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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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der
Kirche um Jahrhunderte voraus in dem Bereich, der vor allem der der Kirche
hätte sein sollen: der Schrift. Statt dessen ernährte die Kirche ihre Kinder,
um mit Voltaire zu sprechen, »mit einer Diät von Eicheln«.
    In der Zeit Pius’ X. waren
katholische Wissenschaftler einer schrecklichen Verfolgung ausgesetzt. Der
unmittelbare Grund dafür war Pius’ Verständnis dessen, was er »Modernismus«
nannte.
     
     
    Der Sturm auf den Modernismus
     
    So, wie Pius IX. seine Liste
der Irrtümer gegen alle liberalen Tendenzen
veröffentlichte, schrieb Pius X. im Juli 1907 Lamentabili, eine Attacke
gegen »Neuerungen«. Besonders hart ging er mit den neuesten Deutungen von Dogma
und Bibel ins Gericht. Unter den Aussagen, die er willkürlich aus den Schriften
von Theologen und Exegeten herausgriff, um sie zu verdammen, waren diese:
     
    2. Die kirchliche Deutung der
Heiligen Bücher darf unter keinen Umständen abgelehnt werden; dennoch ist sie
dem zutreffenderen Urteil und der Berichtigung durch Exegeten unterworfen.
     
    5. Da der Schatz des Glaubens
nur offenbarte Wahrheiten enthält, hat die Kirche kein Recht, die Aussagen der
Wissenschaften zu beurteilen.
     
    12. Wenn der Exeget sich auf
sinnvolle Weise biblischen Studien widmen will, muß er zuerst alle vorgefaßten
Meinungen über den übernatürlichen Ursprung der Heiligen Schrift hintanstellen
und sie deuten wie jedes andere rein menschliche Dokument.
     
    16. Die Erzählungen des
Johannes sind nicht eigentlich Geschichte, sondern eine mystische Betrachtung
der Frohbotschaft. Die im Evangelium enthaltenen Reden sind theologische
Meditationen, denen historische Wahrheit über das Geheimnis der Erlösung fehlt.
     
    13. Heterodoxe Exegeten haben
den wahren Sinn der Schrift getreuer ausgedrückt als katholische Exegeten.
     
    22. Die Dogmen, die die Kirche
als offenbart vertritt, sind keine vom Himmel gefallenen Wahrheiten. Sie sind
Deutungen religiöser Tatsachen, die der menschliche Geist sich mit mühevollem
Streben erarbeitet hat.
     
    33. Jeder, der nicht von
vorgefaßten Meinungen geleitet ist, kann leicht sehen, daß entweder Jesus etwas
Falsches über das unmittelbar bevorstehende Kommen des Messias gesagt hat, oder
daß der größte Teil seiner Lehre, wie sie in den Evangelien enthalten ist, der
Autorität entbehrt.
     
    53. Die organische Verfassung
der Kirche ist nicht unwandelbar. Wie die menschliche Gesellschaft ist die
christliche Gesellschaft der ständigen Entwicklung unterworfen.
     
    Mit ein paar Einschränkungen
würden diese Aussagen heute das ausdrücken, was die meisten Wissenschaftler
glauben.
    Lamentabili war ein trauriger Versuch,
allen Fortschritt auszumerzen, als wäre er eine Ketzerei. Oft macht Pius X. den
Eindruck, daß er seine eigene Fantasie verdammt. Vieles von dem, was er
verurteilt, ist entstellt, und es ist zweifelhaft, ob irgend jemand es je
vertreten hat. Er neigte dazu, alles, was ihm nicht paßte, auf einen Haufen zu
werfen und »Modernismus« zu nennen, »eine Ansammlung von Häresien«, und er
warnte die Katholiken davor, etwas damit zu tun zu haben. Er, der
Stellvertreter Christi, würde sie durch die Sumpfgebiete der modernen Welt in
Sicherheit führen. Er hatte natürlich recht damit, sich Sorgen zu machen. Die
Kirche, um Jahrhunderte im Rückstand, wurde nun von Geschichte,
Naturwissenschaft, Paläontologie, Exegese darin entlarvt. Die Kirche mußte
wählen, entweder sehr rasch zu lernen oder den Kopf in den Sand zu stecken. Die
Enzyklika Pascendi, die bald auf Lamentabili folgte, zeigte, daß
Pius es vorzog, den Kopf in den Sand zu stecken.
    Leider ist sie voll von der
schwarzen Rhetorik päpstlicher Verlautbarungen in jener Zeit. Es gibt Feinde
des Kreuzes Christi, Protestanten im Schöße der Kirche selbst, deren Ziel es
ist, die Kirche Christi zu zerstören und sein Werk zunichte zu machen. Diese
Kryptoprotestanten wollen Christus auf den Status eines gewöhnlichen Menschen
reduzieren. Diese »Modernisten«, sagt er, glauben nicht an die Offenbarung,
nicht an Gott, auch nicht an die Kirche als eine göttliche Institution. Sie
sind eine durchorganisierte Einheit; sie verstecken sich in jedem Bereich,
Philosophie, Theologie, Bibelwissenschaft, Politik.
    Nichts von alledem war auch nur
ansatzweise plausibel. Es ist schwer zu glauben, daß Katholiken mit
ausdrücklich protestantischen Überzeugungen sich im Schöße der Kirche
verbargen, mit dem einen Ziel, sie durch die Verbreitung ihres Unglaubens

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