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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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ein
Kruzifix hoch, der andere einen Kelch. Mit einem Scheppern fiel der Kelch zu
Boden, und das Blut Christi mischte sich mit dem Blut der Leute von Béziers. Es
war, wie Lea in seinem Buch The Inquisition in the Middle Ages sagt,
»ein Massaker, das in der europäischen Geschichte fast nicht seinesgleichen
fand«.
    Als es vorbei war, sagten die
Kommandeure den Söldnern, die Beute sei abzuliefern, um den Kreuzzug zu
finanzieren. Sie rächten sich, indem sie die Stadt in Brand steckten. Alles
ging in Flammen auf. Die berühmte Kathedrale von Meister Gervais brach vor
Hitze in der Mitte ein. Von Béziers blieb nichts übrig als ein schwelender
Haufen, unter dem alle Bürger tot lagen.
    In der Abendkühle setzte sich
der Mönch Arnald, um an seinen Oberen zu schreiben. »Heute, Hoheit, wurden
zwanzigtausend Bürger dem Schwert überantwortet, unabhängig von Alter und
Geschlecht.« Das war ungewöhnlich. Nach einer Belagerung wurden Frauen und
Kinder verschont, und besonders der Klerus, der Immunität genoß. Säuglinge
abzuschlachten, war schlimm genug, doch es war ein unaussprechliches Vergehen,
Priester niederzumetzeln, während sie das rituelle Opfer von Golgotha feierten.
Der Blutrausch hatte die päpstlichen Kreuzfahrer gepackt und sollte sie nie
wieder loslassen. Man hat geschätzt, daß in der letzten, unbarmherzigsten
Verfolgung unter Kaiser Diokletian etwa zweitausend Christen auf der ganzen
Welt starben. In der ersten bösen Episode von Papst Innozenz’ Kreuzzug wurden
zehnmal so viele Menschen massakriert. Durchaus nicht alle waren Albigenser. Es
ist eine erschreckende Entdeckung, daß ein Papst auf einen Schlag mehr Christen
mordete als Diokletian.
    Innozenz war tief gerührt über
Arnalds Brief. Er dankte Gott für Seine große Gnade. Nicht einmal stellte er
die Legitimität eines Mönchs in Frage, der Ketzer und die Katholiken, die ihnen
Unterschlupf gewährten, abschlachtete. Es schien richtig, die Wahrheit Christi
mit Methoden zu verteidigen, die zur Kreuzigung Christi geführt hatten.
     
    Von Béziers marschierten die
Kreuzfahrer nach Carcassonne. Sie brauchten nur ein paar Wochen, um die Festung
einzunehmen, denn ihr Oberbefehlshaber ging in die Falle, als er um Frieden
bitten wollte. Arnald nahm ihn einfach gefangen. Als er dem Papst über diesen
zweiten Sieg schrieb, entschuldigte er sich wortreich dafür, daß niemand
getötet worden war. Wenn eine weitere Stadt in Flammen aufging, erklärte er,
wäre der Expedition die Beute entgangen. Er ließ die Bewohner abziehen — »nackt
bis auf die Sünden, die sie trugen« — und gab ihnen einen Tag freies Geleit.
Wer danach gefangen wurde, würde getötet.
    An Stelle des Grafen von
Carcassonne wählte der Legat einen normannischen Ritter, Simon de Montfort. De
Montfort war im mittleren Alter und hatte 1199 tapfer im vierten Kreuzzug
gekämpft. Seine neue Aufgabe, den Frieden zu wahren, war gewaltig. Die meisten
Truppen verließen ihn, nachdem sie ihre vierzig Tage abgeleistet hatten. Sie
gingen mit Frieden, denn sie wußten, daß ihnen all ihre Sünden vergeben und der
Einzug ins Paradies garantiert war. Hinter ihnen lagen zwei großartige Siege,
aber nicht eine einzige Bekehrung.
    Mit einer geschrumpften, aber
einheitlicheren Truppe sah sich de Montfort gezwungen, das ganze Land als
ketzerisch zu behandeln. Nach katholischen Prinzipien stand es ihm frei, so
viele Menschen auszurotten, wie er konnte. Der Legat riet ihm davon ab,
Gefangene zu machen.
    1210 hatte de Montfort die Burg
Bram erobert, tötete aber die Gefangenen nicht. Tote sind schlechte
Nachrichtenüberbringer. Er befahl seinen Soldaten, ihnen die Nasen
abzuschneiden und die Augen auszureißen. Ein Mann durfte ein Auge behalten, um
die anderen zu führen. Jeder legte seinem Vordermann eine Hand auf die
Schulter, und wie ein riesiges, blutiges, heulendes Insekt quälten sie sich
nach Cabaret, um das Lager dort die Furcht Gottes zu lehren.
    Im Juni desselben Jahres
belagerte de Montfort Minerve. Als es sich ergab, befahl de Montfort, 140 perfecti sollten aus der Stadt auf eine Wiese kommen. Keine Anklage wurde verlesen, es
gab kein Gerichtsverfahren oder Urteil. Man hatte Holz gesammelt, es wurde
angesteckt. Die Soldaten schickten sich an, die Ketzer in die Flammen zu treiben
wie verseuchte Schweine. Doch wie der begriffsstutzige Zisterzienserchronist
Vaux de Cernay bemerkt: »Unsere Männer brauchten sie nicht hineinzuwerfen;
nein, sie waren so verstockt in ihrer Schlechtigkeit, daß sie

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