Gottes geheime Schöpfung: Thriller (German Edition)
wirkte fast wie ein Schmerzmittel. Er ging weiter, zu der Stelle hinten in der Höhle, wo eine Bambusleiter aus dem Boden ragte.
Er blickte zu den Männern hinunter, die zehn Meter unter ihm arbeiteten. Sie waren zu dritt. Fast alle Knochen waren freigelegt, von denen Paul Proben genommen hatte, und sie würden bald tiefer graben, nach weiteren Knochen suchen. Die Männer am Grund der Grube trugen Schutzhelme, und der Boden des Lochs wurde von Taschenlampen erhellt. In der Ferne brummte der Generator.
Paul versuchte sich das Gewicht all der Erde vorzustellen, die auf diese Grube drückte. Er versuchte sich die Prozesse auszumalen, welche diese Knochen mit Erde bedeckt hatten, Schicht um Schicht, Jahr um Jahr, bis zehn Meter Welt über ihnen lagen. Die Fluten, der Schlamm und Tausende von Jahren.
Irgendwann gesellte sich James zu ihm. »Ein katholischer Priester war der Erste, der hier gegraben hat«, sagte er und beugte sich vor, um in das Loch zu blicken.
»Wann war das?«
»Oh, schon vor langer Zeit – etwa in der Mitte des letzten Jahrhunderts, nachdem die Holländer als Erste versucht haben, die heidnische Bevölkerung dieser Insel zu einem guten, gottesfürchtigen Volk zu bekehren.«
»Ein Priester und Paläontologe im neunzehnten Jahrhundert?«
James kratzte sich seinen drahtigen, kupferfarbenen Bart. »Na ja, natürlich nannte er sich nicht Paläontologe, aber für einen Burschen, der immer zum Himmel hinaufschielte, hat er außergewöhnlich viel in der Erde herumgegraben.«
»Hat er etwas Interessantes gefunden?«
»Steinwerkzeuge, Holzkohle, ein paar Knochen. Vater Theodor Verhoeven. Er ist schon lange tot, und seine Arbeit wurde zum größten Teil ignoriert.«
»Er hat Knochen gefunden? Knochen wie diese?«
»Nicht wie diese. So tief hat er nicht gegraben. Die Knochen, die er gefunden hat, waren eher normal. Wahrscheinlich hätte man seine Arbeit für alle Zeiten vergessen, wenn die Höhle jetzt nicht so viel Aufmerksamkeit erregen würde.«
»Was ist mit seiner anderen Arbeit?«, erkundigte sich Paul. »War er darin erfolgreicher als mit seinen Ausgrabungen?«
»Sie meinen in der Bekehrung der Heiden? Nicht übermäßig, soweit ich weiß.«
Paul sah zu, wie die Männer gruben. Taschenlampen zuckten in der Dunkelheit über den Boden.
»Indonesien ist jetzt ein großes Mosaik«, fuhr James fort. »Zum Teil moslemisch, zum Teil christlich. Und beides hat sich über die uralten Religionen der Vorfahren gelegt und über verschiedene Naturreligionen. In einigen entlegenen Dörfern opfern sie an christlichen Feiertagen immer noch Schweine.«
»Eine neue Religion absorbiert die Traditionen der alten.«
»So kann man es auch ausdrücken«, erwiderte James.
»Und wie würden Sie es ausdrücken?«
»Ich würde sagen, eine Religion frisst die andere. Das bedeutet in etwa dasselbe, hat jedoch eine leicht andere Betonung. Es ist eine der uralten Geschichten, die man immer noch in den Hochländern hört – dass der erste Mensch aus der Asche von verbranntem Bambus entstanden ist. Sie erzählen diese Geschichte immer noch, obwohl sie nach der Missionierung freundlich genug waren, seinen Namen in Adam zu ändern. Flores bildet eine der Religionsgrenzen. Das war die Insel schon immer. Es hat Kämpfe auf den Molukken und auf Sulawesi gegeben. Eine äußerst blutige Angelegenheit. Vielleicht hat Gavin Ihnen davon erzählt.«
»Er hat mir erzählt, dass es Ärger gegeben hat.«
»Es wird wahrscheinlich auch noch mehr geben. Und das alles hat schon angefangen, bevor hier überhaupt gegraben worden ist«, sagte James. »In letzter Zeit ist es sogar noch schlimmer geworden.«
»Das hier ist nur eine wissenschaftliche Ausgrabung«, erwiderte Paul.
»So etwas gibt es heute nicht mehr. Unter uns gesagt, je schneller wir hier fertig sind, desto besser.«
»Gibt es für Ausgrabungen wie diese denn überhaupt ein Ende?«, fragte Paul.
»Irgendwo weiter unten stoßen wir irgendwann auf Fels.«
»Das ist wohl wahr.«
»Was diese Proben betrifft«, meinte James und deutete auf die Grube. »Sind Sie sicher, dass Sie sie zum Sprechen bringen können?«
»Es geht um mehr als nur um die DNA . Es gibt auch eine Analyse der resistenten Isotope der Matrix des Knochenkollagens.«
»Und die sagt Ihnen was ?«
Paul zuckte mit den Schultern. »Eine Menge. Was sie gegessen haben, die Qualität ihrer Ernährung und die Variationsbreite.«
James nickte, während er darüber nachdachte. Nach einer langen Pause fragte er:
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