden könne, tadelte er seine Mitfahrer: »Lasst ihn doch Abschied vom Leben nehmen.« Wie großmütig von ihm.
    Ich begann mit meinem Leben abzuschließen und machte mich auf einen Weg, der noch lang sein mochte, aber nicht endlos sein würde. Ich ergab mich in einen baldigen messerscharfen Tod. Mein Schicksal war nicht länger verschwommen, es gab kein Entrinnen davor, aber ich würde ihm nicht ganz allein entgegentreten. Ich bat um Gottes Hilfe. Herr, ich erbitte von dir nicht, mein Los abzuwenden, ich bitte nur darum, es mir erträglich zu machen . Ich fühlte mich erleichtert. In diesem weiten Raum, den Tod vor Augen, war nur Platz für Gott.
    Am fernen Horizont glitzerte eine Luftspiegelung wie ein zart gemaltes friedliches Bild, das durch die Stille noch erhabener wirkte. Farben schienen auf, verschmolzen zu einer einzigen und erstarben. Wolken zogen langsam über einen blitzblauen Himmel, ein Anblick, der in seiner ruhigen Kraft die Banalität der Waffen, Bomben und Bärte hinter sich ließ. Vom Horizont her kam mein Tod, wohltuend und leicht, dahingleitend auf den Wellen des Äthers, er berührte mich wie ein Duft, er beschützte mich vor meiner Armseligkeit und meinen Vorahnungen. Ach, läge mein Grab doch in jenem Dunst statt unter der Erde.
    Ich stellte mir einen schnellen Tod vor, ohne Geständnisse und Betteln um Gnade, ohne Klagen, Seufzen und Weinen, ich würde sie nicht um Barmherzigkeit bitten, nur darum, mich mit verbundenen Augen rasch zu töten, ich wollte nichts um mich herum sehen, keine vermummtenBewaffneten und keine Videokamera, ich wollte kein Allahu

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