Gottes blutiger Himmel
ich, was ich bereits gesagt hatte, und versuchte ihm zu erklären, dass ich in Beirut einen gefälschten Pass hätte kaufen müssen, um in den Irak reisen zu können. Er hörte nicht auf, mich zu schlagen, er glaubte, mich nur so zu dem Geständnis zwingen zu können, dass ich Amerikaner arabischer Herkunft sei, eine Firma habe und nur in den Irak gekommen sei, um die Koalitionstruppen um Aufträge anzubetteln. Ich hätte meine Religion und mein Arabertum verraten und meine Sprachkenntnisse dazu missbraucht, der amerikanischen Armee meine Dienste anzubieten und damit die Besatzung zu verlängern. Ich sei zudem einer der schlimmsten Räuber der Schätze des Irak.
Mein dicker vermummter Kerkermeister bedachte mich arme schwache Person mit Zuschreibungen, die im Irak den Tod bedeuteten. Hätte ich sie alle bestätigt, hätte mich das für jedwede Miliz begehrenswert gemacht. Solche Leute waren als Geiseln gefragt: Ein je schlimmerer Kollaborateur ich war, desto mehr Dollar war ich wert, und als Besitzer eines Unternehmens würde ich nicht zögern, dieses zu verkaufen, um das Lösegeld für mein Leben aufzubringen. Meine Begründungen, warum ich im Irak war, wollte der Dicke gar nicht hören. Er war offenbar entschlossen, die Wahrheit aus mir herauszuprügeln. Aber welche Wahrheit sollte ich gestehen, wenn er nichts gelten ließ, außer dass ich ein Spion und ein Schwein war?
Mir kam Jonathan in den Sinn. Ob er wusste, dass ich entführt worden war? Hatte er gar schon etwas für mich unternommen?Er könnte seine Vorgesetzten überreden, nach mir zu suchen. Aber da ich Miller zugeordnet war, würden sie kein gesteigertes Interesse für mich aufbringen. Besser klammerte ich mich nicht an vage Hoffnungen. Lieber stärkte ich meine Moral und überlegte, wie ich meine Entführer dazu bringen könnte, mich an al-Qaida zu verkaufen. Hoffentlich würden deren Kämpfer bald von meiner Verschleppung erfahren. Nur sie konnten mich jetzt noch retten!
Nach etwa einer Stunde kam der Dicke wieder und begann von neuem, dann ging er wieder und kam wieder. Ich bezweifelte, dass er selbst wusste, welche Informationen er von mir haben wollte. Ich hatte Pech, denn die Quälerei, die ich durchmachte, führte nicht dazu, dass ich zusammenbrach. Ich wünschte mir, das Bewusstsein zu verlieren, aber es war mir nicht vergönnt. Andererseits wollte ich die Schmerzen gar nicht stoppen oder lindern. Bei jeder neuen Misshandlung hatte ich das Gefühl, das zu erleben, was auch andere durchmachten; ich war einer von zahllosen Menschen, die solche schrecklichen Schmerzen erdulden mussten. Ich bat meinen Peiniger nicht, von mir abzulassen. Hin und wieder machte er von sich aus eine Pause und verschnaufte. Dazu wies er mich an, mit dem Gesicht zur Wand zu sitzen und mich nicht umzudrehen, nahm sein Tuch ab und wischte sich damit über Gesicht und Haare. Ich hörte dann nur seinen schwer gehenden Atem, der sich gelegentlich wie das Schnauben eines Stiers anhörte.
Der erste Tag war vorüber, und er hatte noch nichts Neues aus mir herausbekommen. Da hatte ich einen Gedanken, wie wir beide einen Ausweg aus der verfahrenen Situation finden könnten. Die Gelegenheit war da. Er saß müde vom Foltern vor mir und keuchte vor sich hin. Ich schlug ihm vor, al-Qaida mitzuteilen, dass ich bei ihm sei, wenn er sich davon überzeugen wollte, wer ich war. Wer so etwas anbot,musste lebensmüde sein. Kein anderer Entführter hätte sich gewünscht, von al-Qaida gefangen gehalten zu werden. Wer ihr in die Hände fiel, hatte kaum Hoffnung, zu überleben. Da ich mit meinem Vorschlag also meinen Kopf riskierte, so dachte ich, wäre er wohl eher geneigt, mir fürs Erste zu glauben, bis er eine Antwort von jenen erhielte, die sonst nur töteten.
Aber er verlor nun erst recht den Verstand. Er kroch auf allen vieren zu mir heran, und als hätte ich ihm einen weiteren Grund gegeben, mich zu prügeln, packte er mich mit beiden Händen am Hals, schlug meinen Kopf auf den Boden und würgte mich dabei. Kurz bevor ich erstickte, ließ er von mir ab. Ich erkannte, welchen Fehler ich gemacht hatte. Meine Dummheit hatte mich um meine letzte Hoffnung, al-Qaida, gebracht. Ich hatte ihn selbst daran erinnert, dass er sich in Acht nehmen musste. Denn wenn ich die Wahrheit sagte und al-Qaida erführe, was mit mir geschehen war, wären meine Entführer die Verlierer. Sie hatten jemanden verschleppt, der, über seinen Sohn, mit der Organisation verbunden war, was nicht nur bedeuten würde,
Weitere Kostenlose Bücher