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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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hatte gewonnen. Um so seltsamer war es, daß die
Kirche, nicht der Staat, damit begann, die Institution Ehe zu untergraben.
     
    Mischehen sind ein Bereich, in
dem sich im Lauf der Zeit phänomenale Änderungen ereignet haben. Es geht um
Ehen zwischen Christen und Heiden.
    Von Anfang an verbot die Kirche
sie als dem Evangelium zuwiderlaufend. Wie konnte ein Christ sich mit jemandem
verbinden, der, wie er glaubte, durch seinen Unglauben zum Höllenfeuer
verurteilt war? Wie konnte ein Christ dulden, daß seine Kinder unter einem
heidnischen Einfluß aufwuchsen, vielleicht selbst als Heiden, was ihnen ewige
Qualen bestimmte? Vor dem Christentum wurden Religionsunterschiede nicht allzu
ernst genommen. Nur das Christentum war so exklusiv, daß es alle Ungläubigen
als Brennstoff betrachtete. Übrigens brachte das Christentum auch eine nie
zuvor gekannte Angst vor dem Tod mit sich.
    Die Kirchenväter nannten die
Ehe zwischen Christen und Heiden geradeheraus »Ehebruch« oder »Unzucht«. Sie
mache die Glieder Christi selbst zu Huren, indem sie sie mit den Gliedern
ketzerischer Huren verband. Sobald die Kirche Reichsreligion wurde, wurde die
Ehe zwischen Juden und Christen mit der Todesstrafe bedroht. Konzil auf Konzil
brandmarkte alle Ehen zwischen Christen und »Andersgläubigen« als Verbrechen.
    So verbreitet war diese
Einstellung, daß Gratian im zwölften Jahrhundert alle Ehen zwischen Gläubigen
und Ungläubigen als »wider die Befehle Gottes und der Kirche« beschrieb. Hatte
ein Christ sich auf eine derartige Liäson eingelassen, sollte er sich umgehend
trennen. Sein Glaube war in Gefahr, er verdarb seine Moral und gefährdete die
Erlösung seiner Kinder. Die meisten Theologen sagten wie Petrus Lombardus,
Mischehen seien null und nichtig.
    Diese Tradition ließ keine
Ausnahmen zu. Vom Tridentinum bis zum neunzehnten Jahrhundert sorgte die
Inquisition dafür, daß Katholiken keine Protestanten heirateten. Doch obwohl
Mischehen gegen das göttliche Gesetz waren, entstanden entgegengesetzte Sitten
in Ländern wie England und Deutschland. Da die Katholiken eine Minderheit
waren, hatten sie oft keine andere Wahl, als Protestanten zu heiraten, wenn sie
überhaupt heirateten. Andere Ausnahmen wurden von Rom offiziell erlaubt. Im
Jahr 1604 erlaubte Clemens VIII. einem katholischen Fürsten, »zum Wohl der
Allgemeinheit« eine protestantische Prinzessin zu heiraten. Es war nie klar,
wie etwas dem göttlichen Gesetz Zuwiderlaufendes und in sich Böses für
irgendein Wohl erlaubt sein konnte, sei es das der Allgemeinheit oder eines
anderen. Um die schädlichen Auswirkungen von Mischehen so gering wie möglich zu
halten, bestand Rom auf gewissen Garantien. Der katholische Partner mußte sein
Bestes tun, um den anderen zu bekehren; die Kinder, Jungen wie Mädchen, waren
als Katholiken zu erziehen. Dies mußte schriftlich zugesichert werden.
    Im neunzehnten Jahrhundert
wurde es den Katholiken in England und Deutschland verboten, weiterhin ohne
Erlaubnis Protestanten zu heiraten. Als Ausgleich wurden diese Dispense immer
einfacher erteilt. Was die Kirche ohne Vorbehalt verdammt hatte, wurde zum
Regelfall. Was als gegen das göttliche Gesetz und in sich böse verboten worden
war, wurde nun in das kanonische Recht hineingeschrieben.
    Zwar blieb die Sprache der
Päpste dieselbe, doch die Praxis veränderte sich merklich. Im Jahr 1748 nannte
Benedikt in einem Brief an die polnische Hierarchie die Ehe zwischen Katholiken
und Protestanten eine »gotteslästerliche Verbindung«. Am 25. März 1830
bezeichnete Pius VIII. Mischehen in Litteris alto als »schwere
Verbrechen«. »Die Kirche«, schrieb er, »hat einen Abscheu vor diesen
Verbindungen, die so viele Mißbildungen und geistliche Gefahren mit sich
bringen.« Solche Verbindungen waren »direkte Sünden gegen kanonisches und
göttliches Recht«. Die frühe Kirche sagte dasselbe und verbot sie. Vom
achtzehnten Jahrhundert an dispensierte die Kirche von ihnen. War das wirklich
eine Entwicklung — oder ein grundlegender Meinungsumschwung?
    1858 sagte Pius IX. in seiner
üblichen, bombastischen Art, der Heilige Stuhl erlaube solche »verderblichen
und verabscheuungswürdigen« Ehen nur aus ernsten Gründen. Ohne einen gerechten
und ernsthaften Grund, fügte Propaganda hinzu, wären Dispense ungültig. Doch
als Propaganda 1877 eine Liste von sechzehn »gerechten und ernsthaften« Gründen
für einen Dispens herausgab, entpuppten sich viele von ihnen als trivial. Zum
Beispiel wird ein

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