Gottes Gehirn
kennen, oder?“
„Sie haben vollkommen recht. Nur – wenn man schon mal dabei ist, dann wird man sich natürlich auch nicht blind stellen. Nehmen wir an, da ist ein lesbisches Paar, Joanne und Belinda, und die beiden wünschen sich unbedingt ein Kind.“
„Warum adoptieren sie keines?“, sagte Jane.
„Haben Sie Vorurteile gegen lesbische Paare?“, fragte Jackson indigniert.
„Um ehrlich zu sein, ich hab was gegen diesen Typ von kernigen Frauen, die sich extra unterwürfige Mädels suchen, um sie dann genauso zu patronisieren wie Ehemänner ihre Frauen. Warum müssen die auch noch Kinder kriegen?“
„Ich will Ihnen etwas sagen“, sagte Jackson streng. „Wir Amerikaner sind zutiefst davon überzeugt, dass die Freiheit des Individuums das höchste Gut ist. Und wenn Joanne und Belinda, die in einer festen Beziehung zusammenleben, den sehnlichen Wunsch nach einem gemeinsamen Kind haben, dann sollten wir den beiden nicht vorschreiben, dass sie ein Kind adoptieren sollten. Das Vorhandensein fremder Gene beim eigenen Kind kann durchaus Ursache emotionaler Schmerzen sein.“
„Mir kommen schon wieder die Tränen.“
„Das ist Ihr Problem“, sagte Jackson. „Aber“, fügte er in einem etwas sanfteren Ton hinzu, „darf ich Sie fragen, warum Sie kein Kind haben?“
„Vielleicht hab ich noch nicht den richtigen Mann gefunden.“
Würde gern wissen, was für ein Kandidat das sein muss, dachte Troller.
„Aber Sie könnten doch auch allein ein Kind haben“, sagte Jackson. „Sie könnten sogar, wenn wir mit dem Klonen so weit wären, eine Ihrer eigenen Hautzellen mit einer Ihrer eigenen Eizellen kombinieren und sich den Klon Ihrer selbst in die eigene Gebärmutter einsetzen lassen. Aber warum, wenn wir schon dabei sind, Ihnen einen Embryo einzupflanzen, sollten wir uns nicht sicherheitshalber seine DNA ein wenig anschauen? Oder hätten Sie etwas gegen eine genetische Präimplantationsdiagnose, mit der wir überprüfen, ob die kleine Jane auch wirklich okay sein wird? Und was spräche dagegen, ihr bei der Gelegenheit schon mal ein kleines Gen einzupflanzen, das sie gegen HIV immunisiert? Oder wollen Sie etwa, dass ihre Jane sich eines Tages mit dem Aids-Virus infiziert?“
„Nein, natürlich nicht.“
„Sehen Sie, und so wird es weitergehen. Niemand kann ernsthaft etwas dagegen haben, wenn wir unsere Kleinen davor schützen, Diabetes zu bekommen oder Mukoviszidose oder Fettsucht oder Sichelzellenänamie. Und wenn man sie schon dagegen schützt, krank zu werden, warum sollte man sie nicht auch davor bewahren, hässlich zu werden oder dumm? Und mit einem Male sind wir bei der genetischen Verbesserung des Menschen. Ob wir das wollen oder nicht, es wird sich nicht vermeiden lassen.“
„Schöne neue Welt“, sagte Jane.
„Falsch“, sagte Jackson. „Mit der schönen neuen Welt von Huxley wird das alles nur bedingt zu tun haben. Wissen Sie, was der entscheidende Unterschied ist?“
Troller schüttelte den Kopf. Jane schaute Jackson ruhig an und verzog keine Miene.
„Dann will ich es Ihnen sagen: In Huxleys Utopie ist es der Staat, der die Sache in die Hand nimmt. Aber so wird es nicht kommen. Das Zeitalter der totalitären Staaten ist vorbei. Es wird der Markt sein, der zum Durchbruch der neuen Techniken führt. Was sollte der Staat auch für ein Interesse daran haben, sich irgendwelche Alpha , Beta-, Gamma- oder Deltamenschen zu züchten? Nein, es sind die Individuen, die sich Kinder wünschen, und die, auch wenn die Natur es ihnen verwehrt hat, alles dafür tun werden, welche zu bekommen. Heterosexuelle Paare, die unfruchtbar sind; lesbische Paare, schwule Paare; Frauen, die ein Kind haben wollen, aber keinen Mann. Oder auch Männer, die ein Kind haben wollen, aber keine Frau. All diese und noch viele andere höchst achtenswerte Motive wird es geben, um sich an eine Klinik zu wenden, die sich auf die Invitro-Fertilisation, auf das Klonen und schließlich auch auf die genetische Veränderung versteht.“
„Und Ärzte dafür wird es genug geben“, sagte Jane.
„Worauf Sie sich verlassen können“, sagte Jackson. „Sie alle warten nur darauf, endlich loslegen zu dürfen. Legal loslegen, wenn Sie wissen, was ich meine.“
„Sie meinen, es wird schon gemacht?“
„Aber sicher. Natürlich wird es gemacht. Wer sollte das kontrollieren? Können Sie ein geklontes Kind von einem natürlich gezeugten unterscheiden? Und wo es Geld zu verdienen gibt, sind immer genügend Leute zur Stelle. Schon zwei Wochen nach der
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