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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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sich selbst kreist,
wurde als zumindest »irrig im Glauben« verurteilt.
    Nicht Galileo, sondern seine
kopernikanischen Ansichten wurden getadelt. Dennoch wies der Papst Bellarmine
an, Galileo zur Aufgabe seiner Meinung zu bewegen. Andernfalls mußte er sich
verpflichten, seine Ansichten nicht zu lehren oder zu verteidigen, sie nicht
einmal zu diskutieren. Bei Zuwiderhandlung würde er ins Gefängnis kommen.
    Obwohl Galileo von seiner
Orthodoxie überzeugt war, gab er die Garantien. Er bat Bellarmine nur, ihm
einen Brief zu schreiben, was dieser am 26. Mai 1616 tat. Der Kardinal bezeugte
die Tatsache, daß er nicht zum Widerruf gezwungen oder bestraft worden war.
Auch war er nicht gezwungen, seine Forschungen einzustellen, nicht einmal in
der Astronomie. Er war nur gehalten, das System des Kopernikus nicht zu lehren
oder zu vertreten, als ob es wahr sei. Kopernikus wurde auf den Index gesetzt,
wo er bis 1822 blieb.
    Galileo war nicht gesund und
froh, daß die Prüfung vorbei war. Was ihn bestürzte, war, daß »von Gott frei
geschaffene Geister gezwungen sind, sich sklavisch einem Willen von außen zu
unterwerfen«. Er war der Experte für Astronomie, und er wurde von völlig
Inkompetenten beurteilt. Der Papst hatte persönlich Bellarmines Auffassung
bekräftigt, es sei gegen die unfehlbare Lehre der Kirche zu sagen, daß die Erde
sich dreht. Wenn die Erde sich bewegt, wäre der Himmel nicht »dort oben« und
die Hölle nicht »dort unten«. Die gesamte Lehre über die Letzten Dinge müßte
revidiert werden. Wie ein Papstberater seufzend sagte: Nun sind wir »wieder in
Sicherheit auf der festen Erde, und wir müssen nicht mit ihr fliegen wie
Ameisen, die auf einem Ballon herumkriechen«.
     
    Ein paar ruhige Jahre
vergingen, und Galileo schrieb Il Saggiatore (Der Experimentator). Es
war 1623. Im selben Jahr wurde sein »Freund«, der fünfundfünfzigjährige
Kardinal Barberini, Papst Urban VIII. In den elf Tagen des Wahlvorgangs gab es
eine Hitzewelle; das Konklave wurde von der Malaria heimgesucht. Acht Kardinäle
und vierzig Helfer starben. Urban selbst hatte Malaria, aber er überlebte. Ihm
widmete Galileo sein neues Buch.
    Der Papst wußte das Kompliment
zu schätzen. Als der sechzigjährige Galileo im folgenden Jahr nach Rom kam,
schenkte er Seiner Heiligkeit ein Mikroskop. Urban sah hindurch und schüttelte
den Kopf vor Staunen. In seiner Dankbarkeit schenkte er dem großen
Wissenschaftler mehrere Agnus Dei gegen das Handeln Gottes und, was wertvoller
war, einen Rat gegen das Handeln der Menschen. Was er sagte, war folgendes: »Du
magst unwiderlegbare Beweise für die Bewegung der Erde haben. Das beweist
nicht, daß die Erde sich wirklich bewegt.« Galileos Augen wurden rund. »Gott
ist über dem menschlichen Verstand; und was Menschen vollkommen vernünftig
erscheint, kann sich für Gott als Dummheit erweisen.« Weiter sagte Urban, er
als Papst sei für die Rettung der Seelen verantwortlich. Manchmal bringe wissenschaftliche
Diskussion Seelen in Gefahr. Das kopernikanische System könnte, wenn man es
nicht als rein mathematisches Konstrukt verstehe, Zweifel an der Schrift auf
kommen lassen. Wenn das geschähe, müsse er Schritte unternehmen, um es zu
vernichten.
    Die Ansichten des Papstes über
Gott und die Beziehung zwischen Wissenschaft und Religion waren so absurd, daß
Galileo den ausgezeichneten Rat von ganz oben nicht annahm. Tatsächlich war es
ein Entgegenkommen von Urban, sich die Zeit dafür zu nehmen, obwohl er große
Bauprojekte hatte: die Barberini-Paläste, für die er das Kolosseum plünderte,
die Bernini-Kolonnaden um den Petersplatz, den baldacchino unter
Michelangelos Kuppel, für den er die Bronze vom Pantheon stahl. Die Römer
sagten bitter: »Was die Barbaren nicht getan haben, das taten die Barberini.«
    Leicht verwirrt kehrte Galileo
nach Florenz zurück, wo er sich alsbald an Das System der Welt machte.
Da er es in der Form eines platonischen Dialogs anlegte, dachte er wohl, er
könne seine eigenen Überzeugungen verbergen und gleichzeitig der Opposition
eins auswischen. Als es 1630 fertig war, mußte er nur noch eine Lizenz zur
Veröffentlichung haben, und vorsichtshalber ein päpstliches Imprimatur.
    Wohlgemut ging er wieder nach
Rom, wo ihn Urban wieder herzlich empfing. Der Papst betonte noch einmal, er
müsse die hypothetische Natur seiner Ansichten jedermann deutlich machen. Was
das Buch betraf, so sollte Galileo es vielleicht Dialog der beiden
Hauptsysteme nennen. Ja, ja,

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