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Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Titel: Gottes kleiner Finger - [Thriller] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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legte Lauri seine Styx-Maschinenpistole griffbereit neben sich. Aber das erschien ihm nicht sehr wahrscheinlich, trotz der Anschläge auf die Baustelle. Außerdem hatten sie ihr Zelt hoch oben auf einem Hügel aufgeschlagen, an einer Stelle, von wo sie im Licht des aufgehenden Mondes die Schatten von Menschen, die sich ihnen in böser Absicht näherten, leicht bemerken würden.
    »Dass du Azhrawi beeindruckt hast, kann von einiger Bedeutung sein«, sagte Abu Hassan nach einer langen Schmollpause.
    »Glaubst du?«
    »Du hast vieles gesagt, was ihn zum Nachdenken angeregt hat. Dinge, die auch mir ganz neu waren. Hoffentlich entsprachen sie der Wahrheit?«
    Lauri lachte.
    »Mach dir keine Sorgen, ich hab nur die Wahrheit gesagt.«
    »Ich glaube, die Chefin hat die richtige Wahl getroffen, als sie dich für diese Aufgabe einstellte.«
    »Das hoffe ich«, sagte Lauri. »Aber weißt du, wer die schwarz gekleidete Frau in Azhrawis Zelt war?«
    Abu Hassan schüttelte den Kopf.
    »Nein. Ihre Anwesenheit war eigentlich sehr merkwürdig. Sie war ganz eindeutig keine Beduinin, also keine Verwandte von Azhrawi, und sie war nicht verheiratet. Eine alleinstehende, unverheiratete Frau, die mit dem Scheich nicht verwandt, aber dennoch ein geschätzter Gast ist und die bei einer wichtigen Begegnung dabei sein darf ... Das ist höchst ungewöhnlich. Ich weiß nicht, wer sie ist, möchte es aber wirklich gerne wissen.«
    »War sie deiner Meinung nach Araberin?«
    Abu Hassan überlegte einen Moment.
    »Ich glaube, sie ist teils Araberin und teils Tuareg. So würde ich jedenfalls wetten. Aber ... sie gehört einem Tuaregstamm an, den ich nicht kenne.«
    »Nicht dem Siwa-Stamm?«
    »Die Angehörigen des Siwa-Stamms sind keine Tuareg, sondern andere Berber.«
    Lauri wusste, dass die Berberstämme das Berberische sprechen und die Beduinen Arabisch, abgesehen davon, dass die Chaamba aus dem M’zabi-Gebirge ein aus Syrien stammendes, mit dem Arabischen verwandtes Idiom sprechen.
    »Alle Berber stammen ursprünglich aus Marokko«, begann Abu Hassan zu dozieren. »Berber, die sich in Mauretanien niedergelassen haben, werden heute jedoch Mauren genannt. Die Berber aus dem Ahaggar-Gebirge, aus der Tassili’n Ajjer und dem Air sind Tuareg. Die Nomaden aus dem Tibesti, die die Brüder und nächsten Verwandten der Tuareg sind, heißen Tubu oder Tedo. Die Tuareg der mittleren Sahara halten die Mauren und auch die Tubu nicht mehr für richtige Tuareg, weil ihrer Ansicht nach beide ihr Blut allzu sehr mit dem der Stämme der südlichen Sahara vermischt und jetzt eine zu schwarze Hautfarbe haben.«
    »Du klassifizierst die Nomaden nach den Gebirgen«, stellte Lauri fest.
    »Die Gebirge der Wüste sind ihre Festungen«, erklärte Abu Hassan. »Ohne die würden sie schon längst nicht mehr existieren.«

24
    Am nächsten Morgen erwachten Abu Hassan und Lauri schon früh, noch vor Sonnenaufgang. Sie kochten Tee, frühstückten und brachen ihr Zelt ab. Dann fuhren sie los, um noch vor der heißesten Tageszeit möglichst weit zu kommen.
    Diesmal fuhr Lauri, und Abu Hassan saß neben ihm. Lauri fiel etwas ein, was er vergessen hatte, Abu Hassan zu fragen.
    »Eine Sache hat mich übrigens gewundert«, sagte er. »Wie konnte es in Azhrawis Zelt so kühl sein? Im Vergleich zur Außentemperatur geradezu frisch. Normalerweise ist es im Zelt doch heißer als draußen. Und sein Zelt war auch noch aus dickem schwarzem Wollstoff!«
    Abu Hassan grinste.
    »Viele Europäer glauben, die Menschen, die unter den primitiven Bedingungen anderer Erdteile leben, seien Dummköpfe, die selbst niemals etwas Vernünftiges erfunden haben.«
    »Ich weiß, dass es nicht so ist, könntest du mir also bitte erklären, was ich hier nicht verstehe.«
    »So wie in allen Zelten der Saharanomaden gibt es in Azhrawis Zelt eine Art Hyperklimatisierung. Aber sie funktioniert ohne Strom, nur durch die Kraft der Sonnenenergie. Deshalb ist das Zelt schwarz, es nimmt das Sonnenlicht so wirksam auf, dass die Luft darüber sich erwärmt und aufsteigt, sodass von den Seiten neue Luft nachströmt. Und dieser Luftstrom hält das Zelt kühl.«
    »Aber müsste sich das Zelt nicht trotzdem erwärmen?«
    »So würde es sicherlich sein, wenn der Stoff dichter wäre, so wie in euren Zelten üblich. Aber die Zelte der Saharanomaden sind aus sehr lose gewebtem Stoff, sodass der Wind ungehindert auch von unten nach oben, direkt durch den Stoff hindurch, blasen kann.«
    »Tragen also deshalb viele Nomaden

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