Gottes Gehirn
immer so vor, als hätten sie Angst, uns die ganze Wahrheit zu erzählen. Warum? Was ist da passiert?“
„Wissen Sie, dass Adams die Konferenz gesponsert hatte?“
„Das war doch kein Geheimnis.“
„Nein, aber es ist bis heute nicht bekannt geworden, wie er die Konferenz gesteuert hat. Warten Sie“, Behrman stand auf, ging zu einem geschnitzten Hocker mit indischen Motiven, der vor dem Altar mit den Blumen und der Nachbildung des Taj Mahal stand, drehte den Sitz des Hockers und klappte ihn hoch. Aus einem Geheimfach holte er eine Videokassette hervor. „Ich war von Anfang an misstrauisch gegen diese Konferenz, weil ein so großer Wert auf Geheimhaltung gelegt wurde. Deswegen hatte ich eine Miniaturkamera dabei. Ich hatte natürlich erwartet, dass man sie mir am Eingang abnehmen wurde, aber Adams’ Sicherheitsleute kamen gar nicht auf die Idee, mich durchzuchecken.“
Er schob die Kassette in einen Videorekorder und drückte auf den Startknopf. „Die Qualität ist miserabel, aber sie reicht aus, um Ihnen klar zu machen, was ich meine.“
Man sah und hörte eine Weile nichts als Flimmern und Rauschen, dann tauchte ein verwackeltes Bild mit einer Reihe verschwommener Hinterköpfe auf und der Ton gab Gemurmel, Gebrabbel und Störgeräusche wieder, die offenbar davon kamen, dass Behrman seine Kleidung mit dem versteckten Mikrofon noch zurechtrückte. Dann wurde das Bild schärfer, der Ton klarer. Auf einer kleinen Bühne stand Jeff Adams – unverkennbar mit seiner Musterschülerbrille und seinem Studentenoutfit: Jeans und Pullover.
Links hinter ihm war, kaum erkennbar, das Bild einer Frau an die Wand projiziert. Adams sprach mit ruhiger, prononcierter Stimme, die erstaunlich gut zu verstehen war.
„Sehen Sie hier das Porträt von Rosemary Brown“, sagte Adams und machte eine effektvolle Pause. „Vielleicht haben Sie von ihr gehört. Sie war eine einfache Frau, die ihre zwei Kinder mit einer Witwenrente und einem Teilzeitjob in einer Schulkantine durchbringen musste. Rosemarys Leben wäre ziemlich freudlos verlaufen, hätte sie nicht eine Reihe ungewöhnlicher Bekannter gehabt, von denen ich Ihnen ein paar Namen nenne: Johann Sebastian Bach, Ludwig van Beethoven, Robert Schumann, Franz Liszt, Wolfgang Amadeus Mozart, Johannes Brahms und Anton Bruckner.“
Er machte eine Pause und schaute erwartungsvoll in die Runde. Man sah vor ihm nur einige Hinterköpfe. Offenbar hatte Behrman in der dritten Reihe gesessen.
„Sie werden sich natürlich fragen, wie das möglich war. Nun, sie sagte, sie habe hellhörerische Fähigkeiten. Sie sei in der Lage, akustisch Kontakt zu anderen Welten aufzunehmen.“
Und diesen Geisterkram haben sich die Wissenschaftler angehört?, dachte Troller.
„Sie werden jetzt lächeln und Rosemary als Spinnerin abtun“, fuhr Adams fort, „doch sie hat eine Menge Kompositionen geschrieben, obwohl sie über keinerlei besondere musikalische Ausbildung verfügte. Ich möchte Ihnen einen kurzen Interviewtext eines Filmemachers von CNN einspielen.“ Er drückte auf seine Fernbedienung. Man sah auf einer Leinwand den bekannten Journalisten Samuel Dixon.
„Ich war viele Male Zeuge des ganzen Vorganges“, sagte Sam, „und ich kann Ihnen sagen: So etwas wie bei Mrs. Brown habe ich noch nie gesehen. Die Musik floss buchstäblich auf das Notenpapier. Die ganze Zeit stieß sie Sätze hervor wie: Nicht so schnell! Mit B oder ohne? Dieses G oder das eine Oktave höher? Sie schrieb die Noten, die ihr offenbar von einer fremden Stimme eingegeben wurden, in unglaublicher Hast nieder. Rosemary erzählte mir, dass die Kommunikation mit Beethoven besonders reibungslos verlief. Mit Brahms habe sie Schwierigkeiten gehabt, er sei ungeduldig gewesen und habe zu viel genuschelt. Und Mozart – hier wurde Rosemary rot und schlug die Augen nieder – Mozart habe zwischendurch schrecklich obszöne Sachen von sich gegeben. Aber die Musik sei natürlich genial.“
Dixon verschwand vom Bildschirm, und Adams blickte triumphierend in die Wissenschaftlerrunde. „Bevor ich Ihnen erkläre, warum ich diese Geschichte erzähle“, fuhr er fort, „will ich Ihnen verraten, was die Fachwelt zu der von Rosemary empfangenen Musik gesagt hat. Namhafte Musikwissenschaftler haben untersucht, inwieweit ihre Kompositionen die Handschrift von Beethoven, Brahms, Mozart oder Liszt tragen.“ Adams machte eine Pause und stellte dann mit klarer Betonung die Frage: „Hatte Rosemary wirklich Kontakt zu diesen großen Komponisten, oder war
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