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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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netten alten Burschen? Johannes XXIII. Es hatte
seit über fünfhundert Jahren keinen Papst Johannes mehr gegeben. Davor war es
mit Abstand der beliebteste Papstname gewesen. Schließlich war es der Name des
Täufers und des Lieblingsjüngers. Die Gelehrteren in der Menge auf dem
Petersplatz wußten, daß es einen Papst Johannes XXIII. schon gab. Tatsächlich
war er verantwortlich dafür, daß der Name nun mit einem Makel behaftet war. Er
war 1415 durch das Konzil von Konstanz abgesetzt worden. Er lag in einem von
Donatello entworfenen Grab im achteckigen Baptisterium des Doms von Florenz.
Sein steinernes Abbild trägt die Inschrift: »Hier liegt der Leib von Baidassare
Cossa, der Papst war.« Im Streß der Wahl hatte es kein Papst seit Cossa gewagt,
den Namen Johannes anzunehmen. Warum ein Pontifikat mit dem Ausbruch einer
Kontroverse beginnen? Roncalli erklärte dann, seines Wissens hätten Päpste
namens Johannes nicht lange gelebt, und er war Ende Siebzig. Die Situation war
noch merkwürdiger, als wohl selbst Roncalli wußte. Abgesehen von Cossa
(»Johannes XXIII.») war Johannes XVI. (997—98) ein Gegenpapst gewesen. Außerdem
gibt es auf der Liste keinen Johannes XX. Der Papst, der 1276 diesen Namen
hätte annehmen können, nannte sich Johannes XXI., denn er war überzeugt, daß es
im neunten Jahrhundert einen Papst extra gegeben hatte. Dieses »Extra« war
Papst Johannes — alias Päpstin Johanna! Obwohl Roncalli viele verwirrte, weil
er sich nicht Johannes XXIV. nannte, war er in Wahrheit erst Johannes XXI.
     
    Angelo Roncalli wurde am 25.
November 1881 im Dorf Sotto il Monte bei Bergamo in Norditalien geboren. Sein
Vater Giovanni Battista war ein armer Bauer. Angelo war das dritte von dreizehn
Kindern, der älteste Junge. Sein Geburtshaus hatte drei Zimmer, wenn man die
Küche mitzählt, doch bald nach Angeles Geburt zog die Familie in ein etwas
geräumigeres Haus.
    Angelo wurde am Tag seiner
Geburt getauft. Sein eifriger Onkel wickelte ihn gegen die schneidende Kälte
und den peitschenden Regen ein und trug ihn zu der kleinen Kirche Santa Maria
in Bruscio. Das war am frühen Nachmittag. Der Gemeindepfarrer war zu Besuchen
unterwegs, und sie mußten alle später am Abend noch einmal kommen. Inzwischen
hatte Giovanni Battista seinen Neugeborenen schon registrieren lassen. Die
Verzögerung bedeutete, daß seine kräftige Frau Marianna auch dabeisein konnte.
    Angelos Erinnerungen an seine
frühen Tage blieben lebendig bis zum Ende. Das Haus war immer überfüllt mit
seinen Geschwistern, vielen Cousins und Cousinen. Manchmal lebten sie von der
Hand in den Mund. Er schrieb:
     
    Auf
unserem Tisch war nie Brot, nur Polenta; kein Wein für Kinder und junge Leute,
und selten Fleisch; nur Ostern und Weihnachten bekamen wir ein Stück
selbstgebackenen Kuchen.... Und doch, wenn ein Bettler an unsere Küchentür kam,
wenn die Kinder— es waren zwanzig — ungeduldig auf ihre Minestra warteten, war immer Platz für ihn, und meine Mutter
beeilte sich, diesen Unbekannten neben uns zu setzen.
     
    Der Bettler war natürlich nicht
wirklich ein Unbekannter. In Marianna Roncallis Augen war er Jesus selbst.
Diese Einsicht vermittelte sie all ihren Kindern durch diese schlichte Tat der
Nächstenliebe.
    Mit zehn Jahren beschloß
Angelo, daß er eine Berufung zum Priesteramt hatte. Für die Familie bedeutete
das ein großes Opfer, doch er bekam einen Platz im Knabenseminar von Bergamo.
Inzwischen hatte er von seinem Gemeindepfarrer schon Grundkenntnisse in Latein
erworben. 1900 kam er ans Collegio Cesarola in Rom. Am 10. August 1904 wurde er
ordiniert, und er las seine erste Messe am Beichtaltar des Petersdoms. Als er
seinen Doktortitel in Theologie erworben hatte, wurde er zum Sekretär des
liberalen Bischofs von Bergamo ernannt; diesen Posten hatte er neun Jahre lang
inne. Während dieser Zeit lehrte er Kirchengeschichte am Seminar.
    Im Ersten Weltkrieg war er
Sanitäter. Aus irgendeinem nie erklärten Grund ließ er sich einen buschigen
schwarzen Schnurrbart wachsen. Vielleicht war es eine Art Experiment.
    Als er 1922 in der Bibliothek
von Mailand recherchierte, traf er den Direktor, Monsignore Achille Ratti, den
späteren Pius XI., der eine Zuneigung für diesen eifrigen Priester mit den
wachen Augen faßte. Drei Jahre später, am 19. März 1925, wurde Angelo Roncalli
Bischof. Wieder zelebrierte er die Messe über dem Grab Petri. Nun, mit
vierundvierzig Jahren, kam er in das Diplomatische Corps der Kirche.
    Wer Papst

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