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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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sondern gegen Jünger Christi, die die Stirn
hatten, die Autorität des Papstes zu leugnen. Wissen sie denn nicht, fragte er,
daß es ohne mich keine Kirche gibt, keinen Fels, keinen Glauben, keine
Erlösung? Die neuen Kreuzfahrer sollten alle Privilegien der Ritter genießen,
die nach Jerusalem gezogen waren. Wie Mohammed kombinierte Innozenz Religion
und Krieg. Wer Albigenser tötete, so versprach er, würde im Himmel den höchsten
Platz haben.
    Die echten Kreuzzüge hatten
Begeisterung geweckt, seit Petrus Eremita 1096 dem Ruf Urbans II. gefolgt war.
Petrus, ein kleiner, magerer Franzose aus Amiens mit rabenschwarzem Haar und
grauem Bart, der bis zur Gürtelschnalle reichte, predigte den Armen den
Kreuzzug. Walter der Mittellose, ein Ritter wie aus Don Quixotte, schloß
sich ihm an, und sie ritten auf Eseln vor einem Riesenheer, das zu Fuß ging,
Pferde ritt oder in Eselskarren fuhr und so gut bewaffnet war wie Grashüpfer.
    Die Reise von Köln über Ungarn
und Belgrad nach Konstantinopel dauerte hundert Tage. Es war ein epischer
Marsch, voller Entbehrungen und Schrecken; es gab Erzählungen, daß Säuglinge
gekocht und gegessen worden seien. Bei jedem Städtchen fragten die Kinder: »Papa,
ist das Jerusalem?« Zwar fielen in einer Schlacht auf dem Weg zehntausend, doch
dreißigtausend erreichten im Juli den Bosporus. Dort wurden sie am 21. Oktober
von den Türken in Stücke gehackt. Petrus Eremita war einer der wenigen
Überlebenden. Als die Armee christlicher Ritter im nächsten Frühling eintraf,
fand sie in der Umgebung von Nikomedia und Civitol nichts als Berge gebleichter
Knochen. »O wie waren die Grenzen des Meeres gesäumt mit abgeschlagenen Köpfen
und Gebeinen.« Die Franzosen mischten die Knochen mit Kalk, und so endeten die
Pilger von Petrus Eremita buchstäblich in den Mauern der Kreuzritterburgen.
    Über ein Jahrhundert war
vergangen, da antworteten ganze Städte und Dörfer in Deutschland auf den
erneuten Ruf Innozenz’ III., dem sie nicht folgen konnten, indem sie sich nackt
auszogen und schweigend durch die Straßen rannten. Es war eine Zeit der
Verrücktheit. Vier Jahre später, 1212, wurden Tausende französischer Jungen und
Mädchen von einem Hirtenjungen, Stephan von Vendôme, inspiriert. Sie verließen
ihr Zuhause ohne Landkarten, Führer oder etwas zu essen, um nach Marseille zu
gehen. Auf die Frage, wohin sie wollten, antworteten sie: »Jerusalem.« Eltern
taten ihr Bestes, um ihre Kleinen einzuschließen, doch diese liefen fort.
Leider teilte sich das Wasser des Mittelmeers nicht wie das Rote Meer. Viele
wurden auf Schiffe gelockt und vor der Küste Sardiniens als Sklaven an die
Sarazenen verkauft.
    Etwa zu dieser Zeit hob ein
Junge namens Nikolaus zwanzigtausend deutsche Kinder aus. Sie begannen ihre
Reise ins Heilige Land, indem sie über die Alpen nach Italien gingen. Viele
fielen auf dem Weg tot um; ein paar kehrten zurück und erzählten die
Geschichte, die später zu dem Märchen »der Rattenfänger von Hameln« wurde.
     
    Keine Verrücktheit dieser Periode
kam der des Papstes gleich. Zwar hatte er seit vierzig Jahren versucht, die
Albigenser mit christlicheren Mitteln loszuwerden. 1205 hatte er Dominikus zu
ihnen entsandt, der bald darauf den Predigerorden gründete. »Ich habe euch
gepredigt«, sagte Dominikus nach vielen Mühen, »ich habe euch unter Tränen
gebeten. Aber wie wir in Spanien sagen: ›Wo ein Segen nicht wirkt, hilft ein
großer Stock (Wer nicht hören will, muß fühlen) .‹ Jetzt werden wir Fürsten und
Prälaten gegen euch aufbringen.« Von nun an, verhieß er, würde ihnen Christus
nichts geben als Sklaverei und Tod.
    Innozenz hatte außerdem Peter
von Castelnau und Bruder Raoul ins Languedoc entsandt. Bruder Peter hatte den
Herrn dieses weiten Landes, Raimund IV. Graf von Toulouse, beschuldigt, er unterstütze
und decke die Ketzer. Ihm wurde befohlen, sie auszumerzen. Das war keine kleine
Aufgabe, denn die Häresie wurde seit vier Generationen von der Verderbtheit des
Klerus genährt. Die Albigenser stellten die halbe Bevölkerung des Midi.
Erwartete man von Raimund, sie zu Tausenden zu verbrennen? Bruder Peter, der
bald kanonisiert werden sollte, fand, das sei der Fall. Er exkommunizierte
Raimund wegen Pflichtvergessenheit und ermutigte die seigneurs de Provence, gegen ihren Herrn zu rebellieren. »Wer dich absetzt«, erklärte Bruder Peter in
seinem Bannspruch, »wird als heilig gelten; wer dich totschlägt, wird eine
Segnung von Gott verdienen.« Raimund

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