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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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so tolerant
mit ihm. Er bekam Wind von einer Borgia-Orgie in Siena, von der Ehemänner,
Väter, Brüder und männliche Verwandte ausgeschlossen waren, um der Fleischeslust
freien Lauf zu lassen. »Ist es passend, daß du den ganzen Tag nichts im Kopf
hast als Gedanken an sinnliche Vergnügungen?« fragte Pius II. taktvoll, denn er
hatte selbst zwei Kinder gezeugt.
     
    Als Rodrigo Papst wurde, nahm
er den Namen Alexander VI. an, wobei es ihn offenbar nicht störte, daß
Alexander V. als Gegenpapst von Pisa aus den Listen gestrichen war. Nach seiner
Wahl wurde Borgia rasch immer schlimmer. Er wurde nicht abgesetzt oder auch nur
in Frage gestellt. Das System erlaubte das nicht.
    Luther war neun Jahre alt, als
Borgia an die Macht kam. Alles in Rom war verkäuflich, von Pfründen und
Ablässen bis zu Kardinalshüten und selbst dem Papsttum. Laut Johann Burchard,
der im Konklave als Zeremonienmeister fungierte, gewann Borgia die Stimmen des
Heiligen Kollegiums nach einer besonders teuren Kampagne. Es ist lehrreich,
anhand von Burchards Tagebüchern zu sehen, wie der Heilige Geist bei der Wahl
des Nachfolgers Petri vorgeht.
    Geld floß nach Rom aus ganz
Europa; Bankiers schleusten es ins Konklave. Borgia hatte eine starke
Opposition. Auf den Kardinal delle Rovere hatte der König von Frankreich 200
000 Golddukaten gesetzt und die Republik Genua weitere hunderttausend. Nur fünf
Stimmen waren nicht gekauft. Borgia, der ja Vizekanzler war, war zufällig auch
der reichste der Kardinäle. Er konnte Villen, Städte und Abteien bieten. Er gab
seinem größten Rivalen, Kardinal Sforza, vier Maultierladungen Silber, um ihn
zum Verzicht zu bewegen. Als er praktisch keinen Pfennig mehr hatte, fehlte ihm
zu seinem Entsetzen noch eine Stimme.
    Kardinal Gherardo von Venedig
gab den Ausschlag für ihn, obwohl er in keiner Weise zu tadeln war. Es gibt
gute Gründe für die Annahme, daß er senil war. Er war fünfundneunzig Jahre alt,
und vor allem bestand er nicht auf Schmiergeld.
    Nachdem sie Borgia gewählt
hatten, gaben die Kardinäle dem Heiligen Geist ein Ständchen zum Dank dafür,
daß er einen Nachfolger Petri gewählt habe. Doch Giovanni de’ Medici sagte
später zu Kardinal Cibö: »Jetzt sind wir in den Fängen des vielleicht wildesten
Wolfs, den die Welt je gesehen hat. Entweder fliehen wir, oder er wird uns ohne
Zweifel verschlingen.« Kardinal delle Rovere, der künftige Julius II., ließ
sich das nicht zweimal sagen und floh um sein Leben, nur um zehn Jahre darauf
wiederzukommen, als Pharao, der Borgia-Papst, tot war.
    Vorerst aber war »der Wolf«
quicklebendig. In einem Freudentaumel rief er aus: »Ich bin Papst, Oberhirte,
Stellvertreter Christi.«
     
    In den Borgia-Zimmern des
Apostolischen Palastes gibt es ein Porträt Alexanders VI. in ganzer Länge von
Pinturicchio. Es zeigt ihn in einem Überwurf von Brokat und Juwelen; nur sein
Kopf und seine Hände sind zu sehen. Er ist großgewachsen, hat eine schmale
Stirn, eine dicke Wangen- und Kinnpartie und eine große, fleischige Nase. Sein Hals
ist monströs, seine Lippen sinnlich, seine Augen durchdringend. Seine fetten,
beringten Hände sind zum Gebet aneinandergelegt.
    Dieser Mann, den Gibbon den
»Tiberius des christlichen Rom« nennt, war selbst für einen Renaissancepapst
böse. Sein Blick für hübsche Frauen soll untrüglich gewesen sein, selbst im
hohen Alter. Er hatte zehn bekannte uneheliche Kinder, vier davon,
einschließlich der berüchtigten Cesare und Lucrezia, von Vannozza. Als sie welk
wurde, nahm sich der Papst im Alter von achtundfünfzig eine andere Geliebte.
    Giulia Farnese war fünfzehn und
seit kurzem mit Orsino Orsini verheiratet. Er war ein guter Gatte: Blind auf
einem Auge, wußte er, wann er das andere zudrücken mußte. Deshalb wurde Giulia
in ganz Italien als die »Hure des Papstes« und die »Braut Christi« bekannt. Sie
war eine blendende Schönheit, »Herz und Augen« des Papstes, wie ein Diplomat es
ausdrückte, ohne die er nicht leben konnte. Mit ihren päpstlichen Beziehungen
hatte sie keine Schwierigkeiten, ihrem Bruder, dem künftigen Paul III., einen
roten Hut zu vermitteln, was ihm den Titel »Unterrock-Kardinal« eintrug.
    Von Giulia hatte der Papst eine
Tochter namens Laura. Da er gewöhnlich ein ehrlicher Mann war, war er dem
Beispiel Innozenz’ VIII. gefolgt und hatte seine Kinder anerkannt — es war das
sogenannte Goldene Zeitalter der Bankerte. Pius II. hatte sogar gesagt, Rom sei
die einzige Stadt der Welt, in der Bankerte

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