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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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durch Zufall ans
Licht gekommen sind.
    Cesare lud seine Lieblingsschwester
Lucrezia und als einzigen anderen Mann den Papst zu einem Fest ein, das »das
Hurenturnier« genannt wurde. Fünfzig der schönsten Römerinnen tanzten in immer
spärlicher werdender Bekleidung, bevor sie schließlich nackt um den Tisch des Papstes
herumtollten. Wahrscheinlich hatten sie das in Rom zirkulierende Gerücht
gehört, daß dem Papst eine Orgie lieber war als ein Hochamt. In einem wilden
Finale fielen die Huren auf die Knie und wühlten wie Säue in den Teppichen nach
Kastanien, die die Borgias ihnen zuwarfen.
    Doch der Papst hatte sein
Gutes. Er war ein Mäzen der Künste. Er ermutigte einen mittellosen jungen Mönch
namens Kopernikus. Er hatte einen Riecher fürs Geschäft und war tatsächlich
einer der wenigen Päpste jener Epoche, die ihre Bücher bilanzieren konnten. Er
war kein Heuchler und gab nie vor, ein aufrichtiger Christ oder gar ein
Heiliger zu sein. Doch wie die meisten Päpste war er ein glühender Verehrer der
Jungfrau Maria. Er ließ den alten Brauch wieder aufleben, dreimal täglich den
Angelus zu läuten. Er hatte ein Gemälde von einer herrlichen Madonna in Auftrag
gegeben, mit dem Gesicht der Giulia Farnese, um seine Liebe zu vertiefen. Und
er war auch keiner von denen, die die Dienste ihrer früheren Geliebten
vergessen. Als Vannozza einige Jahre nach ihm mit sechsundsiebzig Jahren starb,
wurde sie deshalb als Witwe des Papstes behandelt. Mit größerem Pomp als Borgia
selbst wurde sie in der Kirche Santa Maria del Popolo begraben, und der ganze
päpstliche Hof war anwesend, »fast, als wäre sie ein Kardinal«.
    Auch muß zur Verteidigung des
Papstes gesagt werden, daß er ein stolzer und fürsorglicher Vater war. Er
taufte seine Kinder und gab ihnen die beste Erziehung, die mit Simonie zu
kaufen war. Er zelebrierte bei ihren Hochzeiten mit den besten Familien der
Zeit im Vatikan — doch hatte nicht Innozenz VIII. das gleiche getan? Als er
Lucrezia in der Sala Reale traute, ging an ihrer Seite Innozenz’ Enkelin und
hinter ihr die Hure des Papstes und weitere 150 aufgeregte römische Damen. Für
Lucrezia verlegte er anläßlich ihrer dritten Heirat sogar den Anfang der
Fastenzeit, damit das Volk von Ferrara, wohin sie gehen sollte, ihre Hochzeit
mit Fleisch und Tanz feiern konnte.
    Die väterliche Liebe des
Papstes war nie so offensichtlich wie als er um seinen Sohn trauerte, den
Herzog von Gandia, höchstwahrscheinlich ermordet von seinem anderen Sohn, dem
gnadenlosen Cesare. Als Gandia aus dem Tiber gezogen und zu Füßen des Papstes
gelegt wurde, sagten die Zyniker: »Na endlich! Ein Menschenfischer!« Er muß das
Konsistorium zu Tränen gerührt haben, als er sagte, er würde sieben Tiaras
darum geben, wenn sein Sohn wieder lebendig würde. Sie weinten sogar noch mehr,
als er in den wenigen Tagen seiner Trauer der Vetternwirtschaft ein Ende
bereiten wollte und drohte, die Kurie zu reformieren. Alle Konkubinen von
Klerikern, bestimmte er, sollten innerhalb von zehn Tagen entlassen werden;
selbst Kardinäle sollten enthaltsam und keusch werden. Giulia muß seine besten
Absichten zunichte gemacht haben, denn im folgenden Jahr gebar sie ihm einen
Sohn.
    Historiker haben gemeint, seine
Liebe zu Cesare sei fehl am Platze gewesen. Er wußte, Cesare hatte immer Gift
bei sich, falls ein Feind es brauchte. Dann wollte Cesare seinen Kardinalshut
aufgeben, nach all den Mühen, die seine Ernennung gekostet hatte. Alexander
riskierte den Zorn des Heiligen Kollegiums, indem er ihm erlaubte, »die in
Purpur Gekleideten«, wie Corro sie nannte, zu verlassen. Die Rettung von
Cesares Seele stehe auf dem Spiel, argumentierte der Papst. Inzwischen war das
Gesicht seines Sohnes bedeckt mit dunklen Flecken und auffallenden Schwielen,
den Zeichen der Syphilis im zweiten Stadium. Die Eminenzen hätten ob seines
Ausscheidens vielleicht erleichtert sein sollen, doch wie ein Berater nüchtern
bemerkte, wenn Kardinäle aus so trivialen Gründen zurücktreten dürften, wäre
keiner mehr übrig. Als Cesares Pocken schlimm wurden, gewöhnte er sich an, in
der Öffentlichkeit eine schwarze Seidenmaske zu tragen.
    Nachdem er seinen roten Hut mit
zweiundzwanzig abgelegt hatte, war er frei zu heiraten, und — sein größter
Ehrgeiz — Gandias Stelle als Oberbefehlshaber der päpstlichen Streitkräfte
einzunehmen. Sein Vater hätte wissen sollen, daß er auch mit einem Messer
gefährlich war.
    Einmal hatte Cesare einen
jungen Spanier

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