Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
Vom Netzwerk:
Wunder beten zu lassen.
    Er hatte Petrarca im Verdacht,
jene böse Zeile geschrieben zu haben, in Avignon würden die Pferde mit goldenen
Hufeisen beschlagen. Der Oberhirte wußte, daß solche Verleumdungen seinem Ruf
nicht schadeten. Nur die Zäume der Pferde waren aus Gold. Er war schließlich
Papst; er mußte etwas fürs Auge bieten. Besonders die Kardinäle wußten seine
offene Hand zu schätzen. Ihre großartigen Residenzen mit einhundertfünfzig
Angestellten in Villeneuve jenseits der Rhône konnten nicht mit Pfennigen
gebaut und unterhalten werden.
    Clemens’ eigener Lieblingsplatz
war ein kleines Turmzimmer mit einem Doppeldiwan, der nach dem Parfüm der
Gräfin von Turenne duftete. Zur Zeit Clemens’ V. hatten die, die den
päpstlichen Segen suchten, ihre Bittschriften auf den seidigen, weißen Busen
der liebreizenden Perigord gelegt, der Tochter des Grafen von Foix. Doch
Clemens VI. fand seine eigene Gräfin unvergleichlich. Von allen Schößen, in
denen sein edles Haupt geruht hatte, war Ceciles bei weitem der süßeste.
    Obwohl er die Kurie zur
effizientesten Finanzmaschine der Geschichte gemacht hatte, fehlte es ihm immer
an Bargeld. 1348 hatte es ihn achtzigtausend Florin gekostet, die ganze Stadt
zu kaufen. Er fand, es sei die beste Investition, die ein Papst je gemacht
habe, doch manche sagten, die Kirche würde sich von seiner Unklugheit nie
erholen.
    1350 wimmelte der Bezirk
Avignon von Pilgern, die unterwegs nach Rom waren. Tausende kamen in den
traditionellen Reisemänteln oder Trachten an. Einige waren zu Pferde, andere
auf Karren, die hoch mit ihren Habseligkeiten beladen waren; die meisten gingen
zu Fuß, den Stab in der Hand. Clemens wußte ihre schlichte Frömmigkeit zu
schätzen. Sie brauchten viele Wochen, um zum Heiligen Jahr nach Rom zu kommen,
mußten durch düstere Alpenschluchten zwischen ewigem Schnee hindurchwandern,
bis sie die Zypressen und Weinhänge Italiens erreichten und die lange, heiße
Reise nach Süden begannen. Viele kamen nie an; sie starben an Altersschwäche
oder Krankheit, wurden beraubt oder ermordet. Die, die mehr Glück hatten,
legten ihre Gaben an das Grab Petri, damit der Klerus sie wie Heu
zusammenharken und dem Nachfolger Petri nach Avignon schicken konnte.
    Bonifaz hatte bestimmt, daß
alle hundert Jahre ein Heiliges Jahr sein sollte. Das kam Clemens dürftig vor.
Er hatte den Abstand auf fünfzig Jahre reduziert. Die Ergebnisse überraschten
selbst ihn, aber die meisten Pilger wollten einfach Gott danken, daß sie dem
Schwarzen Tod entronnen waren. In drei Jahren hatte er ein Drittel der
Christenheit dahingerafft, einschließlich Roms. Avignon hatte über die Hälfte
seiner Bevölkerung verloren. Als die Pest zuerst zuschlug und sich im
Karmeliterkloster niemand rührte, brach eine tapfere Seele ein und fand alle
166 Mönche tot. An einem Tag starben in der Stadt 1312 Menschen. Die Opfer
waren gewöhnlich innerhalb von achtundvierzig Stunden tot. Einige Städte waren
ausgelöscht. Das Vieh auf den Wiesen und Hügeln ging an Vernachlässigung ein.
Auf See liefen Schiffe auf Klippen auf, die Besatzung bis auf den letzten Mann
tot. Viele gaben den Juden die Schuld und verbrannten, hängten, ertränkten sie
zu Tausenden in dem frommen Bemühen, die Pest loszuwerden. In Avignon hatte
Clemens die Juden geschützt. So mißfiel es ihm, als jemand sagte, nicht die
Juden, sondern der wüste Lebensstil des Papstes habe dies Unheil heraufbeschworen.
Hätte er entdeckt, wer das sagte, so hätte er ihn foltern und verbrennen lassen
wie jene sogenannten Spiritualen — Mönche und Laienbrüder, die gegen die
offenbaren Tatsachen behaupteten, Jesus habe in Armut gelebt und nicht wie die
»Huren des neuen Babylon«, wie Avignon genannt wurde.
     
    Es gab in Rom viele, die
wünschten, der Papst käme in seine Diözese zurück. Königin Brigitta von
Schweden gehörte zu ihnen und auch die junge Katharina von Siena. Diese beiden
Frauen, die später kanonisiert wurden, verbrachten ihre Tage mit Beten und
schrieben lange Briefe an Clemens. Sie beschworen ihn, dem Skandal ein Ende zu
machen und heimzukehren.
    Brigitta, fast fünfzig Jahre
alt, war berühmt für ihre Träume und Visionen. Manchmal, wenn sie die
beunruhigenderen erzählte, umzingelten die Bürger ihr Haus auf der römischen
Piazza Farnese und schrieen, die Principessa, wie sie sie nannten, müsse
verbrannt werden wie eine Hexe. Jesus hatte zum erstenmal zu ihr gesprochen,
als sie ein kleines Mädchen war. Nie

Weitere Kostenlose Bücher