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Gottes Gehirn

Gottes Gehirn

Titel: Gottes Gehirn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Johler , Olaf-Axel Burow
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auf andere Körper zu setzen. Und nun behauptet er, er könne das auch mit Menschenköpfen machen. Mir kommen diese Neurochirurgen immer etwas barbarisch vor, finden Sie nicht?“
„Was hat das mit dem Einfrieren von Embryonen zu tun?“, fragte Jane.
„Er muss die Temperatur herabsetzen, da ist die Verbindung. Das Gehirn stirbt ab, wenn es nicht permanent mit Blut versorgt wird. Aber wenn man die Temperatur absenkt, dann gewinnt man Zeit.“
„Hat White nicht sogar behauptet, er könne Gehirne transplantieren?“, sagte Troller.
„Nein“, sagte Jackson, „er hat nur behauptet, man würde es irgendwann einmal können. Aber Sie wissen ja, was es bedeutet, wenn Wissenschaftler behaupten, Sie könnten irgendetwas irgendwann.“
„Sie meinen, er kann es schon?“
„Ich meine, man weiß es nicht. Entweder ist es Gefasel, oder er kann es tatsächlich. Wissenschaftler sind manchmal hemmungslose Aufschneider, sie müssen es sogar sein, mit Bescheidenheit bekommen sie keine Forschungsgelder – aber manchmal verstehen sie es auch, sich zu verstecken. Vor allem, wenn es politisch nicht opportun ist, zu sagen, was sie bereits können.“
„Und Eklund?“, sagte Jane.
„Was ist mit dem?“, fragte Jackson misstrauisch.
„Irgendjemand hat ihm irgendwann das Gehirn herausoperiert und ist damit davon spaziert.“
„Ich wüsste nicht, was Dr. White damit zu tun haben sollte.“
„Vielleicht wollte er irgendeinem Affen das Gehirn eines Nobelpreisträgers verpassen.“
„Nein“, sagte Jackson. „Das glaube ich nicht.“
„Warum nicht? Weil der Schädel des Affen zu klein ist?“
„Ich glaube nicht, dass White etwas damit zu tun hat.“
    „Warum nicht?“
    „Ich kann es Ihnen nicht sagen.“
    „Sie können nicht oder Sie wollen nicht?“
„Danke“, sagte Jackson, stand auf und blieb kerzengerade hinter seinem Schreibtisch stehen. Sein Gesicht war wie versteinert, die Fingerspitzen ruhten auf der Tischplatte. „Es hat mich gefreut, Sie kennen gelernt zu haben.“
Jane stand ebenfalls auf. Sie machte eine ratlose Geste in Richtung Troller. Troller blieb sitzen, als wäre nichts geschehen.
„Sie wissen ja, wo es hinausgeht“, sagte Jackson.
„Es war Ihr Problem“, sagte Troller ruhig, „nicht unseres. Sie haben davon angefangen.“
„Tut mir Leid“, sagte Jackson. „Aber meine Zeit ist begrenzt.“
„Sie hatten uns zwei Stunden zugesagt“, sagte Troller immer noch ruhig. „Exakt zwei Stunden.“
„Für ein Interview über meine Arbeit“, sagte Jackson. „Nicht für irgendwelche indiskreten Fragen.“
„Ich kann mich nur wiederholen“, sagte Troller. „Die Sache mit Dr. White und seinen Kopftransplantationen haben Sie selbst ins Gespräch gebracht.“
Jackson blieb zunächst mit unbeweglicher Miene hinter seinem Schreibtisch stehen und blickte hinunter auf den mit übergeschlagenen Beinen dasitzenden Troller, dann zu Jane, die in ihrem Jil-Sander-Kostüm elegant und wunderschön aussah, dann wieder zu Troller. Schließlich erschien ein nahezu anerkennendes Lächeln auf seinem Gesicht. „Also gut“, sagte er und setzte sich wieder zurück in seinen Sessel. „Was wollen Sie noch wissen?“
„Schritt eins: Invitro-Fertilisation“, sagte Troller. „Schritt zwei: Kryopräservation. Schritt drei: Genmanipulation. Damit wären wir bei Ihrem Metier.“
„Dolly“, sagte Jackson. „Ein kleines Schaf hat es geschafft, unsere Vorstellung vom Leben für immer zu verändern. Am 27. Februar 1997 wurde uns ein sechs Monate altes Schaf vorgestellt, das aus einer Zelle geklont worden war, die man dem Eutergewebe eines erwachsenen Schafes entnommen hatte.“
„Aus dem Eutergewebe?“, sagte Jane.
„Genau das war die Sensation. Bis zu jenem Zeitpunkt waren wir alle davon überzeugt, dass neues Leben – im speziellen Sinne eines bewussten Seins – seinen Ursprung in einem Embryo haben muss, der aus der Fusion zweier Keimzellen hervorgegangen ist, aus der Eizelle der Mutter und der Samenzelle des Vaters.“
„Und nun auf einmal Euter“, sagte Jane noch einmal kopfschüttelnd.
„Es hätte auch Niere sein können. Oder Leber, Haut, Blut. Jede Zelle, egal wo sie sich befindet und wie sie sich spezialisiert hat, enthält ja das gesamte Erbmaterial. Es werden allerdings nur jeweils ganz bestimmte Teile davon aktiviert. Das besorgen übrigens bestimmte Proteine, die manche für noch wichtiger halten als die Gene.“
„Die Keimzelle“, sagte Jane, „ist also, wenn ich es richtig verstanden habe, der Joker,

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