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Gottes Gehirn

Gottes Gehirn

Titel: Gottes Gehirn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Johler , Olaf-Axel Burow
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Turner nickte.
„Dann ist Gott eine Maschine?“, sagte Jane und schaute ihn ungläubig an.
Turner nickte erneut.
„Sagen Sie . . .“, Jane zögerte weiterzusprechen und schien sich ihre Frage noch einmal genau zu überlegen, „wenn eine Emulation nicht weiß, in welcher Weise sie existiert – woher wissen dann wir, dass wir nicht auch nur Emulationen sind?“
„Wir wissen es nicht“, sagte Turner. Er lehnte sich in seinem Stuhl, der eine bewegliche Rückenlehne hatte, weit zurück und legte die Stirn in Falten. Dann richtete er sich auf und schob seinen Oberkörper nach vorn, sodass er Jane sehr nahe kam: „Das ist mein voller Ernst, wir wissen es nicht. Nur – was sollen wir machen? Wir können doch nicht sagen: Wir sind bereits Emulationen, also wird uns am Ende der Zeit nichts passieren. Oder: Wir sind schon auferstanden, also brauchen wir nicht wieder aufzuerstehen.“ Er hielt inne, erhob sich von seinem Stuhl, lief zwischen seinen Computern herum, drehte sich schließlich einmal um die eigene Achse und schaute Jane eindringlich an: „Es kann ja sein, dass es so ist – aber was, wenn nicht? Dann geht das Leben zugrunde, ohne im Omegapunkt wieder aufzuerstehen. Nein, wir müssen IHN oder SIE vollenden. Außerdem . . .“
„Außerdem?“
„Es ist nur eine Vermutung“, sagte Turner. „Eine Hoffnung. Eine unbewiesene Annahme. Aber, Hand aufs Herz: Können Sie sich vorstellen, dass der Omegapunkt, dass Gott, wenn ER oder SIE schon existierte, Auschwitz zugelassen hätte?“
Nein, dachte Troller. Das kann sich eigentlich niemand vorstellen. Aber was weiß unsereiner schon von IHM oder IHR? Turner ließ sich offenkundig erschöpft in seinen Stuhl fallen, und auf Troller wirkte es so, als sei dies ein Signal dafür, dass er am Ende seines Vortrags angelangt war.
Laut sagte Troller: „Mr. Turner, wir danken Ihnen für dieses Gesprach.“ Er schaltete den Rekorder aus. „Wenn Sie gestatten, möchten wir Ihnen noch ein paar Fragen stellen, die nicht im Zusammenhang mit dem Interview stehen.“
Turner schien erstaunt, lud aber Troller mit einer Handbewegung zum Weiterreden ein.
„Es gibt da nämlich ein paar Merkwürdigkeiten, auf die wir seit unserer Ankunft in den USA gestoßen sind.“
„Merkwürdigkeiten?“
„Wir waren bei Phineas Blake, bei Lennart Lansky, bei Morris Jackson. Alles hoch angesehene Wissenschaftler, die, wie wir inzwischen erfahren haben, an einer Konferenz im August 1995 teilgenommen haben, an der auch Sie beteiligt waren. Manches an dieser Konferenz scheint ziemlich geheimnisvoll zu sein.“
„Ich“, sagte Turner, „habe keine Geheimnisse. Im Gegenteil, ich bin für Transparenz. Nur Transparenz dient dem Fortschritt. Geheimnistuerei behindert ihn. Ich würde allerdings gern den Ort wechseln. Haben Sie nicht auch Hunger? Ich weiß hier in der Nähe ein kleines Restaurant, in dem es eine gute Cajun-Küche gibt. King Prawns, Red Snapper, Catfish und solche Sachen.“
„Gute Idee“, sagte Jane. „Ich hab einen verdammten Hunger. Was essen die Leute eigentlich so im Weltraum?“
    Eine halbe Stunde später saßen sie bei offenem Fenster in einem kleinen Restaurant im French Quarter, blickten auf einen Innenhof, in dessen Mitte auch wieder ein Springbrunnen plätscherte, und tranken gekühlten kalifornischen Chardonnay. Zu viel Oak, dachte Troller, zu viel Geschmack vom Eichenfass, aber was soll’s. Die Amis mögen nun mal keinen Wein, der nach Boden, Traube, Frucht oder sonst was Natürlichem schmeckt. Sie mögen nur diesen Einheitsgeschmack, den sie jedem beliebigen Wein durch ewig lange Lagerung in frischen Eichenfässern aufzwingen. Er probierte noch einmal, um zu prüfen, ob er nicht zu kritisch war.
„Mögen Sie den Wein?“, fragte Turner
„Nicht wirklich“, sagte Troller und erklärte ihm, warum.
„Sie haben recht“, sagte Turner. „Und soll ich Ihnen sagen, warum das so ist? Weil wir Amerikaner uns instinktiv auf die Besiedelung des Weltraums vorbereiten. Das ist kein bewusstes Programm, sondern so etwas wie eine genetisch programmierte Voraussicht. Die Natur besorgt das von allein. Sie ahnt, dass wir auf dem Sprung ins All sind, und sie bildet unsere Geschmacksnerven entsprechend um. Uns schmeckt nur noch genormtes Zeug: Hamburger, Coca-Cola, Popcorn, Weißbrot, Chicken Nuggets. Überhaupt Nuggets aller Art. Egal ob Chicken, Prawns oder Pork – was als Nugget daherkommt, schmeckt alles gleich. Genau das ist es, was wir im Weltraum brauchen.“
„Und die

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