Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
Vom Netzwerk:
Durst, Nächte der Einsamkeit im Dunkeln mit Ratten, die
über ihn liefen, die Nähe des Todes hatten seinen Geist verwirrt. Er wurde mit
bewaffneten Wächtern nach Rom zurückgebracht und blieb dort fünfundvierzig Tage
in seinem abgeschlossenen Zimmer im Lateran. Wahrscheinlich erdachten Gerüchten
zufolge schlug er immer wieder den Kopf an die Wand und knabberte ständig an
seinem Arm, wie ein Hund an einem Knochen. Dort starb er, in Einsamkeit und
vollkommen ungeliebt — »Morieris ut canis«, war Coelestins Prophezeiung.
    Ein kolossaler Sturm tobte bei
seinem Begräbnis, und so wurde er in dem Riesengrab, das er für sich in der
Peterskirche vorbereitet hatte, mit einem Minimum an Prachtentfaltung begraben.
     
    Es gibt eine seltsame Fußnote
zu der Geschichte von Dantes Schwarzem Tier, einem unfrommen Papst, der
behauptete, er habe soviel Chancen, den Tod zu überleben, wie ein gebratenes
Hühnchen.
    Als bei der Fertigstellung des
neuen Petersdoms sein Grab 1605 verlegt werden mußte, brach es auf. Zur
allgemeinen Verblüffung war der Körper des Papstes nach drei Jahrhunderten
nicht verwest. Nur Nase und Lippen waren etwas angefressen. Sie maßen ihn: 1,78
m; er trug noch seinen Saphirring; er sah friedlich aus.
    Bonifaz hatte der Häresie von
der päpstlichen Macht ihre endgültige Form gegeben. Auch in anderer Hinsicht
war er keine Zierde für eine Kirche, der dank Nogaret wenigstens die letzte
Würdelosigkeit erspart blieb: ihn als den heiligen Bonifaz, Papst und Märtyrer,
ehren zu müssen.
     
     
    Die Babylonische Gefangenschaft
der Kirche
     
    Mit Bonifaz VIII. waren die Probleme des Papsttums nicht zu Ende. Philipp
von Frankreich begnügte sich nicht damit, seinen großen Feind zu seinem
Schöpfer heimgehen zu sehen, sondern er war auch entschlossen, sein Andenken zu
entweihen. Benedikt XI., der der nächste Papst wurde, versuchte, Seine Majestät
zu besänftigen, indem er ihn von jeder Schuld für das Sakrileg an seinem
Vorgänger lossprach. Als Benedikt ein Jahr später starb, führte eine skandalöse
Intrige im Konklave zur Wahl Bertrand de Grots, des Erzbischofs von Bordeaux,
als Clemens V. Philipp hatte endlich, was er wollte: einen französischen Papst,
den er nach seinem Belieben formen konnte.
    Clemens kündigte seinen
erstaunten Beratern umgehend an, sie hätten ihn über die Alpen zu begleiten.
Anagni war schlimm genug, doch dies war die endgültige Demütigung des
Papsttums: den Sitz des alten Imperiums und die Gräber der Apostel Petrus und
Paulus zu verlassen. Clemens fürchtete, wie er es ausdrückte, »Unserem lieben
Sohn, dem König von Frankreich, Schmerz zu bereiten«. Er ließ sich bald im
Herrschaftsbereich des Königs nieder, unter den wachsamen Augen des Königs, in
Avignon, einer kleinen provençalischen Stadt am Ostufer der Rhone. Da Philipp
drohte, Bonifaz postum wegen Betrugs und Häresie vor Gericht zu bringen, gab
der Papst Seiner Majestät in jedem Punkt nach. Philipp wurde für seinen
gottesfürchtigen Eifer gegen Bonifaz gerühmt, und Coelestin V., den Bonifaz aus
dem Amt gedrängt hatte, wurde als heiliger Petrus Morone kanonisiert.
    Das Prestige des Papsttums
erlitt einen fast tödlichen Schlag, und eine Folge sinnlicher und gieriger
Oberhirten brachte das Amt Petri auf den tiefsten Stand seit der Herrschaft der
Huren.
     
     
    Päpstliches Paradies in der
Provence
     
    Die Päpste von Avignon waren weder allesamt gut noch allesamt böse. Ein guter
Repräsentant war Clemens VI., der 1342 gewählt wurde. Er war ein Mann ohne Arg
und ohne moralische Prinzipien und besaß das Verdienst, ein guter Heide zu
sein.
    Clemens war einmal schlicht
Pierre Roger de Beaufort gewesen, Benediktinermönch, Erzbischof von Rouen,
Kanzler Seiner Majestät des Königs von Frankreich. Der König gewährte ihm die
Protektion, die Seine Heiligkeit brauchte, wenn er comme il faut leben
wollte. Tatsache war, daß Clemens weder Italien noch die Italiener mochte.
    Fünfundvierzig Jahre waren
vergangen, seit Clemens V. diesen inspirierten Tausch vollzogen hatte: Rhone
statt Tiber, die süßduftende Provence statt die von Malaria, Cholera und Typhus
heimgesuchten Marschen Roms, wo jeder offenbar irgend jemand anderen unbedingt
töten wollte. Vor dieser Zeit hatten mehrere Päpste — zum Beispiel Coelestin V.
— Rom nie gesehen; Clemens VI. selbst hatte Italien nie betreten und
ebensowenig seine unmittelbaren Vorgänger, Johannes XXII. und Benedikt XII.
Clemens war entschlossen, diese noble

Weitere Kostenlose Bücher