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Gottes Gehirn

Gottes Gehirn

Titel: Gottes Gehirn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Johler , Olaf-Axel Burow
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und unterbrach damit das Schweigen.
Troller hatte auf einmal das Gefühl, dass der Boden unter ihm leicht bebte. Sie mussten hier weg. Die Menschen und die Tiere, die San Francisco fluchtartig verlassen hatten, waren klüger gewesen als Jane und er.
„Was mich beunruhigt“, fuhr Rubinowitz fort, „ist die Sieben.“
„Die – was?“
„Die Sieben“, wiederholte Rubinowitz. „Wir müssen davon ausgehen, dass Adams – oder wer auch immer es für ihn macht – bereits sechs Gehirne in seiner Schüssel hat. Was meinen Sie, wie viele er noch braucht?“
„Keine Ahnung“, sagte Troller. „Aber warum soll er nicht so weitermachen, wenn er einmal damit angefangen hat.“
„Und doch kann es sein, dass bei sieben Schluss ist.“
„Warum erst bei sieben“, sagte Jane. „Warum nicht schon bei sechs?“
„Weil sieben die Zahl der Vollkommenheit ist.“
Troller fing Janes skeptischen Blick auf. Auch er selbst hatte auf einmal so ein Gefühl von Ratlosigkeit. Es war schon schwer genug, sich mit der Mischung aus rationaler Wissenschaft, Mythologie und Buddhismus anzufreunden, die Rubinowitz ihnen gerade aufgetischt hatte. Nun kamen offenbar auch noch mysteriöse Zahlenspekulationen ins Spiel.
„Ich spreche von der Kabbala“, fuhr Rubinowitz unbeirrt fort, „die aber nichts anderes ist als die Zusammenfassung der alten jüdischen Weisheiten, tief gefühlt, tief erlebt, tief gedacht in Jahrtausenden. Wieso sollte diese Weisheit sich vor einem Rationalismus verstecken, der erst lausige vierhundert Jahre alt ist?“
„Kommen Sie“, sagte Jane. „Reden Sie nicht drum herum. Was hat es mit der Sieben auf sich?“
„Ich sagte es ja schon. Sieben ist die Zahl der Vollkommenheit. Werfen Sie nur einen Blick in das lebendige Buch der Natur, und Sie finden die Sieben in nahezu allen Bereichen. Da haben wir die sieben Farben des Regenbogens, die sieben Tage der Woche, die sieben Perioden der chemischen Elemente, die sieben Kristallsysteme, aber auch die sieben Töne der Oktave. In sieben Tagen hat Gott die Welt erschaffen. Sie hat sieben Etagen. Obwohl äußerlich physischer Natur, ist das Universum seinem Wesen nach geistige Substanz, sagt die Kabbala. Das Universum ist das Haus Gottes. Der Mensch wohnt darin. Sieben ist die kosmische Zahl. Alles ist nach ihr geregelt und aufgebaut – der Himmel, die Schöpfung, der Mensch und sogar das Licht. Die Sieben ist auch die Schlüsselzahl der Apokalypse: sieben Geister Gottes, sieben Gemeinden, sieben Sendschreiben, sieben Lichter, sieben Posaunen, sieben Siegel, sieben Todsünden, sieben Sakramente . . .“
„Genug!“, sagte Jane. „Sagen Sie endlich, worauf Sie hinauswollen.“
„Aus der ursprünglichen Einheit des göttlichen Geistes hat sich die Welt bei ihrer Entstehung in sieben Dimensionen aufgeteilt, so wie das eine weiße Licht sich durch die Brechung im Prisma in sieben Farben auseinander faltet. Wenn nun – ich rede von einer Möglichkeit, aber von einer, die wir ernst nehmen sollten –, wenn nun die sieben Farben erneut auf ein Prisma treffen, auf ein Prisma, das sie bündelt, dann entsteht wieder das ursprüngliche weiße Licht. Das Licht der Vollkommenheit.“
„Was Sie meinen, ist aber nicht nur das Licht“, sagte Troller.
„Was ich meine, ist die Sieben in allem“, sagte Rubinowitz. „Die Einheit der sieben Geister Gottes.“
„Aber irgendjemand baut Gehirne zusammen“, sagte Jane. „Das sind doch nicht die Geister Gottes.“
„Sind Sie sicher?“ Rubinowitz schaute sie ruhig und fest an, wie jemand, der sich im Besitz der höheren Wahrheit befindet.
„Hilf mir“, sagte Jane verzweifelt zu Troller. „Ich fange an, diesen Quatsch zu glauben.“
„Ich nicht“, sagte Troller, obwohl auch er von Rubinowitz’ Beschwörung der Sieben nicht unberührt geblieben war. Konnte es wirklich nur Zufall sein, dass die Sieben so durchgängig in allen Bereichen der Welt und des Denkens wiederkehrte?
„Es besteht natürlich kein Anlass, davon auszugehen, dass dadurch, dass jemand sieben beliebige Gehirne zusammenbaut, zugleich die sieben Geister Gottes wiedervereinigt werden“, sagte Rubinowitz. „Aber da gibt es noch etwas überaus Erstaunliches. Sie kennen Howard Gardner?“
„Natürlich“, sagte Troller. „Der Intelligenzforscher.“
„Dann wissen Sie auch, dass Gardner sieben Typen von Intelligenz unterscheidet. Er wendet sich damit vor allem gegen die schematische Messung des Intelligenzquotienten und dagegen, dass alle Menschen über den gleichen

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