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Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Titel: Gottes kleiner Finger - [Thriller] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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niemand würde wissen, was ihnen in ihrer Jugend, in ihrem Erwachsenenalter und im Rest ihres Lebens nur deshalb geschehen würde, weil ihr Vater in diesem verfluchten Cañon des Tibesti an einem Herzschlag gestorben war.
    Das hat überhaupt keinen Sinn, dachte Lauri. Menschen, die einander nicht kennen und nichts voneinander wissen, jagen einander mit der Waffe in der Hand durch die Wüste. Wenn wir uns in anderem Zusammenhang getroffen hätten, wären wir sicherlich gut miteinander ausgekommen. Wir hätten Freunde sein und an derselben Grillparty teilnehmen können. Ich hätte ihm und seiner Frau französischen Rotwein mitbringen und seinen Kindern Weihnachtsgeschenke kaufen können, anstatt Teil einer Konstellation zu sein, in deren Folge er nun tot am Grunde dieses gottverlassenen Cañons liegt und mit leblosen Augen in den Himmel starrt.
    »Wenn du dich selbst kasteien willst, dann mach ruhig damit weiter«, kommentierte Khadidja. »Aber damit machst du sie nicht wieder lebendig. Manchmal ist es besser, nichts zu wissen.«
    »Glaubst du, dass sie noch Ressourcen haben?«, fragte Lauri, um das Thema zu wechseln. »Dass sie uns noch verfolgen können?«
    Khadidja schüttelte den Kopf.
    »Sogar die Armee der Vereinigten Staaten müsste sich sehr anstrengen, um die Versorgung solcher Menschenmengen noch länger zu gewährleisten«, sagte sie. »Mitten in der Sahara, zweitausend Kilometer von der Küste entfernt. Zur schlimmsten Sandsturmzeit des Jahres! Auch wenn deine Freunde etwas mehr Geld hätten, muss man sich vor Augen halten, dass die Sahara ziemlich groß ist. Außerdem hat jetzt mindestens jeder zweite von ihnen schon einen Hitzschlag bekommen.«
    »Du glaubst also, dass sie aufgegeben haben?«
    »Darauf würde ich wetten. Aber es ist sinnlos, herumzuspekulieren. Fragen wir die anderen!«
    Khadidja reckte die Hand ausgestreckt zum Himmel und stieß einen eigentümlichen, langen und klagenden Ruf aus.
    Ein paar Minuten später sahen sie Staub, hörten kleine Steine über Felsen kullern und Kies knirschen. Dann stiegen durch einen Seitencañon zehn, zwölf, fünfzehn sehr dunkle und sehr stille, in lange schwarze Gewänder gekleidete Männer zum Talgrund herab.
    Teda, dachte Lauri. Die Geister des Tibesti.

3
    Im Kontrollraum wird jemand gebraucht, der hört, dachte Janet fieberhaft. Und jemand muss gehen und nachsehen, ob es im Luftschiff Überlebende gibt. Bevor es zu spät ist.
    Janet schaute zum Wrack des Luftschiffs hinauf, das vom Turm herabhing, und Verzweiflung überkam sie. Wir sind zu wenige, dachte sie finster. Katharine folgte ihrem Blick und verstand, was Janet durch den Kopf ging.
    Oh nein, dachte Katharine. Ihr wurde schwindlig, und sie hatte das Gefühl, als würden ihre Beine gleichzeitig nachgeben und im Wüstensand versinken. Das nun doch nicht, zumindest das nicht. Ich kann das nicht, es geht nicht. Jemand anders muss es tun.
    Aber wer?
    Es war klar, dass Janet im Kontrollraum bleiben musste. Keskitalos physische Verfassung würde nicht ausreichen. Ulrich wurde bei der zweiten Hotchkiss gebraucht, damit konnte Katharine nicht umgehen. Alle anderen hatte Janet auf das Kraftwerk verteilt, und es würde seine Zeit dauern, bevor irgendjemand von ihnen hier sein könnte.
    Die Konsequenz war unausweichlich. Katharine schloss für eine Sekunde die Augen und kämpfte gegen ihre zunehmende Panik an. Nein, das kann nicht wahr sein, dachte sie. Ich wollte doch nur eine entspannte Gesellschaftsreise machen.
    Dann verdrängte sie die Schreckensbilder und öffnete die Augen.
    »Ich gehe in die Desert Queen«, sagte Katharine fest und entschlossen zu Janet. »Und sehe nach, ob da noch jemand am Leben ist.«
    Janet las ihr die Worte von den Lippen ab.
    »Hattest du nicht Höhenangst?«
    »Ich schaff das schon«, versicherte Katharine.
    Ich habe noch ein paar von Lauris Kampfdrogen, dachte sie.
    Janet überlegte, ob sie eine Alternative hätten. Sie ließ Katharine nicht gern auf den Turm.
    »Ich komm mit«, sagte Keskitalo.
    Katharine sah Keskitalo unsicher an, aber ihr kam keine Idee, wie sie diese Situation meistern könnte. Aber Janet löste das Problem für sie, noch bevor sie irgendetwas tun konnte.
    »Nein, ich brauche dich im Kontrollraum«, sagte Janet zu Keskitalo.
    Ulrich sah Janet an und wartete auf Anweisungen.
    »Geh du zu der zweiten Hotchkiss, aber bitte unterwegs Jaime, dass er Katharine zu Hilfe kommt«, befahl Janet. »Und wenn dein Gehör nicht zurückkommt, nimm jemanden mit, der dir

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