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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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fünfzig Jahre nach seinem Tod
noch spürbar waren. Lagrange in der Bibel Wissenschaft und Duchesne in der
Geschichte waren gezwungen, die päpstliche Linie zu vertreten oder sich auf dem
Abfallhaufen zu finden. Duchesne mußte seinen Lehrstuhl am Institut Catholique
in Paris aufgeben; sein bahnbrechendes Buch über die Ursprünge des Christentums
wurde auf den Index gesetzt.
    Alle Bücher und Zeitschriften
wurden vor ihrer Veröffentlichung scharf zensiert. Priester brauchten die
Genehmigung, an oder für Zeitungen zu schreiben. In jeder Diözese wurde ein
Überwachungsrat eingerichtet. Es gab sogar einen Geheimbund, unterstützt vom
Papst, um den Machenschaften eines angeblichen Geheimbundes der Feinde Christi entgegenzuwirken.
Lehrer in Seminaren und Universitäten wurden durchleuchtet und, wenn sie für
zuwenig »loyal« befunden waren, ersetzt. Zum Glück für die Zukunft der
katholischen Kirche war ein Priester, der in Verdacht geriet, ein junger
Italiener; er wurde Rom zur Überprüfung als möglicher »Modernist« gemeldet.
Sein Name war Angelo Roncalli, der künftige Johannes XXIII.
    Pius X. entwarf einen
Antimodernismus-Eid, den alle Kleriker und Lehrer leisten mußten. Nicht einmal
die Inquisition in ihrer Blütezeit war effizienter in der Ausmerzung jedes
Zeichens von Abweichung. Für viele örtliche Katholiken gilt noch heute, daß
Pius X. die Kirche gerettet hat. Für andere rettete dieser heilige und
tragischste aller Päpste sie nur vor dem Einfluß des beschleunigten Fortschritts
der Menschheit.
    Es heißt, der Modernismus sei
1910 tot gewesen. Zutreffender ist es zu sagen, daß er so, wie Pius X. ihn
verstand, nie gelebt hat. Dennoch waren unter den verbotenen Aussagen Elemente,
die der römischen Kirche für Generationen in der Zukunft zu schaffen machen
sollten.
    Die Probleme, die sich der
Kirche in jedem Bereich stellten, konnten nicht für immer auf die lange Bank
geschoben werden. Der Katholizismus hinkte der Welt hinterher. Die Gefahr
bestand, daß die Kirche sich intellektuell lächerlich machte, wenn dies allzu
lange weiterging.
     
    Die nächsten beiden Päpste,
Benedikt XV. und Pius XI., waren intellektuelle Leichtgewichte. Sie taten
wenig, um der Kirche zu helfen, sich der modernen Welt zu stellen.
    Pius XI. war ein Papst ganz in
der Tradition Pius’ IX. Zur Ökumene hatte er zu sagen:
     
    Dieser
Apostolische Stuhl hat seinen Untertanen nie erlaubt, an den Versammlungen von
Nichtkatholiken teilzunehmen. Es gibt nur einen Weg, auf dem die Einheit der
Christen gefördert werden kann, und das ist durch die Förderung der Rückkehr
der Getrennten zur einen, wahren Kirche.
     
    Pius XII. war im Vergleich zu
Pius XI. ein intellektueller Riese. Es ist gesagt worden, daß wenige der
Fortschritte, die bei Vaticanum II gemacht wurden, nicht auf irgendeine Weise
in seiner Arbeit vorauszuahnen waren. Doch wenige Oberhirten in diesem
Jahrhundert haben besser als er den Absolutismus des Papsttums verkörpert. Der
Eindruck, den er vermittelte, war, daß er und nur er die Lösung zu jedem
Problem hatte. Als Kirche blieb der Katholizismus immer mehr hinter den
Entdeckungen der Wissenschaft und dem Streben des modernen Menschen zurück.
    Als Pius XII. 1958 starb,
betrauerte die katholische Welt den Heimgang eines sehr großen Mannes, dessen
Platz, wie es schien, niemand am Horizont ausfüllen konnte.
    In jenem düsteren Augenblick
geschah ein Wunder.

TEIL III
    ------------

LIEBE
     
     
     
    »Der Teufel hat der Kirche nie
so geschadet, wie als die Kirche selbst das Gelübde des
Zölibats einführte.«
    Peter
Comestor im
zwölftenJahrhundert

15. Kapitel

Der Papst, der die Welt liebte
     
     
     
     
     
     
     
    Es sah nicht wie ein Wunder
aus, als Angelo Roncalli 1958 auf die Loggia des
Petersdoms hinausschlurfte, um seinen Segen urbi et orbi, der Stadt und
der Welt zu erteilen. Er wirkte weniger wie der höchste Oberhirte als wie eine
freundliche italienische Großmutter.
    Pius XII. hatte die Katholiken
an eine majestätische Erscheinung und Zeichen eines messerscharfen Geistes
gewöhnt. Roncalli, so schien es, war ein Lückenbüßerpapst, ein alter Mann, der
ein paar Jahre halten würde, bis die Kardinale beim nächstenmal beschließen
konnten, wer den Unersetzbaren ersetzen sollte. Wahrscheinlich würde es Montini
von Mailand sein, Pius’ einstiger Vertrauter. Wenn Montini nur 1958, als das
Konklave begann, Kardinal gewesen wäre, wäre er vielleicht gleich gewählt
worden. Und der Name dieses

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