Gottes blutiger Himmel
entgegenzunehmen. Am Abend nahm er erneut sein Gewehr und schoss sich selbst in den Mund.
»Gab es das jemals, dass ein Vater gezwungen wurde, seineneigenen Sohn meuchlings hinzurichten?«, fragte Fadhil. Er war nicht in der Stimmung, mit mir über meine Idee zu diskutieren. Glücklicherweise rief in diesem Moment der Baath-Mann an, um mitzuteilen, er könne mich erst morgen wieder treffen.
Die sechzehnte E-Mail
Ich bin nach wie vor entschlossen, meinen Plan umzusetzen. Eine andere Lösung ist nicht in Sicht. Aber ich muss mich noch gedulden.
Es geht mir nicht gut. Was ich hier höre und sehe, zerreißt mich und schmerzt mich ungeheuer.
Verfall umgibt mich, und Verfall ergreift mein Inneres.
Den ganzen nächsten Morgen über versuchte Fadhil, mich von meinem Vorhaben abzubringen. Man könne niemandem trauen, meinte er. Aber es war zu spät, mich umzustimmen. Ich war entschlossen, mich als Geisel anzubieten. Dies würde das letzte Mal sein, dass ich den Herrn von der Baath-Partei sah, und mit Sicherheit würde er meine Hoffnung wieder enttäuschen. Wenn ich die Sache also nicht selbst in die Hand nahm, würde ich keinen Schritt weiterkommen.
Unser Freund von der verbotenen Partei erschien und hatte, wie erwartet, nichts anzubieten. Meine Idee gefiel ihm aber, als ich sie ihm darlegte, obgleich sie ihn überraschte. Erst schwieg er und strich sich wie immer über seinen Schnurrbart, was nun so aussah, als dächte er gründlich nach. Endlich sprach er, und er war sehr offen: »Das könnte tatsächlich klappen. Ich glaube nicht, dass diese Leute etwas dagegen haben, gratis und ohne eigenes Zutun eine Geisel zu bekommen. Aber ich kann nicht dafür garantieren, was danach passieren wird. So eine Operation ist sehr gefährlich.Und wenn eine der Gruppen sich darauf einlassen sollte, dann hoffe ich, dass wir ihr damit nicht zu einem langersehnten Fernsehauftritt verhelfen, bei dem sie Ihnen vor laufender Kamera den Kopf abschneidet.«
Wir vereinbarten, dass er sich wieder bei mir melden würde, sollte jemand Interesse zeigen. Er meinte, ich solle die Sache noch einmal überdenken und es sei kein Problem, wenn ich es mir anders überlegen würde und mich doch lieber nicht als Geisel anbieten wolle.
Am selben Tag traf ich Miller und eröffnete ihm, dass ich mein Anliegen im Alleingang weiterverfolgt hatte. Ich würde demnächst über einen ehemaligen Parteifunktionär der Baath Kontakt zu islamistischen Gruppen aufnehmen und mich entführen lassen. Ich bat ihn, mir nicht böse zu sein, ich hätte einfach keine Zeit, noch länger zu warten. Eine Rechtfertigung hatte ich ja, Millers Ermittlungen zogen sich hin und würden voraussichtlich nicht so schnell beendet sein. Währenddessen war irgendwo im Irak das Leben meines Sohnes in Gefahr, ich musste zu ihm, vielleicht würde ich es schaffen, vielleicht auch nicht. Es war ein Abenteuer mit unsicherem Ausgang, ein Spiel, dessen Einsatz mein Leben war, aber ich musste es wenigstens versuchen.
Miller murmelte ungläubig: »Das ist doch unmöglich.«
Aber für mich war nichts mehr unmöglich.
Er bat mich, nur noch einige Tage abzuwarten, dann würde sich meine Idee erledigen. Er stehe kurz davor, Gewissheit darüber zu erlangen, was die Gruppe von Captain Harry bezweckt hatte, ob sie wirklich eigenständig gehandelt hatte oder ob sie von Metracorp beauftragt war. Er müsse herausfinden, mit wem sie eine Absprache hatte und was ihr Ziel war. Mittlerweile hatte er auch von Entführungen erfahren, die die Gruppe unternommen hatte, bevor sie gezielt auf Mordtour ging, und dass sie ihre Geiseln an Rebellengruppenjedweder Couleur verkauft hatte. Ibrahim hatte den Menschenhandel eingefädelt. Aber irgendetwas musste in den vergangenen Monaten passiert sein. Sie war nun nicht mehr nur auf Geld aus, sondern auf Mord.
Jimmy rief Miller täglich an und gab ihm Informationen, aber viel Neues war nicht mehr dabei. Miller vermutete, dass Jimmy ihm etwas vorenthielt, um seinen Informanten zu schützen. Jimmy hingegen behauptete, er dürfe nicht zu viel Druck ausüben, um dem Soldaten keine Angst zu machen, er würde sonst gar nichts mehr oder nur Irreführendes sagen. Aber Miller wollte ihn nicht geschont wissen.
»Ihr Freund war nicht nur Zeuge der Verbrechen, er hat sie mit begangen«, argumentierte er. Sein Zwist mit Jimmy trat nun offener zu Tage. Miller war der Meinung, das Ausmaß der Untaten sei so ungeheuer, dass Jimmy seinen Informanten ausliefern müsse. Wenn man ihn dann mit
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