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Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Titel: Gottes kleiner Finger - [Thriller] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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würde.
    »Macht es«, flüsterte Janet.

16
    Dick Brunel ging direkt hinter Faikh Nizmet und Fouad Badou auf das Gewächshaus zu. Der größte Teil ihrer erschöpften Kampftruppe war schon drinnen und näherte sich jetzt dem Sonnenturm. Die Angreifer bereiteten sich auf den letzten Kampf und das darauffolgende Blutvergießen vor. Brunel hörte, wie die Truppe wieder ihren Schlachtruf anstimmte, ein Mantra, das sich gleichbleibend immer aufs Neue wiederholte. Durch die endlosen Wiederholungen würde es allmählich immer hypnotischer werden und ihnen die Gewissheit geben, dass das, was sie gleich tun würden, berechtigt war, weil die Menschen, die ihnen gegenüberstanden, böse und auf Seiten des Satans waren. Viele Stimmen wurden jedoch dann und wann von einem Hustenanfall unterbrochen, und der rituelle, eintönige Gesang hatte diesmal nicht seine übliche Wirkung.
    Brunel bemerkte, dass der Wind, der in die Richtung des den Turm umgebenden Glasgebäudes wehte, umso stärker wurde, je höher die Sonne stieg. Dieses verdammte Ding scheint tatsächlich zu funktionieren, dachte er verbittert. Na, dann ist es noch wichtiger, dass von dem Kraftwerk kein Stein auf dem anderen bleibt. Carthaginem esse delendam! Dies ist das beschissenste Unternehmen, an dem ich jemals teilgenommen habe, dachte er. Zum Glück geht es jetzt zu Ende. Endlich.
    Brunels Kleider waren von grauem, durch das Trocknen hart gewordenem Schlamm bedeckt. Den hatte er in den Haaren, in den Ohren und im Gesicht. Der betonierte Schlamm knirschte ihm zwischen den Zähnen, in den Augen brannte und stach es. Immer wieder musste er stehen bleiben, um zu husten.
    Badou und Nizmet waren von demselben Zementschlamm beschmutzt, ebenso wie alle anderen Kämpfer ihrer kleinen, leidgeprüften Armee.
    Fouad Badou warf einen verstohlenen Blick auf Brunel, der hinter ihm müde vorwärtsschlurfte. Es war ein großer Fehler gewesen, diese Aufgabe zu übernehmen, dachte er. Ihre Autorität in Ägypten, Libyen und im Sudan würde sich niemals von diesem Schlag erholen. Die Menschen würden sagen, dass all ihre Missgeschicke eine Folge davon waren, dass Gott sie und ihre Große Aufgabe verlassen hatte und vielleicht doch aufseiten ihrer Gegner, nicht auf ihrer, stand.
    Derselbe Gedanke war in den vorangegangenen Wochen mehrmals auch Fouad gekommen, aber er hatte ihn verdrängt und beschlossen anzunehmen, dass Gott sie nur auf die Probe stellte. Na, auf jeden Fall würden sie jetzt den Sonnenturm zerstören, den verfluchtesten von allen verfluchten kleinen Fingern des Satans, sie würden ihn dem Erdboden gleichmachen. Das würde viel bedeuten und einen Teil des Schadens beheben.
    Alles würde es jedoch nicht wiedergutmachen, nichts würde die Dinge so wiederherstellen, wie sie vor diesem Auftrag gewesen waren.
    Die Einwohner der Oase Siwa hatten gesehen, dass die Verteidiger des Sonnenturms mehrläufige Maschinengewehre besaßen, mit denen sie einen großen Teil der Angreifer leicht hätten niedermähen können. Sie hatten gesehen, dass die Verteidiger des Kraftwerks ihre fürchterlichen Waffen nicht gegen die Angreifer eingesetzt hatten, dass sich die Verteidiger im Gegenteil bis zuletzt bemüht hatten, ein Blutvergießen zu vermeiden, und deshalb selbst viel Blut verloren hatten. Das war keine gute Sache, das könnte ihnen in der Folge noch viel Ärger einbringen. Aber im Moment konnten sie daran nichts ändern, sie würden erst später darüber nachdenken können. Jetzt mussten sie sich darauf konzentrieren, den Auftrag zu Ende zu führen.
    Fouad sang und bereitete sich wieder einmal darauf vor, seiner aufgestauten Wut freien Lauf zu lassen. Ein kleiner Teil davon würde sich wieder einmal als grausame, dunkelrote Gewalt entladen dürfen. Blut würde fließen, die Erde benetzen und ein Stückchen seines insgeheim schwelenden Hasses löschen.
    Sie kamen zum äußeren Rand des Glasmeers und setzten ihren Weg unter dem unermesslichen Glasdach fort. Der auf den Turm zublasende Luftstrom war schon an den Rändern des Glasdachs überraschend stark. Wenn ihre Kleider und Haare nicht von dem schweren Betonschlamm bedeckt gewesen wären, hätte der Wind sie flattern lassen. Jetzt wirkte er nur kühl und erfrischend. Zum Glück hatte der Wind auch die letzten Reste von diesem scheußlichen, die Kehle reizenden Betonstaub mit sich fortgerissen.
    Der Sonnenturm bietet zweifellos einen eindrucksvollen Anblick, dachte Fouad, und das ihn umgebende Glasgebäude besitzt gewaltige Ausmaße.

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