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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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sein Instrument »Teleskop«
nannte.
    Er reiste in der naiven
Überzeugung, in der Ewigen Stadt dauerhafte und einflußreiche Freunde gewonnen
zu haben, nach Florenz zurück. Vielleicht wurde er deshalb deutlicher. Er griff
die Aristoteliker erbarmungslos an, und er schrieb auf italienisch, um über die
Köpfe der trockenen Akademiker hinweg das allgemeine Publikum anzusprechen.
    Trotz seiner besten Absichten
erregte er Fragen nach der Beziehung zwischen Wissenschaft und Offenbarung, dem
kopernikanischen System und der Bibel. Waren sie miteinander vereinbar? Zu
seiner Verteidigung zitierte er Kardinal Baronius’ Bonmot: »Das Ziel des
Heiligen Geistes ist, uns den Weg zum Himmel zu zeigen, nicht die Wege des
Himmels.« Die Bibel war kein wissenschaftlicher Text, und es war nicht nötig,
ihre »wissenschaftlichen Aussagen« wörtlich zu nehmen. Es gibt viele
literarische Formen in der Schrift. Am wichtigsten ist: Wenn eine wissenschaftliche
Theorie schlechte Wissenschaft ist, wird gute Wissenschaft sie korrigieren. Das
ist keine Herausforderung des Glaubens. Im Gegenteil — Natur und Bibel sind
zwei göttliche Texte, die einander nicht widersprechen können.
    Seine Argumente sollten ein
paar Jahrhunderte später die Kirchenmänner überzeugen — die Kleriker seiner
Zeit ließen sie kalt. Galileo schien dem klaren Sinn der Schrift zu
widersprechen. Er hatte sich in ihr Gebiet vorgewagt, indem er das
kopernikanische System als nicht nur mathematische Theorie vertrat. Eine Frage
für die Inquisition vielleicht? Der Bischof von Fiesole rief aus, Kopernikus
sei sofort einzukerkern. Seine Exzellenz war tief enttäuscht, als er hörte, der
ketzerische Mönch sei bereits seit siebzig Jahren tot. Auf ominöse Weise fand
eines von Galileos Büchern schließlich seinen Weg in die gefürchtete Casa Santa
des Heiligen Offiziums.
    Man hatte ihn gewarnt, daß
Bellarmine nie geschwankt hatte in seiner Auffassung, das kopernikanische
System widerspreche, als wissenschaftliche Tatsache verstanden, der Schrift.
Dennoch ging Galileo nach Rom und argumentierte jeden in Grund und Boden, der
an Kopernikus zweifelte. Doch selbst er, so naiv in weltlichen Dingen wie er
war, begann langsam Lunte zu riechen.
    Ein Priester, der mit ihm
sympathisierte, schickte ihm eine Abschrift eines Briefes, den er von
Bellarmine erhalten hatte. Dem Kardinal zufolge waren sich Kirchenväter und
moderne Schriftfachleute, wenn sie die relevanten Bibelpassagen analysierten,
     
    alle
darin einig, sie wörtlich zu deuten; sie lehrt, daß die Sonne am Himmel ist und
sich mit ungeheurer Geschwindigkeit um die Erde dreht, und daß die Erde sehr
weit vom Himmel entfernt ist, im Zentrum des Weltalls und unbeweglich. Bedenke
dann in deiner Klugheit, ob die Kirche dulden kann, daß die Schrift auf eine
Weise gedeutet wird, die den Heiligen Vätern und allen modernen Kommentatoren,
lateinischen wie griechischen, widerspricht.... Die Schrift sagt: »Die Sonne
geht auf und die Sonne geht unter.«
     
    Galileo las es hundertmal. Er
konnte es immer noch nicht glauben. Der alte Bellarmine war ein guter und
weiser Mann. Wie konnte er das Alte Testament so kindlich verstehen? Seine
Eminenz schrieb weiter, jedermann könne, indem er einfach seine Sinne befragte,
sicher wissen, daß die Erde unbeweglich sei. Erwartete er, daß ihm schwindlig
wurde, wenn die Erde um die Sonne kreiste? Wäre er auf dem Mond, würde er
erwarten, seine Bewegung zu fühlen? So groß Bellarmine als Theologe sein mochte
— in der Astronomie war er so ahnungslos wie die Leute, die ernsthaft sagten,
wenn die Erde um die Sonne kreiste, müßten alle Türme Italiens einstürzen.
»Ihre Sinne sagten ihnen«, daß alles im Weltall sich bewegte, außer der Erde!
    Galileo machte sich langsam
wirkliche Sorgen. Seine Eminenz verbot ihm, sich in die Schrift einzumischen,
predigte aber gleichzeitig ohne jede Schulung über die Wissenschaft. Er wußte
jetzt, daß Bellarmine ihn ohne Skrupel zum Schweigen bringen würde, indem er
ihn vor die Inquisition zitierte.
    Genau das geschah. Papst Paul
V., fromm, fett und kurzsichtig, mit Bärtchen und spitzem Schnurrbart, bei
allen als Philister bekannt, übergab seinen Fall der Indexkongregation. Im März
1616 gab es einen Beschluß.
    Die Auffassung, daß die Sonne
das unbewegliche Zentrum des Weltalls ist, wurde als »dumm und absurd,
philosophisch falsch und formal häretisch« befunden. Die Meinung, daß die Erde
nicht der Mittelpunkt ist, sondern um die Sonne und um

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