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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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daß Konstanz die Kirche
wirklich gerettet hätte. Man ging auseinander, ohne daß
eine einzige wichtige Reform beschlossen war. Innerhalb von Wochen nach der
Rückkehr nach Rom hatte Martin V. seinen Segen dem kurialen System gegeben, das
die Kirche als erstes in die Knie gezwungen hatte.
    Eine Stimmung der Verzweiflung
machte sich in der Christenheit breit. Im zehnten Jahrhundert war das Papsttum
bei allen heranwachsenden, ehebrecherischen und mörderischen Päpsten ein
lokales Phänomen. Das Haupt einer mächtigen römischen Familie setzte seinen
geliebten Sohn im Teenageralter auf den Thron; der Junge machte ein paar
hektische Monate oder Jahre lang Heu und wurde von den Mitgliedern einer
rivalisierenden Familie beseitigt, deren Stunde gekommen war.
    Doch seit dem elften
Jahrhundert hatte Gregor VII. das Papsttum geprägt. Es war an Statur und
Ansehen gewachsen; es konnte die ganze Kirche kontrollieren, von dem
einfachsten Landpfarrer bis zum mächtigsten Erzbischof. Was daraus erwuchs, war
die erschreckendste Korruption, die die Christenheit je sah und wohl je sehen
wird.
     
    Es begann an der Spitze. Das
Papsttum wurde im Konklave an den Meistbietenden verscherbelt, unabhängig von
der Würdigkeit des Kandidaten. Ein Historiker des neunzehnten Jahrhunderts, T.
A. Trollope, meinte in seinem Buch The Papal Conclaves (1876): »Wenige
Papstwahlen, wenn überhaupt eine, standen nicht unter dem Einfluß der
Simonie.... Die Erfindung des Heiligen Kollegiums war insgesamt die vielleicht
ergiebigste Quelle der Korruption in der Kirche.« Viele Kardinäle gingen mit
ihren Bankiers zum Konklave nach Rom. Sie nahmen ihre Wertsachen mit ins Konklave,
speziell ihr Tafelsilber; wurden sie zum Papst gewählt, plünderte der römische
Pöbel unweigerlich ihren Palast und nahm sogar die Türen und Fenster mit.
    Kardinäle wurden selten wegen
ihrer Verdienste um die Religion gewählt. Sie verdankten ihre Position
Schmiergeldern und Intrigen. In der Renaissance hatten sie fast alle ihre
»Gefährtinnen«. War einer von diesen Männern einmal Papst geworden und hatte
neue Mittel zur Verfügung, so verlor er keine Zeit, seine Verwandten — Söhne,
Neffen, Großneffen — recht schamlos nach dem italienischen Prinzip zu fördern:
»Bisogna far’ per la famiglia«, man muß etwas für die Familie tun. Zeit war
kostbar, denn das Papsttum ist nicht erblich, und man hatte vielleicht nur ein
paar Monate oder Jahre, um eine ganze Dynastie zu etablieren. Deshalb sahen
sich so viele Oberhirten, sobald sie die Tiara aufgesetzt hatten, nach Wegen
um, sich die Taschen zu füllen. Ein gutes Beispiel dafür war Clemens VI. im
vierzehnten Jahrhundert, ein Witwer. Er verkaufte Millionen von Süditalienern
an Karl von Anjou, für einen jährlichen Tribut von achthundert Unzen Gold. Der
Vertrag sah vor, daß der Herzog exkommuniziert würde, falls er mit der Zahlung
in Rückstand käme. Weiterer Verzug bedeutete, daß sein ganzes Territorium mit
dem Bann belegt würde. Es kam einem Papst nicht sündig vor, ganze Regionen nur
deshalb von der Messe und den Sakramenten auszuschließen, weil Fürsten ihm
seinen Tribut nicht zahlten.
    Die Kardinäle hatte riesige
Paläste mit zahllosen Bediensteten. Ein Papstberater berichtete, er habe nie
einen Kardinal besucht und ihn nicht beim Zählen seiner Goldmünzen angetroffen.
    Die Kurie bestand aus Männern,
die ihr Amt gekauft hatten und ihre enormen Auslagen unbedingt wieder
hereinholen mußten. Jedes Amt in jedem Bereich hatte seinen Preis. Diese
Höflinge hatten eine konkrete Macht, furchtbare Sanktionen standen ihnen zur
Verfügung. Sie konnten jeden exkommunizieren. Bischöfe und Erzbischöfe
zitterten vor ihnen. Es war die Kurie, die den Simonietarif aufstellte. Für
jedes Einkommen aus einem Bischofsstuhl, Kirchensprengel oder einer Abtei, für
jeden Ablaß gab es eine feste Gebühr. Das Pallium, das 5 cm breite Wollband mit
in schwarzer Seide aufgestickten Kreuzen, wurde von jedem Bischof bezahlt.
Diese bescheidenen wollenen Garnierungen brachten den päpstlichen Schatullen
über die Jahre Hunderte von Millionen Goldflorin ein; das Konzil von Basel 1432
nannte dies »den listigsten Wucher, den das Papsttum je erfunden hat«. Im
sechzehnten Jahrhundert wurden in Deutschland ganze Diözesen an Bankiers wie
die Fugger und an Kapitalgesellschaften vergeben, die Kirchenpfründen an den
Meistbietenden verkauften.
    Dispense waren eine weitere
Quelle päpstlicher Einkünfte. Extrem strenge und sogar

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