Gottes blutiger Himmel
seinen Aussagen konfrontierte, würde er nicht länger verbergen können, was er wusste. Miller stellte in Aussicht, dass er dem Betreffenden ein gutes Angebot machen und auch keine Gewalt gegen ihn anwenden würde, wenn er auspackte. Aber Jimmy verbat sich Millers Nachfragen bezüglich seines Gewährsmannes. Noch bestehe Hoffnung, mehr von ihm zu erfahren, aber jede Einmischung von außen könne dazu führen, dass diese Quelle schlagartig versiegte. Miller solle lieber die gewonnenen Erkenntnisse nutzen. Er dürfe die Gruppe nicht zu stark unter Druck setzen, denn ihre Mitglieder beobachteten sich gegenseitig und würden jeden beseitigen, der einknickte. Zudem würde auch die Firma selbst jeden Mitarbeiter sofort außer Landes bringen, der Schwäche oder Nachlässigkeit zeigte.
Der Major versuchte trotzdem, die Identität der Quelle zu erfahren, und glaubte auch einmal, kurz vor dem Ziel zu stehen, aber er ging der Sache dann doch nicht weiter nach, umsich mit Jimmy nicht zu überwerfen und ihm nicht zu schaden. Miller war überzeugt davon, dass die Söldner, mit denen er es zu tun hatte, allesamt kein Gewissen hatten. Sie gaben sich ihm gegenüber unbeeindruckt, glaubten von einer Untersuchung nichts befürchten zu müssen und versuchten, Miller in die Irre zu führen. Es entging ihm nicht, dass sie das Töten nur als Arbeit begriffen. Sie äußerten immer wieder Verwunderung und Spott darüber, dass Miller so ernst und eifrig ermittelte. Für sie verdiente die Angelegenheit all diese Mühe und Hartnäckigkeit nicht. »Was liegt Ihnen eigentlich so sehr an diesen Irakern?«, höhnten sie. »Sie stinken, tragen dreckige Kleidung und binden sich Lumpen um den Kopf. Halten Sie die wirklich für Menschen? Die bringen sich doch gegenseitig Tag für Tag zu Hunderten um!« Welchen Sinn hatte es, wenn Miller ihnen erklärte, dass sie nicht anders waren als Amerikaner und nur deshalb gegeneinander kämpften, weil diese zu ihnen gekommen waren? Die Gegenargumente waren immer schnell bei der Hand: »Warum sollten wir Mitleid mit ihnen haben, wenn sie untereinander kein Mitleid haben? Sie töten sich gegenseitig auf grausamste Weise. Was bedeutet ihnen denn Leben? Gar nichts.« Die tapferen Söldner hingegen gaben sich mit so etwas wie Mitgefühl gar nicht ab. Lieber rühmten sie sich der Tötung auch unschuldiger Menschen, die dem Leben ohnehin keinen Wert beimaßen.
Die siebzehnte E-Mail
Und wieder spiele ich abwarten. Aber das ist immer noch besser, als mir einzureden, ich hätte alles in meiner Macht Stehende getan und alle auch gefahrvollen Mittel ausgeschöpft, um kein schlechtes Gewissen haben zu müssen.
Ich fühle mich verantwortlich für das, was Samer getan hat und noch tun wird, und werde mich nicht davor drücken, mein Versäumnis wiedergutzumachen.
Sie haben ihn mir weggenommen, und ich will ihn von ihnen zurückholen.
Ich werde meine Vaterschaft nicht verleugnen und Samers Eigensinn nicht damit beantworten, dass ich mich von ihm abwende.
Sana würde nun hoffentlich begriffen haben, dass ich unsere bedrohte Beziehung nicht retten würde. Ich hatte mir vorgenommen, ihre Fragen nicht mehr zu beantworten und ihre Bitten nicht zu beachten. So oder so, es würde bald ein neues Kapitel beginnen, und die kommenden Tage würden entscheiden, ob es gut oder schlecht für mich ausging. Im Moment bedeutete mir nur Samer etwas, das ungeborene Kind brauchte seinen Vater viel weniger als seine Mutter, und wenn ich nicht mehr auftauchen sollte, würde Sana vielleicht einen Mann finden, der an meine Stelle trat.
Ich wünschte mir, die Zeit zurückdrehen zu können. Ich hätte Sana und mir einen mühevollen Weg und ein bitteres und peinliches Ende ersparen können. Aber wer wäre denn damals, als wir begannen, uns näherzukommen, auf den Gedanken verfallen, dass wir bald hilflos auf unser Schicksal blicken würden? Dabei hatte ich sogar schon einmal entschieden, meine Beziehung zu Sana zu beenden. In dem kleinen Café hinter dem Abu-Rummane-Park in Damaskus war ich kurz davor gewesen, ihr zu eröffnen, dass ich keinen Sinn in einer Liebesbeziehung zu ihr sah, die zur Unzeit kam. Ich wollte mich damit rechtfertigen, dass der Zug der Ehe für mich abgefahren war, dass ich weder aus Liebe noch aus anderen Gründen ein zweites Mal heiraten wollte, dass ich aufs Ende zuging und nicht kurz vor Torschluss noch einmal einExperiment wagen wollte, welches für uns beide mühselig zu werden drohte. Mit einer Freundschaft wäre uns
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