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Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Titel: Gottes kleiner Finger - [Thriller] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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mit der du nicht verheiratet bist?«
    »N-nein«, sagt der Lauri. »Eigentlich nicht.«
    »Na! Das war ja eine ganz klare Antwort. Warum drücken so viele Männer es am liebsten gerade so aus? Weißt du das?«
    »Tja, ich will mal so sagen, es gibt eine Frau, die mir ziemlich wichtig ist. Nur ist unsere Beziehung ein wenig kompliziert. Und sie hat mir unter anderem zweimal das Leben gerettet.«
    »Aha.«
    »Also fast genauso oft wie du«, fügte Lauri hinzu.
    Khadidja schüttelte den Kopf.
    »Deine Frauengeschichten sind anscheinend noch chaotischer als normalerweise bei den Männern. Kann sie wenigstens gut kochen?«
    Lauri musste lachen.
    »Vielleicht kann sie Wasser kochen, gerade eben, aber wahrscheinlich war es das dann im Wesentlichen auch. Sie lebt hauptsächlich von Pizza, Take-away-Essen und allem anderen, was man in der Mikrowelle warm machen kann.«
    Lauri konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, als er daran dachte, was Katharines Kühlschrank enthalten hatte, damals, als er sie zum ersten Mal besuchte.
    »Aber ich bin nicht in sie verliebt, nichts dergleichen«, fügte Lauri sicherheitshalber hinzu.
    »Ja, das sehe ich«, sagte Khadidja, aber ihr Ton gefiel Lauri nicht.
    Am nächsten Tag beschlossen Khadidja und Lauri, ihren Zufluchtsort zu verlassen. Zwei Tage lang hatten sie keine Menschenstimmen mehr gehört, und sie waren wirklich hungrig.
    »Während des Zweiten Weltkriegs waren die Franzosen viele Male hier«, erzählte Khadidja, als sie hinabstiegen. »Jedes Mal, wenn sie herkamen, zerstörten sie alles, was sie fanden, damit die Deutschen nichts von dem nutzen konnten, was den Teda gehörte. Auch die Italiener kamen mehrmals hierher und zerstörten alles, was sie fanden, damit die Franzosen oder die Engländer nichts von dem nutzen konnten, was uns gehörte.«
    »Das klingt traurig«, sagte Lauri.
    »Sodass uns sehr wenig Nützliches geblieben ist, wie zum Beispiel Vieh, Dattelpalmen und Brunnen, und der größte Teil der Teda musste dort hinziehen, wo man irgendwie leben konnte. Das hat das Herz unseres Volkes gebrochen, denn im Stein blieben nur einige Tausend Teda.«
    Auf die ersten Toten stießen sie schon nach knapp einem Kilometer. Am Boden lagen drei Männer, die aussahen wie Europäer oder Amerikaner und die von der Sonne schwer verbrannt waren. Die Zungen, die den Männern aus dem Mund quollen, waren schwarz und von Fliegen bedeckt. Lauri beugte sich zu dem nächstgelegenen Mann hinunter.
    »Das ist vergebliche Mühe, sie sind tot«, sagte Khadidja. »Ich habe es dir doch gesagt. Der Stein zerbricht alle, die ihn nicht kennen.«
    Khadidja setzte sich in den Schatten eines Felsens und machte sich nicht die Mühe, auch nur einen Blick auf die Toten zu werfen. Lauri glaubte es nicht unbesehen, sondern kontrollierte sicherheitshalber die Halsschlagader jedes einzelnen. Er spürte keinen Puls, und bei den Männern hatte schon die Totenstarre eingesetzt.
    »Wir sind übrigens nicht mehr ganz allein«, bemerkte Khadidja.
    Lauri verstand nicht, was Khadidja meinte. Er nahm einem der Männer die Brieftasche ab und öffnete sie.
    »Ich hätte nicht gedacht, dass du Leichen fleddern würdest«, bemerkte Khadidja missbilligend. »Einige meiner Teda- und Imohagh-Brüder würden allerdings gut mit dir auskommen, sie denken über diese Dinge ebenso praktisch wie du.«
    »Ich will nur wissen, wer unsere Gegner sind.«
    Der Mann hieß Eric Brockmann, und er war ein Mitarbeiter der Sicherheitsfirma Security Services International, kurz SSI, gewesen. In seiner Brusttasche fand sich ein Pass mit einem langfristigen Arbeitsvisum, das von der libyschen Regierung ausgestellt worden war. Auf die Innenseite der Brieftasche waren drei briefmarkengroße Fotos geklebt.
    Eines davon stellte sicherlich Eric Brockmanns Frau dar. Es war eine blonde, hübsche Frau, in deren Miene und deren Kinn etwas sehr Entschiedenes, Ursprüngliches und Respektgebietendes lag. Lauri dachte, dass diese unbekannte Frau auch ihm hätte gefallen können, wenn er sie irgendwann kennengelernt hätte.
    Die beiden anderen Fotos zeigten ihre Kinder. Der Sohn konnte etwa neun Jahre alt sein, die Tochter vielleicht zwölf. Prächtige, glücklich wirkende, lachende, großartige Kinder. Abgesehen davon, dass sie gerade ihren Vater verloren hatten, und wenn sie es erfahren würden, dann würde das Lachen von ihren Gesichtern verschwinden. Ihre Gesichter würden hart werden. Etwas in ihren Augen würde erlöschen und nie wieder zurückkehren, und

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