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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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beeilte sich, Seine Heiligkeit seiner
vorbehaltlosen Unterstützung zu versichern.
    Als die Leute des Papstes am
nächsten Tag die Rhone bei Saint-Gilles überqueren wollten, spießte einer von
Raimunds Offizieren Bruder Peter mit einer Lanze auf. Dieser Soldat bekam nie
ein Gerichtsverfahren oder ein Urteil. Es war vorteilhaft für den Papst, der
ganzen Region das Verbrechen anzulasten.
    Innozenz’ »Kreuzzug« war ein
Markstein in der Geschichte der Christenheit. Das Oberhaupt der Kirche befahl
und organisierte einen Krieg gegen Mitchristen in einem traditionell
christlichen Land. Bekehrung wurde ersetzt durch Ausrottung. Doch Orthodoxe und
Unorthodoxe lebten so eng zusammen, daß es unmöglich war, sie
auseinanderzuhalten. In auffallendem Gegensatz zu den Gleichnissen Jesu wurde
der Weizen mit der Spreu verbrannt.
     
     
    Gewalt in der christlichen
Tradition
     
    In der katholischen Tradition
hat die Gewalt einewechselvolle Laufbahn gehabt.
Tatsächlich gibt es nirgendwo klarere Beweise dafür, daß die Kirche ihr Denken
geändert hat, als in ihrer Lehre zum Krieg.
    Seit Anbeginn hatte die Kirche
ein tiefes Gespür für die Heiligkeit menschlichen Lebens. Blutvergießen war
eine schwere Sünde. Darum waren die Christen gegen die Gladiatorenkämpfe. Auch
das Militär war ein verbotener Beruf. Christen wie Maximilian starben lieber,
als zu töten. »Ich kann nicht im Krieg kämpfen«, sagte er schlicht. »Ich kann
nicht Unrecht tun. Ich bin Christ.« Krieg und Gewaltanwendung waren nötig zur
Erhaltung Roms, doch die Christen sahen sich außerstande, daran mitzuwirken.
»Die Welt«, sagte Tertullian, »mag ihre Caesaren brauchen, doch der Kaiser kann
nie Christ sein, und kein Christ kann je Kaiser sein.«
    Christen verstanden sich
selbst, wie Jesus, als Boten des Friedens; unter keinen Umständen konnten sie
Tod bringen. Selbst wenn sie zur Armee gingen oder wenn Soldaten sich
bekehrten, verbot ihnen ihr Glaube, zu kämpfen, außer durch Gebet und Opfer.
    Dann besiegte Konstantin
Maxentius an der Milvischen Brücke unter dem Zeichen des Kreuzes. Als Bekehrter
ließ er die Nägel, mit denen Christus gekreuzigt worden war, in seinen Helm und
den Zaum seines Pferdes einarbeiten. Für Christen einer früheren Zeit wäre
keine größere Gotteslästerung vorstellbar gewesen; nun waren Christen Teil des
Establishments, mit Eigentum und Position, die es zu verteidigen galt. Ein
blutrünstiger Krieger war ihr oberster Bischof und Kriegsherr. Sie hörten auf,
Pazifisten zu sein, und machten ihre Pflugscharen zu Schwertern.
    Zwar mußten Kaiser und Generäle
Buße tun, wenn ihre Hände blutbesudelt waren, selbst für eine gerechte Sache.
Doch die alten Prinzipien wurden gelockert. Die gleiche Lockerung war in der
Durchsetzung der Religion zu beobachten. Die Kirche war ursprünglich gegen
Gewaltanwendung, um Menschen zu bekehren oder Irrlehren zu unterdrücken. Doch
Leo der Große (440-61) lobte dann einen Kaiser dafür, daß er für die Kirche
Ketzer gefoltert und hingerichtet hatte. Inzwischen hatte selbst Augustinus es
gebilligt, Häretiker zwar nicht zu töten oder zu foltern, aber mit Hilfe einer
ordentlichen Tracht Prügel auf den rechten Weg zu bringen. Bald freuten sich
die Christen offen, daß ihre Religion als einzige nicht verfolgt wurde. Nur der
Abscheu vor dem Blutvergießen hinderte sie daran, Ketzer zu töten.
    Dieser Abscheu wurde mit der
Zeit schwächer. Immer mehr Christen gingen in die Armee, nun aber mit der
Bereitschaft zum Töten und Sterben. Während es bis zum Jahr 175 nicht einen
einzigen christlichen Soldaten gab, durften 416 nach einem Edikt von Theodosius
nur Christen in die Armee. Es wurde dem Klerus überlassen — Bischöfen und
Priestern, die am Altar des Gekreuzigten dienten —, die alte Aversion der
Kirche gegen Blutvergießen aufrechtzuerhalten. Der Klerus allein schuf eine
Zone und Zeugnis des Friedens inmitten des Krieges.
    Obwohl Gewalt nun sozusagen im
Blutstrom des Christentums war, folgte eine Zeit des Friedens, nachdem die
barbarischen Horden bekehrt und mehr oder minder zivilisiert waren. Im
Mittelalter war religiöse Intoleranz anscheinend vergessen, vielleicht aus
Mangel an Interesse. Bis das Christentum unter den Einfluß seines tödlichsten
Rivalen geriet: des Islam.
     
    Das Tempo, mit dem der neue
Glaube sich ausbreitete, war noch rascher als das der angeblich wundersamen
Ausbreitung des Christentums. Er überrannte die alten christlichen Länder
Afrikas, Asiens und Spaniens.

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