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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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Bischof Creightons Worten: »Er ließ den moralischen Ton
Europas absinken.«
    Als er gestorben war, wusch ihn
sein pflichtbewußter deutscher Kaplan Johann Burchard. Die Räume waren
geplündert, so daß der Kaplan nichts hatte, um die Leiche abzutrocknen. Er zog
Sixtus das Hemd aus und benutzte dies. Schließlich kleidete er ihn in einen
kurzen Kittel und ein Paar geborgte Pantoffeln.
     
    Acht Jahre später bereitete
sich Burchard darauf vor, den gleichen Dienst an Sixtus’ Nachfolger zu tun, dem
sechzigjährigen Innozenz VIII. Dünn und anämisch lag der Papst im Bett, auf
Kissen gestützt. Von seinen Mundwinkeln tröpfelte Muttermilch, seine einzige
Nahrung seit Wochen. Er schaute zurück und fand, er habe Grund, stolz zu sein.
    Er hatte seinen Lieblingssohn
Franceschetto in die große Familie de’ Medici von Florenz hinein verheiratet
und dieser so die Tür zum Papsttum geöffnet — mit katastrophalen Folgen.
    Innozenz erließ auch ein Edikt
gegen die Juden in Spanien. Die, die sich weigerten, das Christentum anzunehmen,
wurden von der Halbinsel verbannt. Es gab eine Emigrationswelle, die bis zu den
dreißiger Jahren der Nazizeit nicht mehr ihresgleichen hatte. Hunderttausend
flohen, etwa ebenso viele blieben und gaben vor, sich bekehrt zu haben. »Dies
gab der Inquisition für Jahrhunderte zu tun«, sagt The Catholic Dictionary mit unbeabsichtigter Ironie.
    Ein oder zwei Schönheitsfehler
gab es in seiner Bilanz. Er hatte zum Beispiel nichts getan, um die Stadt zu
säubern. Sein Vikar war zu ihm gekommen und hatte gesagt: »Wir sollten die
Priester wirklich davon abbringen, sich Frauen zu halten, Eure Heiligkeit.«
Innozenz soll geantwortet haben: »Eine Zeitverschwendung. Es ist so verbreitet
unter den Priestern, selbst in der Kurie, daß man kaum einen ohne seine Konkubine
finden wird.« Als dies durchsickerte, sagte jemand: »Seine Heiligkeit erhebt
sich aus dem Hurenbett, um die Pforten des Fegefeuers und des Himmels zu öffnen
und zu schließen.«
    Während sein eigenes Leben zu
Ende ging, untersuchte sein Arzt im Nebenzimmer drei schöne junge Männer. Er
sagte ihnen, sie könnten dem Stellvertreter Christi einen großen Dienst
erweisen. Das Blut des Papstes sei alt und müde; wenn sie ihm etwas von dem
ihren gäben, könnte er die Kirche weiter inspirieren. Burchard ermutigte sie noch
mit einem Dukaten für jeden.
    Der Arzt war Jude. Innozenz
glaubte, gerade die Schlechtigkeit der Juden gebe ihnen Zugang zu geheimem
Wissen, das den christlichen Ärzten fehlte.
    Der Arzt informierte Burchard,
daß er bereit war anzufangen. Mit Kratzfüßen betrat er das päpstliche
Schlafzimmer und ließ mit zitternden Händen den Papst zur Ader.
    Der erste Jüngling wurde
hereingebracht, und sein Blut wurde direkt zum Papst übertragen. Es war keine
exakte Wissenschaft. Der Raum stank nach Blut; es floß über die Bettücher und
herunter in die Teppiche. Der junge Mann wurde halb bewußtlos herausgetragen.
Der zweite Jüngling wurde gerufen, dann der dritte. Bald waren alle drei tot im
Vorzimmer. Burchard öffnete ihnen die klebrigen Hände und nahm das Geld zurück.
Das Opfer der Jünglinge war vergeblich. Innozenz beichtete seine Sünden und
starb in Frieden, mit einem Kalauer auf den Lippen: »Ich komme zu Dir, Herr, in
meiner Unschuld (innocentia).« In seinem Grab lagen, wie jemand sagte,
»Schmutz, Völlerei, Habgier und Faulheit«.
    Wieder einmal schien es, als
könne das Papsttum nicht tiefer sinken. Dann kam Borgia.
     
     
    Das Auge des Sturms
     
    Rodrigo Borgia, ein Katalane,
soll seinen ersten Mord im Alter von zwölf Jahren
begangen haben. Wiederholt stach er andere Jungen mit seiner Degenscheide in
den Bauch. Als junger Mann waren seine amourösen Neigungen nicht gerade das
bestgehütete Geheimnis der Welt. Sein Pech war es, daß er einen Papst,
Callistus III., zum Onkel hatte.
    1456 machte Callistus den
damals fünfundzwanzigjährigen Rodrigo zum Erzbischof von Valencia, der
wichtigsten Diözese Spaniens. Rodrigo war schon berühmt dafür, seine Liebe
gleichmäßig auf eine Witwe und ihre beiden schönen Töchter zu verteilen, von
denen eine seine ewiggeliebte Vannozza Catanei war. Er wurde nach Rom berufen,
um mit sechsundzwanzig Kardinal und ein Jahr später Vizekanzler der Kirche zu
werden; da er es nicht ertragen konnte, allzu fern von seiner Geliebten zu
sein, ließ er sie in großem Stil in der stilvollsten aller Städte, Venedig,
wohnen. Als sein Onkel starb, war der neue Papst, Pius II., nicht

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