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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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versucht, im Amt zu bleiben, selbst wenn er eine wesentliche Bedingung
nicht erfüllen kann: keusch zu leben. Selbst die Hierarchie sagt ihm, daß
Keuschheit nicht so wichtig ist wie Ehelosigkeit. So lebt er vielleicht ehelos,
aber polygam weiter. Was fast genauso schlimm ist, ist ein Priester, den seine
eigenen sexuellen Probleme so quälen, daß er wenig Energie übrig hat, um
anderen zu dienen, was der eigentliche Sinn seines Amtes ist.
    Da ein Mann, jeder Mann, ein
natürliches Recht hat zu heiraten, muß es in irgendeiner Weise tragisch enden,
wenn man ihn gegen seinen Willen zur Ehelosigkeit zwingt. Oder sind alle
Priester so gefestigt als Menschen, daß sie auf die Stärke der Liebe einer Frau
verzichten können? Schließlich ist Ehelosigkeit eine Art genetischer
Selbstmord. Der Ehelose kastriert sich im Geist und bringt der Welt so in
seinem Fleisch das Jüngste Gericht. Das Leben, das über Jahrtausende von
Generation zu Generation weitergegeben wurde, gerät in die Sackgasse eines
ehelosen Leibes. Er hat das Geschenk des Lebens empfangen; er gibt es nicht
weiter. Er bläst die Kerze aus. Wenn er dazu gegen seinen Willen gezwungen
wird, ist es wahrscheinlich, daß er zu einer Bedrohung für sich und andere
wird.
    Lea hat in seiner berühmten
Studie darauf verzichtet, Kommentare über den katholischen Klerus seiner Zeit
zu machen. Bemerkungen über ein so heikles Thema sollten allgemein gehalten
sein.
    Die menschliche Natur ändert
sich nicht. Der Vatikan weiß genau, daß es Diözesen, sogar Länder gibt, in
denen die Priester das Konkubinat so allgemein praktizieren wie im Mittelalter
oder in der Renaissance. Die Laien dort haben zweifellos Verständnis, daß ihre
Priester die Liebe einer Frau brauchen. Wie die Laien vergangener Zeiten sind
sie wahrscheinlich erleichtert, daß die Priester ihre eigenen Frauen haben und
sich deshalb weniger wahrscheinlich an den ihren vergreifen.
    Und sonst? Es wäre ungerecht,
den Klerus en masse zu verurteilen. Tatsächlich würden viele kenntnisreiche
Menschen sagen, daß katholische Priester zu den besten Menschen der Welt
gehören. Doch es wäre naiv zu denken, daß die heutigen Priester völlig frei von
den Fehlern sind, die fast jede Generation an den Tag legte, seit das Zölibat
zur Pflicht wurde. Moderne Priester haben es weit schwerer als ihre Vorgänger.
Unsere Zeit ist permissiv, wie wir alle wissen. Die Logistik allein kann
Unkeuschheit soviel leichter für jeden machen, auch für den Klerus. Es gibt
verläßliche, billige und leichte Methoden der Empfängnisverhütung. Das Telefon
macht es einfach, eine Verabredung zu treffen, und das Auto, sie einzuhalten.
Ein Priester kann heute ohne Schwierigkeiten anonym sein. Eine halbe Stunde
Autobahn, und er ist an einem Ort, wo man ihn nicht kennt. Er nimmt seinen
römischen Kragen ab und verschmilzt mit dem Hintergrund. Es wäre überraschend,
wenn Anstiftung bei der Beichte heute so weit verbreitet wäre wie im Spanien
des neunzehnten Jahrhunderts. Sie ist kirchenrechtlich bedenklich und, falls
ein Priester nicht Geschmack an der Gefahr findet, unnötig.
    Doch die Keuschheit des
modernen Priesters ist durch etwas weit Destruktiveres als die Permissivität
gefährdet: Die theologischen Grundfesten des Zölibats sind zusammengebrochen.
    Das Zölibat entsprang aus dem
Glauben, daß Sex immer und wesentlich verworfen und schmutzig sei. Das ist
falsch.
    Die Kirche verkündete,
Ehelosigkeit sei wesentlich höher als die Ehe, ein vollkommenerer Stand im
Leben, der beste Weg, um Christus nachzufolgen. Daran glaubt kaum noch jemand.
    Die Kirche bestand auf der
Koppelung zweier total verschiedener Berufungen: der Ehelosigkeit und dem
Priesteramt. Die meisten Menschen finden heute, daß dies hochgefährlich war, so
gefährlich wie die Verpflichtung, daß alle Ärzte oder Politiker ehelos sein
sollten.
    Die Kirche lehrte, nur
Ehelosigkeit vertrage sich mit dem Amt. Dies untergrub nicht nur die Ehe und
führte zu einer unüberbrückbaren Kluft zwischen Klerus und Laien; es brachte
die Männer in Versuchung, Ehelosigkeit zu versprechen, obwohl sie sie nicht
halten konnten.
    Viele ließen sich in dem
Glauben ordinieren, die Koppelung von Zölibat und Amt sei biblisch, was sie
nicht ist, und das Zölibat habe eine lange, ehrenvolle Geschichte, die es nicht
hat.
    Lange glaubten Priester, die
Kirche sei berechtigt, ihnen die Heirat nach der Ordination zu verbieten. Wie
eine Untersuchung des ersten Jahrtausends zeigt, glaubte die Kirche

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