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Gottes Gehirn

Gottes Gehirn

Titel: Gottes Gehirn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Johler , Olaf-Axel Burow
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der alles kann. Die spezialisierte Zelle dagegen ist beschränkt.“
„Korrekt“, sagte Jackson. „Und diese Schranken muss man beseitigen.“
„Wie machen Sie das?“, fragte Jane.
    „Sie nehmen eine x-beliebige Zelle, rupfen die Doppel-Helix heraus und packen sie in eine Eizelle?“
„Nein“, sagte Jackson. „Das geht nicht. Erstens aus technischen Gründen, weil dabei die Doppel-Helix in Stücke zerbrechen wurde. Und zweitens darf die Eizelle kein eigenes genetisches Material mehr besitzen, wenn Sie einen Klon erzeugen wollen. Sie müssen Sie entkernen.“
„Mit anderen Worten“, sagte Troller, „man nimmt eine kernlose unbefruchtete Eizelle und bringt sie mit einer Spenderzelle aus dem Euter, aus der Haut oder woher auch immer zusammen.“
„Exakt“, sagte Jackson. „Und soll ich Ihnen sagen, warum das so schön klappt? Weil die unbefruchtete Eizelle voll von Signalproteinen ist, die geduldig darauf warten, sich auf die nackte DNA einer sie befruchtenden Samenzelle zu stürzen. Wenn ein solches Ei nun statt der Samenzelle den Spenderzellkern einer anderen Zelle bekommt, dann erkennen die Signalproteine den Unterschied nicht und versuchen mit demselben Eifer, die DNA der Spenderzelle in ihrem Sinne zu steuern. Als ob sie es mit einer Samenzelle zu tun hätten.“
„Die getäuschte Eizelle“, sagte Jane.
„Oder die allzu gierige, ganz wie Sie wollen. Jedenfalls hat mit Dolly eine Zukunft begonnen, von der wir bisher nur die Umrisse ahnen können.“
„Das eugenische Zeitalter, wie Jeremy Rifkin es nennt.“
„Ach, Rifkin“, sagte Jackson mit unüberhörbarer Verachtung in der Stimme. „Es gibt immer Leute, die zu allem, was neu und aufregend ist, ihre Kassandrarufe ausstoßen. Damit kann man auch eine Menge Geld verdienen.“
„Um noch einmal Rifkin zu zitieren: Es ist ein schreckliches Verbrechen, eine Xerox-Kopie eines Menschen herzustellen.“
„Selten etwas Dümmeres gehört. Schauen Sie: Ein Klon ist vielleicht genetisch gesehen ein Zwilling, aber er kann und wird in einer anderen Umgebung aufwachsen und in einer anderen Zeit. Wenn Sie“, sagte Jackson an Jane gerichtet, „morgen ein geklontes Kind zur Welt bringen würden – wer würde schon wissen, dass dieses Baby so aussieht, wie Sie einmal ausgesehen haben? Und wenn es nach zwei oder drei Jahrzehnten so aussieht wie Sie jetzt, dann werden Sie, so bedauerlich das auch ist, schon wieder anders aussehen. Ein Klon ist zwar genetisch ein Zwilling, aber ein später geborener, das macht die Sache so verwirrend. Und wir werden ja nicht bloß durch unsere Gene geprägt. Die Menschen, denen Ihre Klon-Tochter begegnen wird, werden andere sein als die, denen Sie in Ihrer Kindheit begegnet sind; die Stadt, in der sie lebt, ist möglicherweise eine andere; die Wohnung, die Haustiere, die Mitschüler, das Klima, die Technik – das alles prägt doch den Menschen. Es hat einen Einfluss auf unsere Gesichtszüge, unsere Köperhaltung, ja, sogar auf die Architektur unseres Gehirns! Mit anderen Worten: Ihre genetisch identisch ausgestattete Tochter wird mit Sicherheit ein ganz anderer Mensch werden, als Sie es sind. Was soll da dieses Xerox-Gerede. Damit macht man den Menschen doch nur Angst.“
„Interessant“, sagte Troller, „wie die Genetiker auf einmal die Bedeutung der Umwelt entdecken. Früher, als es darum ging, ihre Wissenschaft zu etablieren, haben sie sich mit den Sozialwissenschaftlern die heftigsten Kämpfe geliefert und darauf gepocht, dass alles aus den Genen zu erklären sei. Heute, wo es darum geht, die möglichen Gefahren ihrer Wissenschaft herunterzuspielen, werden sie soziologischer als die Soziologen.“
„Wollen Sie etwa den Einfluss der Umwelt leugnen?“
„Nein, nein. Ich bewundere nur Ihre Flexibilität.“
„Ist es denn überhaupt möglich, Menschen zu klonen?“, fragte Jane. „Ich meine: heute schon?“
„Wir haben Affen geklont“, sagte Jackson.
„Und?“
„Was mit Affen geht, geht auch mit Menschen. Schließlich sind Menschen nichts als glorifizierte Affen – wenigstens im embryonalen Stadium der Entwicklung.“
„Wie hoch war Ihre Fehlerquote?“, fragte Troller.
„Ich verstehe nicht.“
„Ich habe Ian Wilmut interviewt, den Schöpfer von Dolly. Er sagt, nur zwei Prozent der Klone seien lebensfähig. Der Rest stirbt vor oder nach der Geburt oder weist erhebliche Missbildungen auf. Er hat mir zum Beispiel von einem Klonschaf erzählt, das unter Hyperventilisation litt. Es hechelte wie ein Hund. Es litt.

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