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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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Die meisten Katholiken wünschten,
er würde eine christliche, vollzogene Ehe auflösen und den Kreis schließen,
doch kann er das? Dazu hat die Geschichte etwas zu sagen.
    Kurz im voraus. Einige Päpste
haben mit persönlichem Einsatz, der an Donquichotterie erinnert, Ehen
aufgelöst. Dadurch setzten sie Kräfte in Bewegung, die sich fast
unkontrollierbar beschleunigten. Es hat Augenblicke in der Geschichte gegeben —
unserer ist einer von ihnen —, da erheben Päpste Bestimmungen, die die meisten
Ehen auf der Welt implizit in Frage stellten oder für null und nichtig
erklärten. Die zivilrechtliche Scheidung verursacht in diesem Szenario nicht
Böses, sondern hilft das öffentliche Konkubinat beenden.
    So falsch ist das Bild von der
katholischen Kirche, die ihre Lehre zur Ehe nie ändert, daß ein Christ des
dritten Jahrhunderts über die mittelalterliche Lehre gestaunt hätte; ein
mittelalterlicher hätte über die moderne Lehre noch mehr gestaunt. Zweifellos
würde ein Christ von heute staunen, wenn er wüßte, was die Kirche im nächsten
oder übernächsten Jahrhundert lehren wird. Im Licht der Geschichte ist das
einzig Unwahrscheinliche, daß die heutige Lehre das letzte Wort ist. Was Päpste
auch denken oder zu denken vorgeben: Die katholische Tradition ist keine bloße
Wiederholung der Vergangenheit, auch nicht immer eine Entwicklung aus der
Vergangenheit. Oft ist sie eine radikale Abkehr von allem, was vorausging.
     
     
    Was Jesus zur Ehe lehrt
     
    Die Lehre Jesu, wie das
Evangelium nach Matthäus sie wiedergibt, scheint klar.
     
    Es
ist auch gesagt [in der jüdischen Bibel]: »Wer sich von seiner Frau scheidet,
der soll ihr einen Scheidebrief geben.«
    Ich
aber sage euch: »Wer sich von seiner Frau scheidet, es sei denn wegen
Unkeuschheit [griech. porneia], der macht, daß sie die Ehe bricht; und wer eine
Geschiedene heiratet, der bricht die Ehe« (Mt. 5, 31—32, rev. Lutherbibel —
dort statt » Unkeuschheit « »Ehebruch«, d. Ü.).
     
    Später im Matthäusevangelium
fragten die Pharisäer Jesus: Warum hat Mose dann die Scheidung erlaubt?
     
    Er
sprach zu ihnen: Mose hat euch erlaubt, euch zu scheiden von euren Frauen,
eures Herzens Härte wegen; von Anfang an aber ist’s nicht so gewesen.
    Ich
aber sage euch: »Wer sich von seiner Frau scheidet, es sei denn wegen Unkeuschheit,
und heiratet eine andere, der bricht die Ehe« (Mt. 19, 8-9).
     
    Die unterschiedlichen
Auslegungen dieser Passagen im Lauf der Jahrhunderte beweisen, daß die Dinge
nicht so einfach sind, wie sie scheinen. Das erste Problem stellt der Ausdruck
»es sei denn wegen Unkeuschheit«. Was war mit »Unkeuschheit« gemeint? War es im
rituellen Sinn gebraucht, daß jemand eine Regel gebrochen hatte und nicht
wirklich verheiratet war? Bedeutete es einfach Untreue? Was es auch bedeutete,
ist es nicht offensichtlich, daß Jesus selbst Ausnahmen von der Regel vorsah?
Viele westliche und die meisten östlichen Kirchenväter, besonders der hl.
Basilius, hielten es für selbstverständlich, daß Scheidung wegen Ehebruch
erlaubt war. Diese von allen frühen Synoden Galliens, Spaniens und des
Königreichs Franken akzeptierte Tradition ist in der Ostkirche in Kraft
geblieben. Zu sagen, die Kirche habe immer gelehrt, keine christliche Ehe sei
auflösbar, gleichgültig aus welchem Grund, ist deshalb historisch falsch. Es
sei denn, die Ostkirche war selbst vor dem Schisma, ihrem formalen Bruch mit
Rom 1054, nicht wahrhaft katholisch.
    Seit der Reformation im
sechzehnten Jahrhundert ist nur die katholische Kirche dabei geblieben, daß
Scheidung für alle Christen verboten ist, die ihre Ehe vollzogen haben. Dieses
harte Wort bleibt in Kraft, selbst wenn ein unschuldiger Partner verlassen
worden ist. Andere Kirchen haben es wenigstens für möglich befunden,
unschuldigen verlassenen Ehepartnern nach der Scheidung die Wiederheirat zu
erlauben.
    Entgegen dem allgemeinen
Glauben hat die Kirche nie definiert, daß christliche, vollzogene Ehen nicht
gelöst werden können. Das Konzil von Trient hat das 1563 fast getan, da
erinnerten die Botschafter der Republik Venedig die Konzilsväter höflich daran,
daß die Ostkirche Scheidung zuließ. Dieser Brauch, fügten sie hinzu, war nie
von einem Papst oder ökumenischen Konzil verurteilt worden. So gewarnt,
überschritten die Bischöfe die Schwelle nicht. Sie änderten den Text. Statt die
östliche Praxis uneingeschränkt zu verdammen, begnügten sie sich mit der
Aussage: »Wenn jemand sagt, die

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