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Gottes geheime Schöpfung: Thriller (German Edition)

Gottes geheime Schöpfung: Thriller (German Edition)

Titel: Gottes geheime Schöpfung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ted Kosmatka
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Mülleimer und setzte sich.
    Es war warm in seinem Büro. Er lockerte seine Krawatte und öffnete den obersten Knopf seines weißen Hemdes, während er sich umsah. Der Raum war die reinste Karikatur eines Büros, fand er.
    Die Möblierung bestand aus typischen Büromöbeln, die viel zu klein für ihn waren. Er hatte sie aus einem Katalog bestellt. Die Wände waren in typischer Bürofarbe gestrichen. Er stellte sich vor, dass auf der Dose mit der Farbe das Wort »Büro« aufgedruckt wäre, als Signal für die Einkäufer der Firmen. Sie haben ein Büro, das gestrichen werden muss? Hier, nehmen Sie diese Farbe.
    Der Raum hatte kein Fenster, und dafür war er dankbar. Das unterschied ihn von dem Zimmer im Krankenhaus.
    Ebenso wie die Bücher – überall standen Regale mit Büchern. Sie waren sogar fein säuberlich in den Ecken aufgestapelt; Bücher über Anatomie, Paläontologie, Archäologie und Genetik; Bücher über den Peking-Menschen und Jane Goodall und die subatomare Struktur des Atoms. Bücher über Mus musculus.
    Abgesehen von den Büchern war der einzige Schmuck in dem Raum ein Hundeschädel, der mit Paraffin überzogen war und auf der Ecke seines Schreibtisches stand.
    »Ich bin zuhause«, sagte er zu sich und vergrub sein Gesicht in den Händen.
    Knochen sind schwer. Sie haben Substanz. Und alle Knochen in Westing hatten eins gemeinsam: Sie hatten einmal einem lebenden Wesen gehört, aber wenn Paul sie sah, existierte dieses Wesen nicht mehr.
    Es war später Nachmittag, und Paul saß an seinem Computer, starrte auf die Bilder auf dem Bildschirm.
    Ein Mausklick, und neue Bilder tauchten auf. Er studierte sie einen Moment, verglich sie dann mit dem Bild in seinem Kopf. Er klickte erneut. Das machte er jetzt seit Stunden.
    Neue Bilder tauchten auf. Er scrollte weiter.
    Auf dem College hatte er eine Faszination für Schädel entwickelt. Er verbrachte Stunden damit, die Fotos anzustarren: Homo habilis, Homo ergaster, die zahlreichen und unterschiedlichen Australopitheci . Jede Art hatte ihren eigenen Holotypus im Museum – die Reste eines einzigen, diagnostischen Individuums sollten die gesamte Spezies repräsentieren. Alle zusätzlichen Exemplare existierten definitionsgemäß nur als Abweichung von diesem Holotypus und wurden in gewisser Weise von ihm definiert. Paul erreichte schließlich einen Punkt, wo er nicht nur die Spezies erkannte, sondern auch die einzelnen Exemplare selbst. Das Taung-Kind, Sangiran17 und Atapuerca 5. Er erkannte sie auf den ersten Blick. Da war zum Beispiel das rätselhafte Lusaka-Exemplar: der Holotypus für eine seltene anthropologische Spezies, deren gesamte Existenz in der wissenschaftlichen Literatur ausschließlich auf der Inter pretation eines einzelnen Unterkieferknochens beruhte. Manchmal waren der ganze Holotypus und das Ausstellungsstück identisch …
    In einer Vorlesung hatte ein Professor einmal gefragt, ob jemand den Schädel bezeichnen könne, der vom Projektor auf die Leinwand geworfen wurde. Paul hatte die Hand gehoben. »Das ist Amud 1«, hatte er geantwortet. Der Professor hatte überrascht geblinzelt. Er hatte als Antwort »Neandertaler« erwartet. Die Neandertaler waren eine uralte Population von Menschen gewesen, die einst über ganz Europa, Westasien und den mittleren Osten verbreitet war. Sie waren eine ethnische Gruppe. »Verschiedenartig«, hatte der Professor gesagt, »aber nicht mehr länger existent.«
    Ob ihre Art ausgestorben oder in anderen aufgegangen war, darüber wurde längst nicht mehr debattiert. Ihre Gene kamen nur sehr geringfügig in den meisten Völkern nördlich des Roten Meeres vor; es war eine kleine, aber durchaus messbare Beimischung, die unterschiedlich interpretiert wurde.
    Im Sommer zwischen seinem Conditia und seinen beiden ersten Jahren an der Universität war Paul auf Reisen gegangen und hatte ein halbes Dutzend Museen besucht, weil er die Knochen selbst in Augenschein nehmen wollte. Er hatte bereits gelesen, was andere Wissenschaftler davon hielten. Er hatte ihre Theorien verinnerlicht, wusste, dass sie sich im Laufe der Zeit gewandelt hatten und auch sehr wahrscheinlich wieder ändern würden. Nur die Knochen selbst waren unveränderlich.
    In seinem zweiten Anatomiejahr hatte derselbe Professor am Anfang der Vorlesung fünf verschiedene Schädel auf einen Tisch gelegt.
    »Jeder dieser Schädel wurde auf einem anderen Kontinent ausgegraben«, erklärte der Professor. »Ich möchte, dass Sie mir sagen, von welchem Kontinent

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