Gottes erste Diener
damals, daß
nicht einmal ein Keuschheitsgelübde die Ehe ungültig macht. Ein Mensch hat das
natürliche Recht zu heiraten, und nicht einmal die Kirche oder der Papst kann
es ihm nehmen. Johannes Pauls Argument, Priester müßten sich wie Eheleute an
ihre lebenslange Verpflichtung halten, ist nicht stichhaltig. Wer geheiratet
hat, hat sein natürliches Recht wahrgenommen; wer gegen seinen Wunsch zur
Ehelosigkeit gezwungen wurde, ist seines natürlichen Rechtes beraubt. Abgesehen
davon ist Zwangszölibat ein Widerspruch in sich. Es sollte hinzugefügt werden,
daß das Zölibat für Nichtkatholiken nur glaubwürdig sein wird, wenn es völlig
freiwillig ist. Johannes Paul sagt oft, der Priester sei seine Verpflichtung in
völliger Freiheit eingegangen. Wenn dem so ist, warum erlaubt er Priestern dann
nicht, das Amt zu verlassen? Warum zwingt er sie zu bleiben, wenn sie das
Alleinsein nicht mehr ertragen, das, wie Gott sagt, nicht gut für den Menschen
ist?
Nur wenn die Keuschheit des
Klerus ebenso ernst genommen wird wie seine Ehelosigkeit, wird die Kirche der
Gefahr entgehen. Ein unkeuscher Priester braucht einer Frau nie die Ehe zu
versprechen. Seine Ehe wäre in den Augen Gottes oder der Kirche nicht gültig.
Ein Priester darf tausendmal fallen, aber das Kirchenrecht verbietet ihm,
einmal zu heiraten. Es ist eine traurige, aber allgemein bekannte Tatsache, daß
Frauen, die sich in Priester verlieben, in ein Netz von Heuchelei und Leiden
verstrickt werden, weil der Klerus so tun muß, als sei er anders, als er
wirklich ist. Diese unglücklichen Frauen führen ebenfalls ein Doppelleben, oft
viele Jahre lang. Ihre Verabredungen mit ihren priesterlichen Liebhabern sind
geheim. Sie können ihren Familien und Freunden nicht erklären, warum sie keinen
Freund haben, keine Neigung, zu heiraten und eine Familie zu gründen.
Das Zölibat hat weitere
Nachteile. An vielen Orten hat das Bestehen auf Ehelosigkeit des Klerus zu
einem sehr großen Mangel an Priestern geführt, die gebraucht werden, um Messe
zu lesen und die Sakramente zu spenden. Dadurch, daß das Papsttum Ehemänner
nicht zum Priesteramt zuläßt, behauptet es weiterhin, daß diese zölibatäre
Kaste, ohne die der Papst nur der Bischof von Rom wäre, wichtiger ist als die
Grundbedürfnisse der Gemeinden. Es ist besser, daß eine Kirche keinen Priester
hat, als daß sie einen verheirateten Priester hat. Dies verstärkt den Eindruck,
daß es beim Zölibat nicht in erster Linie um Keuschheit geht, nicht einmal um
das Wohl der geistlich Armen: Es geht um Kontrolle. Deshalb würde eine
Lockerung des Zölibatsgesetzes einen massiven Wandel von der Kirche als Macht
zur Kirche als Dienst bedeuten.
In diesem Licht gesehen,
repräsentierten die vielen tausend Priester, die unter Papst Paul um
Dispensierung baten, nicht die Zerstörung, sondern eine gewisse Reinigung der
römischen Kirche. Solche Antragsteller in den Untergrund zu treiben, kann
langfristig sehr wohl verheerende Folgen für die Einsatzbereitschaft und die
Moral des Priesterstandes haben.
Schließlich haben nicht nur
viele Laien, sondern auch viele Priester den Verdacht geschöpft, daß eine
ehelose Hierarchie für viele phallische Fehler verantwortlich ist. Dem
Katholizismus, besonders dem Papsttum, macht offenbar vor allem die Sexualität
zu schaffen. Wie könnte es anders sein? Laien sind die Experten in sexuellen
Dingen, und ihre entspannte Weisheit wird von einer ehelosen Kaste ignoriert.
Ist es ein Wunder, daß päpstliche Verlautbarungen über Empfängnisverhütung,
Scheidung, Abtreibung nicht überzeugen? Kann man erwarten, daß Frauen der
offiziellen Kirche in Belangen gehorchen, die sie im Innersten betreffen, wenn
die Priester ihnen weiterhin sagen, sie hätten in der Gemeinde zu schweigen?
Den Laien innere Zustimmung zu priesterlichen Verlautbarungen über Sexualität
abzuverlangen, ist, als fordere man von praktizierenden Ärzten,
Naturwissenschaftlern, Mathematikern oder selbst Fußballspielern,
Nichtpraktizierenden einfach zu glauben.
Wissen bringt nicht immer
Weisheit — Unwissenheit bringt sie nie.
EPILOG
Das Werk des Advocatus diaboli
ist getan. Er hat sein Bestes gegeben — oder sein Schlimmstes. Die katholische
Kirche und das Papsttum an ihrer Spitze ist in bester römischer Tradition mit
viel Schmutz beworfen worden. Dem Leser ist das Urteil überlassen, wieviel
davon hängenbleibt und wieviel zu Boden fällt. Tatsache ist: Die Kirche von Rom
hat es
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