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Gottes blutiger Himmel

Gottes blutiger Himmel

Titel: Gottes blutiger Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fawwaz Hahhad
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verschwinden.
    »Die Unterredung in der Dienststelle verlief nicht schlecht«, unterbrach Hassan abermals meine Erinnerungen, »obwohl sie unter keinen guten Vorzeichen stand. Der Offizier war sich sicher, dass du nichts über Samers Verbleib wusstest. Trotzdem wollte er dich ein wenig provozieren, um vielleicht doch noch etwas Neues zu erfahren. Er erfuhr nichts Neues, aber er schaffte es, dich zu provozieren.«
    Unsere Sitzung beim Geheimdienst verlief nicht einmal ganz ohne Höflichkeiten. Der Offizier trat freundlich und verständnisvoll auf und behauptete, er würde meine interessanten Studien regelmäßig lesen, aber mir war nicht wohlbei ihm. Er war klein und saß nur deswegen auf einem hohen Drehstuhl hinter seinem Schreibtisch, ging es mir durch den Kopf, um seinen bescheidenen Wuchs zu verbergen, den seine kräftigen Schultern und seine breite Brust nicht ausgleichen konnten. Ich versuchte wohl deshalb so schlecht von ihm zu denken, damit er mich nicht zu sehr beeindruckte. Aber allein die Tatsache, dass ich in einem Büro des Geheimdienstes saß, ließ bei mir kein Behagen aufkommen, denn mein Gesprächspartner würde in aller Seelenruhe ein Spiel mit mir treiben, bei dem es keine Chancengleichheit gab. Nachdem er meine Schriften gewürdigt hatte, fragte er mich ohne Umschweife: »Wo ist Ihr Sohn Samer im Moment?«
    »Was wollen Sie denn von ihm?« Ich konnte mich nicht zurückhalten, und meine Gegenfrage klang verärgert.
    »Immer mit der Ruhe«, mahnte der Offizier.
    »Sagen Sie mir nicht, dass Sie ihn festhalten.«
    »Antworten Sie, die Sache geht auch Sie an.«
    »Samer ist mit Freunden ans Meer gereist und länger dortgeblieben.«
    »Da sind Sie sich also ganz sicher. Hat er Ihnen Bescheid gesagt?«
    »Er hat mit meiner Frau gesprochen.«
    »Sie beide leben getrennt, nicht wahr?«
    »Ist das hier ein Verhör?«
    »Ich möchte nur sichergehen, dass unsere Informationen richtig sind.«
    »Sagen Sie mir bitte, was hier los ist.«
    »Wir suchen Ihren Sohn. Wir waren von Beirut bis nach Damaskus an ihm dran, aber in Aleppo haben wir seine Spur verloren. Wir glauben, dass er in ein Dorf an der Grenze gereist ist.«
    »Dann wissen Sie mehr als ich.«
    »Ihr Sohn hat Kontakt zu einer Gruppe von Radikalislamisten.«
    Es traf mich wie ein Blitzschlag, aber ich verwarf die Vorstellung sogleich wieder. Ich sagte: »Sie täuschen sich.« Es war völlig undenkbar für mich, dass Samer mit irgendeiner Organisation irgendetwas zu tun hatte. Mir kam in den Sinn, dass der Offizier vielleicht etwas von mir wollte und mich deshalb zu erpressen versuchte, indem er Andeutungen über meinen Sohn machte.
    »Samer kommt noch heute zurück, vielleicht ist er schon zu Hause. Dürfte ich erfahren, was Sie von mir wollen?«
    »Wenn ich sage ›Ihr Sohn‹, dann meine ich ihn auch. Wir verfolgen seinen Fall schon seit geraumer Zeit, und was ich im Moment über ihn weiß, ist, dass er sich in einem Dorf namens Dawwasa versteckt hält, während …«
    »Während was?«
    »Er wird in den kommenden Tagen in den Irak gehen.«
    »Ich bitte Sie, mich nicht weiter zu quälen. Sie irren sich. Samer befindet sich auf keinem Kriegszug gegen Amerika, er denkt nicht einmal an so etwas.«
    »Was ich Ihnen zu sagen habe, wird hart für Sie sein. Er hat sich während des letzten Semesters seines Studiums in Beirut einer terroristischen islamischen Organisation angeschlossen. Ich werde Sie nicht anlügen und nicht übertreiben. Er könnte, um es auf den Punkt zu bringen, mit al-Qaida zu tun haben. Das ist sogar wahrscheinlich.«
    Hassan hatte noch nicht zu Ende erzählt, sondern erst begonnen. Er sagte: »Das war kein Trick. An der Sache war etwas dran. Willst du noch mehr hören?«
    Diesmal wollte ich.
8
    Samer hatte während seines Universitätsstudiums in Beirut zunächst nie die Aufmerksamkeit der Sicherheitsdienste erregt. Wie jeder andere syrische Student im Libanon ging er mit jungen Männern und Frauen seiner Clique in die Cafés an der Al-Hamra-Straße, ins Kino und in Fastfood-Restaurants. Nichts an seinem Verhalten war in irgendeiner Weise verdächtig. Vorletztes Jahr aber begann er in Moscheen im Umkreis der palästinensischen Flüchtlingslager zu beten und machte dadurch den libanesischen und den syrischen Geheimdienst auf sich aufmerksam, die sich seine Anwesenheit dort zunächst damit erklärten, dass es in seinem weitläufigen Freundeskreis eben auch Palästinenser gab. Zwei Monate später wurde er jedoch mehrfach mit einem über

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