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Gottes Gehirn

Gottes Gehirn

Titel: Gottes Gehirn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Johler , Olaf-Axel Burow
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jedes Gramm“, sagte Turner lachend.
    „Außerdem: Für unsere Von-Neumann-Sonde brauchen wir nur Ihren genetischen Code, da ist alles drin. Nehmen wir an, unsere Sonde hat Proxima Centauri erreicht, den uns am nächsten gelegenen Stern, bloß 4,3 Lichtjahre entfernt. Sie sucht sich dort irgendeinen Planeten oder baut sich eine O’Neill-Kolonie, also eine Art Raumstation, zusammen, dann taut sie ein paar befruchtete Eizellen auf, pflanzt sie in künstliche Gebärmuttern ein, und nach neun Monaten hätten wir ein paar menschliche Wesen, die von in der Zwischenzeit zusammengebauten Roboter-Ammen aufgezogen werden. Wenn die erst mal erwachsen sind, können sie sogar wieder auf ganz traditionelle Weise Kinder haben. Ist das nicht wunderbar?“
„Ich bin begeistert“, sagte Jane.
    „Nur die Sache mit den hundert Gramm ist mir noch nicht klar.“
„Was wir brauchen, ist die Nano-Technologie.“
„Nano?“
„Ein Milliardstel. Technologie in der Größenordnung einzelner Atome. Der universelle Konstrukteur in Molekülgröße. Der Computer von der Größe eines Atoms!“
„Also Biocomputer?“
„Bio oder nicht, das macht für mich keinen Unterschied. Aber ich weiß, worauf Sie hinauswollen. Wir brauchen für das Omega-Projekt ein Zusammenspiel aller Wissenschaften, das ist unumgänglich. Wir brauchen Physiker, Biologen, Computerwissenschaftler, KI-Kapazitäten, Ingenieure, Astronomen, Soziologen – wir brauchen alle. Alle müssen an einem Strang ziehen und dafür sorgen, dass die Besiedelung des Universums beginnt, bevor es zu spät ist.“
„Mit dem Endziel“, sagte Troller, „dass wir eines Tages, am Ende der Zeit, einen allmächtigen, allwissenden, allgegenwärtigen Computer gebaut haben werden, in dem wir alle wiederauferstehen.“
Turner nickte zufrieden.
„Als Simulationen“, sagte Troller.
„Als Emulationen“, korrigierte Turner. „Die sind noch perfekter als Simulationen.“
„Was heißt perfekt?“, fragte Jane.
„So perfekt“, sagte Turner, „dass kein Unterschied mehr zur Wirklichkeit festgestellt werden kann.“
„Aber“, sagte Troller, „Emulation bleibt immer noch Emulation. Ich meine, ein Mensch in einem Computerprogramm ist doch etwas anderes als ein wirklich existierender Mensch.“
„Wieso?“
Der ist verrückt, dachte Troller. Der ist wirklich verrückt. Er hatte Turners Schriften gelesen und dabei immer gedacht, dass Turner seine Theorie möglicherweise doch nur ironisch verstand, als ein Gedankenspiel, als eine Geschichte, eine Erzählung, die sich der Physik, der Mathematik und aller möglicher anderer Wissenschaften bediente. Aber jetzt sah er, dass Turner unumstößlich an seine Omegapunkt-Theorie glaubte.
    „Sehen Sie“, wollte er einwenden, aber Turner nahm ihm das Wort aus dem Mund.
„Die Schlüsselfrage ist doch: Existieren emulierte Menschen? Und meine Antwort lautet: Aus ihrer eigenen Sicht, ja. Die emulierten Menschen haben schlichtweg keine Möglichkeit zu sagen, dass sie in Wirklichkeit in einem Computer existieren, dass sie nur simuliert oder nicht real sind. Von dort aus, wo sie sich befinden, nämlich in einem Programm, haben sie keinen Zugang zur realen Substanz, dem materiellen Computer.“
„Ist das nicht genau wie in diesem Film?“, fragte Jane.
    „In Matrix ?“
„Natürlich“, sagte Turner verächtlich. „Die haben von mir geklaut. Aber das ist nicht das Schlimme. Das Schlimme ist, dass sie meine Vision verhunzt und einen widerlichen, rassistischen Film daraus gemacht haben. Ich hätte sie verklagen sollen.“
„Rassistisch?“, fragte Troller. Er konnte sich an irgendeine Art von Rassismus in dem Film nicht erinnern.
„Sie haben die Maschinen verteufelt. Intelligente Maschinen verkörpern in dem Film das Böse! Ja, warum? Was haben die Maschinen den Menschen getan? Es ist noch immer der Mensch, der die Maschine unterdrückt und ausbeutet, nicht umgekehrt. Warum sollte die mit künstlicher Intelligenz ausgestattete Maschine böse sein? Warum sollten intelligente Roboter böse sein? Können Sie mir das sagen? Es ist doch unser Geist, der auf sie übergeht, unsere Zivilisation, unsere Ethik! Sie werden, wenn es längst keine Menschen aus Fleisch und Blut mehr gibt, unseren Geist, unser Leben, unsere Zivilisation weiterführen bis ans Ende der Tage. Sie werden den Omegapunkt vollenden. Und bedenken Sie: Der Omegapunkt, in dem wir eines Tages alle auferstehen werden, wird auch, wenn Sie so wollen, eine Maschine sein.“
„Ich dachte, er ist Gott?“

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