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Gottes Gehirn

Gottes Gehirn

Titel: Gottes Gehirn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Johler , Olaf-Axel Burow
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Flughafengebäude. Zwar hatte er seine Flugangst weitgehend im Griff, aber etwas mulmig wurde ihm doch immer wieder. Zugleich aber empfand Troller wieder dieses unerklärliche Abenteurergefühl, das sich bei Fernreisen immer noch einstellte, obwohl sie längst zur Normalität geworden waren.
    „Mich von meiner Recherche abzuziehen und auf diese Geschichte anzusetzen.“
Troller antwortete nicht. Er wusste, dass Jane verärgert war, und das zu Recht. Sie hatte in der letzten Zeit an einer Korruptionsaffäre gearbeitet, an deren Ende todsicher wieder das herauskommen würde, was sie einen „Blattschuss“ nannte und was in Politikerkreisen als „die Verantwortung übernehmen“ bezeichnet wurde. Jetzt würde ein anderer den Ruhm für ihre Recherchen ernten.
Ihren Spitznamen trug sie übrigens nicht nur, weil ihr Vorname die Assoziation an das Flintenweib aus dem Wilden Westen nahe legte, sondern weil sie schon eine Menge Leute in wirkliche Kalamitäten gebracht hatte. Vor sechs Jahren hatte sie bei Fazit als Volontärin begonnen, und ihr Ressortchef hatte sie sofort übernommen. „Endlich jemand, der Dampf in den Laden bringt“, hatte er gesagt und sie mit Rechercheaufträgen in aller Welt betraut.
Und Jane hatte ihn nicht enttäuscht. Troller erinnerte sich noch an die Sache mit dem griechischen Reeder, dem sie unglaubliche Verstöße gegen die Sicherheitsrichtlinien nachweisen konnte, die zu katastrophalen Unfällen geführt hatten. Ihr Artikel hatte den letzten Anstoß zu seiner Verhaftung gegeben. Oder an diese Geschichte mit dem argentinischen General. Monatelang hatte sie bei den Müttern der verschwundenen Regimegegner recherchiert, ohne zu einem handfesten Ergebnis zu kommen. Bäumler wollte sie schon zurückrufen, aber sie hatte nicht lockergelassen. Und schließlich hatte sie den entscheidenden Durchbruch erzielt, indem sie zwei Offiziere dazu gekriegt hatte, gegen ihre früheren Vorgesetzten auszusagen. Doch, sie war schon Extraklasse auf ihrem Gebiet. Aber sie lebte auch gefährlich. In Argentinien war sogar ein Mordanschlag auf sie verübt worden.
    Troller hatte bisher kaum etwas mit ihr zu tun gehabt. Er kannte sie nur von den Redaktionskonferenzen, und da war sie ihm immer ein bisschen zu selbstbewusst, zu kaltschnäuzig erschienen. Allerdings – attraktiv war sie auch. Sie war schlank, mittelgroß, hatte halblanges gelocktes Haar, lebendige braune Augen und einen Mund, der zugleich sinnlich und entschlossen wirkte. Schade, dass sie nicht mal lachte oder wenigstens lächelte.
    Vor ungefähr zwei Stunden war sie direkt aus München am Frankfurter Flughafen eingetroffen. Troller hatte sie abgeholt und war gleich mit ihr zum Check in nach Los Angeles gegangen. Seitdem hatte sie fast ununterbrochen geflucht und dabei vor allem Troller, Bäumler und das ganze „Mistblatt“ zum Teufel gewünscht.
    Trotzdem hatte Troller es geschafft, sie mit den wesentlichen Punkten der ganzen Geschichte vertraut zu machen, und er hatte sogar das Gefühl gehabt, dass sie im Begriff war, Feuer zu fangen, auch wenn sie es noch nicht zugeben wollte.
    „Bist du denn nicht froh, mal wieder nach Hause zu kommen?“, fragte er, als der Jumbo seine endgültige Flughöhe erreicht hatte.
„Nach Hause?“, sagte Jane. „Ich weiß gar nicht, wo das ist.“
„Ich dachte, du bist in den Staaten aufgewachsen?“
„Ich bin in der ganzen Welt aufgewachsen. In Madrid, Tokio, Nairobi, Buenos Aires und was weiß ich, wo noch.“
„Seid ihr so viel rumgereist?“
„Mein Vater ist Diplomat. Die längste Zeit, die wir mal an einem Ort verbracht haben, war dreieinhalb Jahre.“
„Muss ziemlich anstrengend gewesen sein.“
„Hatte Vor- und Nachteile“, sagte Jane. „Aber als Kind bin ich am liebsten bei meinen Großeltern gewesen.“
„Und wo war das?“
„Kennst du sowieso nicht.“
„Und wenn doch?“
„Nobody knows Bozeman, Montana.“
„Es gibt dort einen Flughafen.“
„Flughäfen gibt’s überall in den Staaten.“
„Wenn man in den Yellowstone Park will, kann man sich da ein Auto mieten. Kann sogar sein, dass Robert Alt von dort aus in den Park gefahren ist, um sich von den Kojoten fressen zu lassen.“
„Who the fuck is Robert Alt?“
„Einer von der 98er-Serie.“
„Das mit dieser Serie ist mir sowieso nicht klar. Ich meine, der Zusammenhang zwischen den Unfällen damals und den Morden an Eklund und Kranich.“
„Es könnte eine Art Wiederholung sein. Der Beginn einer neuen Serie.“
„Damals waren es Unfälle.

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