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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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versprach der Papst, er würde selbst ein
Vorwort schreiben, in dem er betonte, daß es sich um einen Versuch handelte.
    Als die Zensoren ihr Exemplar
bekamen, waren sie über seinen Inhalt beunruhigt. Aber Seine Heiligkeit hatte
das Buch gebilligt, nicht wahr? Und wollte er nicht ein Vorwort schreiben?
    Es gab unvermeidliche
Verzögerungen in der Publikation, und Galileo ließ es im Februar 1632 in
Florenz drucken. Es sorgte für eine Sensation. Die Argumente für die Bewegung
der Erde waren meisterhaft vorgetragen. Der aristotelische Standpunkt im Dialog
wurde dem Schwachkopf Simplicius in den Mund gelegt, und dessen Ansichten
entsprachen genau denen, die der Papst vor einigen Jahren im Gespräch mit dem
Autor ausgedrückt hatte.
    Als Urban von dieser
anscheinend beabsichtigten Beleidigung Wind bekam, war er wütend. Er wies das
Heilige Offizium an, den Fall zu übernehmen und den Autor sofort nach Rom zu
zitieren. Als der fast siebzigjährige Galileo wahrheitsgemäß zurückschrieb, er
sei nicht gesund, befahl ihm Urban zu kommen, freiwillig oder in Ketten.
    Als er nach
dreiundzwanzigtägiger Reise in Rom ankam, mußte er zwei Monate auf den Beginn
seiner Prüfung warten. Die Zeit verging langsam. Zwei Nächte hintereinander
hörte man ihn vor Ischiasschmerzen schreien.
    Seine Kindlichkeit verließ ihn
nie. Er erwartete tatsächlich, er dürfte sich verteidigen, sogar vernünftig mit
den Inquisitoren diskutieren, als hätten diese Herren Kleriker ein Interesse an
der Wahrheitsfindung. In Wirklichkeit ähnelten sie seinen Professorenkollegen,
mit denen er in den Salons reicher römischer Damen diskutiert hatte, durchaus
nicht. Allerdings hatte er eine Art Versicherungspolice in der Tasche. Seit
Jahren hielt er Bellarmines Brief unter Verschluß, für gerade diese Art
Notlage.
    Als das Verfahren im April 1633
begann, wurde er von der toskanischen Botschaft in die Casa des Heiligen
Offiziums gebracht. Die Anhörung fand im oberen Zimmer eines
Dominikanerklosters statt. Man sagte ihm sofort, die Inquisition sei nicht da,
ihm zuzuhören, sondern ihn zu verurteilen. Beweise durfte er nicht sehen,
Zeugen nicht hören.
    Sein Hauptvergehen war die
Verletzung der Auflagen von 1616, nach denen er über das kopernikanische System
nicht sprechen und nicht schreiben durfte. Er bat Ihre Eminenzen um Vergebung,
doch er habe einen Brief von dem verstorbenen Kardinal Bellarmine, der beweise,
daß ihm nur verboten worden war, Kopernikus’ Ansichten als wahrheitsgemäßes
Weltbild zu vertreten. Das hatte er nie getan. Er hatte es nur besprochen, und
wie sein jüngstes Buch zeigte, auf hypothetische Weise. Er wies darauf hin, daß
der Dialog ohne Schlußfolgerungen endete.
    Die Inquisitoren setzten seinem
Brief ein inoffizielles Protokoll von 1616 ohne Unterschrift entgegen, das sie
in ihren Akten gefunden hatten und in dem ihm verboten wurde, Kopernikus’
Theorien auch nur zu besprechen. Dies Dokument wurde Galileo nie gezeigt.
Außerdem, argumentierten Ihre Eminenzen, konnte trotz der Dialogform seines
jüngsten Buches kein Leser Zweifel über seinen eigenen Standpunkt haben, und
dieser stehe im Widerspruch zum Glauben der Kirche. Er sei des Ungehorsams und
der Ketzerei schuldig. Milde konnte er nur erwarten, wenn er sich bedingungslos
unterwarf und seine Dankbarkeit für die ihm erwiesene Güte der Inquisition
erklärte.
    Nach vier Sitzungen erging Ende
Juni 1633 das Urteil. Der Papst war eingeschritten und hatte angeordnet, seinen
alten Freund zu foltern, wenn er sich nicht fügte.
     
    Der
genannte Galileo [ist]... in der Einschätzung des Heiligen Offiziums dringend
der Häresie verdächtig, nämlich die Lehre geglaubt und vertreten zu haben, die
falsch und im Widerspruch zur Heiligen und Göttlichen Schrift ist, daß die
Sonne der Mittelpunkt der Welt ist und sich nicht von Osten nach Westen bewegt,
und daß die Erde sich bewegt und nicht der Mittelpunkt der Welt ist....
     
    Galileo hatte sich entschlossen
nachzugeben, doch um seiner Ehre willen bat er, zwei der Anklagepunkte
zurückzuziehen. Er wollte festgehalten haben, daß er den katholischen Glauben
nicht geleugnet und nicht wissentlich einer früheren Entscheidung des Heiligen
Offiziums widersprochen habe. Die Richter akzeptierten diese nebensächlichen
Änderungen. Galileo hatte zugegeben, daß er in der Astronomie unrecht und sie
recht hatten.
    So kniete Galileo Galilei an
jenem Mittwoch Ende Juni auf dem kühlen Steinboden des Dominikanerklosters
Santa Maria sopra

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