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Gottes Gehirn

Gottes Gehirn

Titel: Gottes Gehirn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Johler , Olaf-Axel Burow
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Melodie mit, und ein Glücksgefühl, wie ich es niemals vorher – und niemals nachher – empfunden habe, durchströmt mich. Ich wachte auf und wusste: Es handelte sich um Sphärenklänge, um einen kosmischen Sound. Leider habe ich die Melodie vergessen. Aber alles, was ich seitdem gemacht habe, geschieht auf der Suche nach dieser Melodie.“
„Können Sie diese Melodie beschreiben?“
„Ich weiß nicht. Ich weiß nur, dass sie vollkommen war wie eine Kantate von Bach oder ein Pr´elude von Chopin. Aber irgendwas stimmte nicht. Die Töne klangen ein wenig unrein oder besser: wie aus einer anderen Welt. Ich spürte sofort, dass in meinem Traum eine tiefe Wahrheit verborgen war.“
Blake nahm einen Schluck Kaffee. Seine Augen hatten ein jungenhaftes Funkeln bekommen, und jetzt auf einmal strahlte er auch die Lebendigkeit aus, die Troller von ihm erwartet hatte.
„Dieser Traum“, fuhr er fort, „ließ mich nicht mehr los. Ich wusste, dass in ihm eine Botschaft verborgen war. Doch worin lag die Botschaft? Wofür stand die Wüste? Und wofür die Oase? Erst mit der Zeit wurde mir klar, dass die Wüste für unsere gegenwärtige Wissenschaft steht. Jede Menge Erkenntnisse, die aber tot bleiben, weil sie nicht organisch in das größere Ganze der Schöpfung eingebunden sind. Was ist der Sinn einer Wissenschaft, die sich nicht um die wirklichen Probleme der Menschheit kümmert? Mir wurde klar: Mit meinem Erfolg, der ein unverdientes Geschenk war, hatte ich zugleich die Verpflichtung, mich aus dem Denkgefängnis traditioneller Wissenschaft zu befreien. Verstehen Sie, ich bin nicht religiös, aber ich glaube daran, dass jeder von uns einen eigenen Auftrag hat und einer inneren Bestimmung folgen muss. Meinen Auftrag empfing ich durch diesen Traum. Und so entwickelte ich die Idee eines neuartigen Begegnungszentrums, in dem die Grenzen herkömmlicher Wissenschaft gesprengt werden sollten.“
Blake hielt inne, lächelte beinahe verschämt und sagte:
    „Das alles klingt vielleicht ein bisschen größenwahnsinnig für einen jungen Wissenschaftler. Das war es wohl auch. Ich wurde angefeindet, wie es immer passiert, wenn jemand wagt, etwas wirklich Neues zu denken. Aber ich sagte mir: Wenn ich aus meinem unverhofften Glück nichts mache und mich nicht traue, große Fragen zu stellen, statt kleine Probleme zu lösen, wer sollte dann einen Schritt nach vorn gehen?
Also habe ich dieses Zentrum gebaut und eine Theorie der transdisziplinären Begegnung entwickelt.“
„Syntopie“, sagte Troller.
„Syntopie.“ Blake nickte zustimmend. „Syntopie ist der Kern meines Traums und der Schlüssel zum Überleben der Menschheit. Es meint eine Begegnung von Menschen unterschiedlichster Denkungsart,
die sich in kreativer Weise ergänzen und so über sich hinauswachsen. Das wäre die Oase in der Wüste, die die zersplitterte Wissenschaft in meinen Augen darstellt. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir – wenn es uns gelänge, die Wissenschaften wieder zu vereinen – eine völlig neue Stufe der menschlichen Entwicklung erreichen würden.“
    „Sie haben dann dieses Institut gegründet?“
„Ja. Ich habe zunächst exzellente Biologen aus aller Welt eingestellt, damit das Institut in der Scientific Community ernst genommen wurde. Naiv wie ich damals war, gab ich dem Institut eine demokratische Verfassung. Ich dachte, die dialogische Kultur funktioniert nur, wenn wir sie hier beispielhaft praktizieren. Und was ist passiert?“
    „Es kam zu Auseinandersetzungen und...“ Troller stockte. „Sagen Sie es nur: Ich bin ein Aushängeschild, ohne jeden Einfluss. Als ich Ernst machen wollte mit der Syntopie, als ich Wissenschaftler aus den unterschiedlichsten Disziplinen einstellen wollte, hat mich die Institutskonferenz entmachtet. Demokratisch, versteht sich. Alles demokratisch. Die Kollegen wollten ihre gewohnte wissenschaftliche
Forschung machen. Sie scheuten das Risiko. Sie hielten mich für einen Spinner. Ich hätte es wissen müssen! Ich hätte wissen müssen, dass Wissenschaftler insbesondere Naturwissenschaftler in ihrer Mehrzahl konservativ sind. Man machte mich zum Ehrenpräsidenten und gab mir dieses Zimmer.“
„Sie waren eben ihrer Zeit voraus“, sagte Troller.
„Ich war völlig niedergeschlagen“, sagte Blake, ohne auf Trollers Bemerkung einzugehen, „aber dann wurde ich trotzig. Jetzt gerade, sagte ich mir. Und endlich, 1995, machte ich einen neuen Versuch, meinen Traum in die Wirklichkeit umzusetzen.“
„Mit dieser

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