Gottes Gehirn
eine noch der andere machte den Versuch, ihren Cadillac zu überholen. Vielleicht hatten sie ja ihre Freude daran, hinter einem pinkfarbenen Cadillac herzufahren.
„Mich hat die Gitarre auch gerettet“, sagte Troller. „Ich hab damals in den Ferien gejobbt, um sie mir zu kaufen. Dann hab ich wie ein Wahnsinniger geübt und mit Kranich eine Band gegründet. Das war das Einzige, was mir an der Schule gefallen hat.“
„Und warum bist du nicht dabeigeblieben?“
„Ich weiß nicht. Vielleicht war ich nicht mutig genug.“
„Vielleicht hattest du einfach zu wenig Talent?“
Jetzt hatte der Chrysler doch wieder den BMW überholt. Was sollte das? Gehörten die beiden zusammen? Troller beschloss, für eine Weile die Geschwindigkeitsbegrenzung zu übertreten, um zu sehen, ob die beiden ihm folgen würden. „Ich habe nie wieder etwas so gern gemacht wie damals“, sagte er und trat das Gaspedal durch.
Jane hatte auf einmal einen schildpattbesetzten Schminkspiegel in der Hand und zog sich den Lippenstift nach. „Sind die schon lange hinter uns?“
„Fünf Minuten. Mal sehen, ob sie an uns dranbleiben.“
Das Autotelefon klingelte. Jane drückte auf die Taste für die Freisprechanlage, damit Troller das Gespräch verfolgen konnte.
„So ein Leben wie ihr möchte ich auch haben“, sagte Kowalski mit scheppernder Stimme, „ihr macht ’ne Sightseeingtour durch die Staaten, während unsereiner sich in düsteren Archiven mit verstaubten Akten herumschlägt und von Abenteuern in der Ferne träumt.“
„Düstere Archive ist gut“, rief Troller. „Bei dir ist doch alles Hightech.“
„Ich kann dich sowieso nicht verstehen, Troller“, sagte Kowalski, „also spar dir deine Zwischenrufe. Aber was ich sagen wollte: Bäumler reißt euch demnächst den Arsch auf, wenn ihr nicht endlich Resultate liefert.“
„Wir haben Resultate“, sagte Jane. „Ich hab euch doch die Mitschnitte der Interviews gemailt. Was wollt ihr mehr?“
„Dass ihr in die Höhle des Löwen geht.“
„Welche Höhle?“, fragte Jane.
„Welcher Löwe?“, rief Troller.
„Jeff Adams“, sagte Kowalski. „Statt eure Zeit mit Nebenfiguren zu vergeuden, solltet ihr lieber gleich zum Oberboss gehen.“
„An den kommt doch niemand ran“, sagte Jane.
Im Lautsprecher war ein kratzendes Geräusch zu vernehmen.
„Bist du noch da?“
Wieder kam nur das Geräusch, aber Troller wusste jetzt, was es war. Kowalski hatte die Angewohnheit, sich zu räuspern, wenn er etwas ganz Bedeutendes ankündigen wollte.
„Ahäm – ich habe einen Termin.“ Man hörte den Stolz in seiner Stimme.
„Mit Jeff Adams?“, riefen Jane und Troller unisono.
„Yeah. Ich hab meine Kontakte spielen lassen.“
Jane hob die Augenbrauen, sah Troller an und nickte anerkennend. „Klasse, Kowalski.“
„Tja, Leute, ich mag ja nur ein unbedeutender Archivfuzzi sein, aber . . .“
„Halt die Klappe“, rief Jane. „Du bist der Größte. Und du weißt es.“
„Stimmt“, rief Troller. „Das bist du.“
Der Chrysler und der BMW hatten wieder aufgeschlossen. Er war allerdings wegen des Gesprächs mit Kowalski wieder langsamer gefahren.
In der Leitung war es still. Kowalski war ganz versessen auf Lob, aber wenn er es bekam, wusste er nicht so recht, was er damit anfangen sollte.
„Wir haben auch einen Termin für dich“, sagte Jane.
„Und?“
„Wenn wir aus dieser Sache heil rauskommen, dann kannst du dir eine Woche lang die Restaurants aussuchen.“
Wieder war Schweigen in der Leitung.
„Lebst du noch?“
„Ich suche gerade ein Taschentuch“, sagte Kowalski.
„Okay“, sagte Jane, „wir warten so lange.“
Troller sah jetzt, wie eine schwere Harley Davidson erst den BMW und dann auch noch den Chrysler überholte. Der Motorradfahrer trug eine schwarze Lederkluft und einen schwarzen Helm, auf den ein goldener Blitz gemalt war. Er sah aggressiv aus, gefährlich. Er kam bis auf einen halben Meter an sie heran, und Troller spürte die Versuchung, hart auf die Bremse zu treten und den Kerl einfach hinten aufprallen zu lassen. Er versuchte, das Gesicht des Mannes zu erkennen, aber das Visier war so dunkel getönt, dass man nicht mal wusste, ob er überhaupt ein Gesicht hatte.
„Also, macht’s gut“, sagte Kowalski und wollte offenbar auflegen.
„He, warte“, rief Jane. „Wann treffen wir uns denn nun mit Adams?“
„Hab ich das nicht gesagt?“
„Nein. Hast du nicht.“
„Na dann: Am 23. Juli in Seattle. Die E-Mail mit genauen Instruktionen ist schon unterwegs. Macht’s
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