Gottes blutiger Himmel
einmal vertraulich behandelt wurde. Und wozu überhaupt ein Bericht, wo doch das Ergebnis schon vorher feststand? Die Verdächtigen sollten ja in jedem Fall schuldlos bleiben. Keine Frage, die Chefs von Metracorp steuerten selbst die Ermittlung.
Miller wollte schon aufgeben, als Jimmy in seinen Wohnwagen stürmte. Mittlerweile war es zehn Uhr morgens. Er bat Miller, mit ihm ins Freie zu gehen, der Wohnwagen könne verwanzt sein. Die beiden gingen durch eine kleine Grünanlage hinter Millers Wagen. Es war heiß, und sie blieben im Schatten eines Baumes stehen.
»Haben Sie schon einmal vom Zarqawi-Fieber gehört?«, fragte Jimmy.
Miller wandte sich ihm verwundert zu. Der Name Zarqawi allein konnte schon Fieber auslösen. Statt zu antworten, starrte er Jimmy verständnislos an.
»Viele haben sich schon damit angesteckt«, führte dieser aus. »Unsere Leute haben Abu Musab az-Zarqawi gesucht!«
Deswegen waren sie bei Nacht ausgeschwärmt, hatten gefoltert, gemordet und Leichen geschändet! Jimmy hatte den Anlass der Massaker herausgefunden, die scheinbar grundlos und ziellos verübt worden waren. Az-Zarqawi! Eigentlich hatten ja alle von ihm gesprochen, sein Name stand auf jeder Wand und fiel in jeder Nachrichtensendung. In Bagdad und um Bagdad herum bildeten US-Soldaten, Abenteurer, Söldner und andere Leute Banden, die alles daransetzten, Abu Musab az-Zarqawi zu jagen und zu fassen, um an das auf ihn ausgesetzte Kopfgeld zu gelangen.
»Und wir sitzen hier und kommen nicht darauf!«, meinte Jimmy. »Jeder weiß doch mittlerweile von der Belohnung.«
Die Besatzung hatte eine Prämie von fünfundzwanzig Millionen Dollar für denjenigen ausgesetzt, der Abu Musab az-Zarqawi lebend oder tot fangen würde. Das also waren die Millionen, die sie sich teilen wollten. Das Geld hatte die Gier aller im Irak tätigen Söldner geweckt, und alle träumten davon, es einzuheimsen. Ein solches Vermögen würde ihnen ein luxuriöses Leben in bequemem Frühruhestand ermöglichen. Es beflügelte Phantasien von Stränden in der Karibik, den Casinos von Las Vegas und Hotels an der Côte d’Azur, wo sie mit Mannequins und Filmschauspielerinnen dauerurlauben würden.
Immer mehr Leute beteiligten sich an der Jagd und suchten nach Mitteln, wie sie seiner habhaft werden könnten, so dass sie auch Kontakt zu jenen aufnahmen, die sie eigentlich bekämpften, zu Widerstandsgruppen, die in Konkurrenz zu az-Zarqawi standen, unter ihnen Stammesführer, Chefs imaginärer Parteien und Gewohnheitsverbrecher, denen sie einen Teil des Geldes versprachen. Sie sammelten alles über den Gesuchten, Videoaufnahmen, Fotos und Kommuniqués, sie heuerten Agenten an, die Informationen über ihn liefern, und Spione, die seine Bewegungen beobachtensollten. Immer wieder glaubten sie, für kurze Zeit die Möglichkeit zu haben, ihn schnappen zu können, wenige Tage lang nur, wenn ihnen nicht jemand zuvorkam und ihn tötete, bevor sie ihn fanden.
Ibrahim war der Hauptakteur der Söldnergruppe gewesen, denn ihm war am ehesten zuzutrauen, dass er an exklusive Informationen kam, die einer Gefangennahme az-Zarqawis dienlich sein konnten. Auf ihn stützte sich die Gruppe, und dafür wurde ihm ein beträchtlicher Anteil an der Kopfprämie in Aussicht gestellt, verbunden mit einer Garantie, in die USA emigrieren zu können und dort in Sicherheit zu leben. Ibrahim steckte das Gebiet ab, in dem er az-Zarqawi vermutete, und sammelte Namen von Personen, die mit ihm Kontakt hatten und vielleicht wussten, wo er war. So folgten sie seiner Spur.
Die Metracorp-Gruppe konkurrierte mit vielen anderen und zögerte daher nicht, jede Person oder Familie zu misshandeln, die zufällig einmal mit dem Terrorfürsten Kontakt gehabt oder ihn vor langer Zeit getroffen hatte. Keine Gnade walten zu lassen, wenn auch nur die geringste Vermutung bestand, dem Gesuchten näher zu kommen, war ihr Motto. Und so gerieten sie an Scheich Abdarrahim aus Dhuluiya, der mit az-Zarqawi zweimal zusammengekommen war, um ihn zur Mäßigung zu mahnen. Solche vermeintlichen Spuren brachten sie dazu, ganze Familien zu töten und ihre Leichname zu verunstalten, damit es so aussah, als seien sie Opfer terroristischer Akte unter den Konfessionen geworden.
Miller erschien diese Erklärung einleuchtend, denn jeder Beteiligte hätte damit eine Million Dollar oder mehr zu erwarten gehabt. Ich kommentierte seine neue Erkenntnis nicht. Für mich war die Annahme, Abu Musab az-Zarqawi sei das Ziel der Gruppe gewesen,
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