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Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Titel: Gottes kleiner Finger - [Thriller] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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mehr, sondern gingen mit langsamen und vorsichtigen Schritten näher. Katharine bemerkte, dass sie sich Tücher vor Mund und Nase gebunden hatten.
    »Kannst du sehen, was da vor sich geht?«, fragte Janet.
    Die Wunde im Oberschenkel verursachte ihr offenbar große Schmerzen.
    »Sie sind langsamer geworden«, sagte Katharine.
    Von den Fenstern des Kontrollraums aus war die Sonne schon deutlich sichtbar.
    »Noch ein paar Hundert Meter«, sagte Katharine. »Sie bewegen sich wirklich langsam.«
    »Warum sollten sie es eilig haben«, schnauzte Jaime. »Wir können ja nicht einmal ihr Feuer erwidern!«
    »Das wissen sie vielleicht nicht«, sagte Katharine nachdenklich. »Sie könnten fürchten, dass wir das Feuer eröffnen, sobald sie näher gekommen sind.«
    Die Sonne stieg höher, und im Kontrollraum wurde es heiß. Die Klimaanlage funktionierte nicht mehr. Katharine spürte, wie ihr der erste Schweißtropfen von der Schläfe über die Wange rollte. Wieder hob sie das Fernglas an die Augen. Die Spitzengruppe der Angreifer befand sich dicht gedrängt unweit des Gewächshauses, einige Männer nur noch wenige Dutzend Meter davon entfernt.
    »Sie kommen ins Gewächshaus«, seufzte Jaime. »Hat jemand eine gute Idee?«
    »Es war ... eine Freude, euch kennenzulernen«, stammelte Janet. »Aber denen haben wir doch ordentlich eingeheizt. Nicht wahr?«
    Katharine betrachtete das in der Sonne funkelnde Dach des Gewächshauses. Darin klafften Dutzende großer, hässlicher Löcher. Dort, wo es am schlimmsten gelitten hatte, war es großflächig ganz in sich zusammengestürzt, und der Kontrollraum selbst war völlig zerstört. Die Schäden konzentrierten sich jedoch auf die Randgebiete des Glasdachs und auf den Kontrollraum. In den mittleren Teilen des Gewächshauses gab es anscheinend nur einige relativ kleine Löcher. Das mit einer dreifachen Kunststoffdecke verstärkte Dach der mittleren Teile hatte den Beschuss mit überraschend geringen Schäden überstanden.
    Der Verlust der Wärmeleistung konnte also nur einige Prozent betragen. Noch war das Kraftwerk nicht so stark beschädigt, dass es sich nicht mehr würde reparieren lassen. Nicht im Entferntesten.
    Ein eintöniger, ritueller Gesang wurde hörbar. Es war, als stiege er aus der Tiefe der Erde auf. Er kam gleichzeitig aus allen Richtungen. Zwei eintönige Verse in arabischer Sprache, die gleichförmig immer aufs Neue wiederholt wurden, immer wieder und wieder. Die Angreifer hatten ihren Schlachtruf angestimmt, sie bereiteten sich auf die letzte Phase des Kampfes vor. Sie steigerten sich in einen Fanatismus hinein, um das tun zu können, was sie tun sollten. Katharine verstand die Worte nicht, aber das spielte keine Rolle. Das Lied klang auch so schon bedrohlich und furchteinflößend. Es besagte, dass es keine Gnade geben werde. Aber das wussten sie ja schon.
    Der Glasstaub reizte Katharine die Kehle, und sie musste wieder husten. Als sie hustete, spürte sie im Kehlkopf einen Schmerz, als würde ihr dort ein Messerstich versetzt.
    Dieser Glasstaub ist noch tückischer als der Feinzement, dachte Katharine und betrachtete den Glasbruch, der den Fußboden des Kontrollraums mit einer fast homogenen Schicht bedeckte. In ihr stieg das Bild von Razia al-Qasreen und ihrem zerstörten Gesicht auf, und sie biss die Zähne zusammen.
    »Das Gewächshaus erzeugt jetzt wieder einen viel stärkeren Wind, da die Sonne scheint, oder?«, fragte Katharine. »Obwohl es einige kleine Löcher hat?«
    Janet und Jaime sahen Katharine an. Janet war sehr blass.
    »Natürlich«, sagte sie heiser.
    »Wie viel Quadratmeter Glas mögen sie zerstört haben?«, überlegte Katharine laut. »Eine Million? Zwei Millionen?«
    »Etwas in der Größenordnung«, stammelte Janet.
    Katharine ging zu den Steuerhebeln der Turbinengehäuse. Glassand und Staub knirschten unter ihren Füßen. Der Gesang der Angreifer wurde stärker. Sie konnten nicht mehr sehr weit entfernt sein.
    »Sind die Türen des Versorgungstunnels nicht noch offen?«, fragte Katharine.
    Janet und Jaime sahen sie überrascht an.
    »Meinst du, dass ...«
    »Wie viele winzige Glassplitter und scharfkantige kleine Partikeln ergeben zwei Millionen Quadratmeter zerbrochenen Glases?«, fragte Katharine.
    Sie sah, wie in Janets Augen die Hoffnung aufflammte.
    »Das weiß ich nicht«, sagte Janet. »Aber bestimmt sehr viele. Zillionen?«
    Janet grinste schwach, aber Katharine sah, dass sie wegen des Blutverlustes bald das Bewusstsein verlieren

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