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Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Titel: Gottes kleiner Finger - [Thriller] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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schwarze Kleidung?«
    Abu Hassan nickte.
    »Genau, dass erscheint widersinnig, aber es gibt dafür eine gute Erklärung. Die Kleider helfen den Nomaden, kühl zu bleiben und ihren Schweiß auf der Haut zu behalten. Je schneller der Schweiß verdunstet, desto mehr muss man schwitzen, damit die Sonne den Menschen nicht wie ein Suppenhuhn im Topf kocht. Kleider aus undicht gewebtem Stoff funktionieren am besten.«
    Lauri erinnerte sich plötzlich an die Badgirs in der pakistanischen Provinz Sindh. Zum Beispiel standen in Hyderabad vor einiger Zeit noch auf fast allen Dächern Aufbauten, die den immer aus derselben Richtung wehenden Wind ins Haus lenkten. Dank dieser Windtürme lag die Innentemperatur der Häuser in der heißesten Sommerzeit statt bei sechzig nur bei etwa fünfunddreißig Grad, ohne dass man für die Kühlung auch nur ein einziges Watt Strom hätte aufwenden müssen. So beruhte zum Beispiel das Klimatisierungssystem von Hyderabad ausschließlich auf der kostenlosen Windenergie.
    Sie passierten zwei am Straßenrand geparkte Lkws. Bei beiden stand eine Schar von Männern, die scheinbar nichts taten. Lauri überlegte, warum die Autos angehalten hatten. War einer der Lkws kaputtgegangen, oder machten die Fahrer eine Pause?
    Niemand schien etwas zu reparieren. Vielleicht handelte es sich nur um eine Rast. Warum aber hatten sie an einer Stelle gehalten, wo es keinerlei Schutz vor der sengenden Sonne gab? Das hatte keinen Sinn. Aber das ging sie wirklich nichts an, sodass Lauri den Gedanken verdrängte.
    »Wie viele Beduinen gehören zu Azhrawis Volk?«, fragte er stattdessen Abu Hassan.
    Der Weg stieg an, zuerst sanft, dann etwas steiler.
    »Das weiß ich nicht genau«, sagte Abu Hassan. »Aber ziemlich viele, ich glaube, es ist das größte Beduinenvolk in Ägypten.«
    »Mehrere Tausend?«
    »Das glaube ich schon.«
    Während das Auto die ansteigende Straße hinauffuhr, sah Lauri im Rückspiegel, dass die neben der Straße geparkten Lastwagen auf den Weg zurücksetzten. Dann wandten sie sich nach Norden. In dieselbe Richtung wie Lauri und Abu Hassan.
    »Azhrawi spielt also in der westlichen Wüste eine bedeutende Rolle?«
    »Eine sehr bedeutende. In Bezug auf die Sicherheit von Gottes Kleinem Finger kann er sogar die wichtigste Person der ganzen Gegend sein. Er ist auch bei den Nachbarvölkern geschätzt, zum Beispiel in Wahat Siwah. Er genießt vielerorts große Autorität.«
    Im Rückspiegel sah Lauri, dass die Lastwagen jetzt hinter ihnen die Steigung hinauffuhren. Der Weg stieg immer höher an, bis er sich oberhalb des Ergs, des Sandmeers, befand. Das Gelände war staubtrocken, nirgends gab es auch nur eine Spur von Vegetation, keinen einzigen Baum oder Grashalm, nicht einmal Kakteen.
    »Hier regnet es wohl kaum jemals?«, erkundigte sich Lauri.
    »Fast nie.«
    Der Weg stieg höher und höher, und die Aussicht wurde immer schöner. Auf der linken Seite befand sich jetzt ein steil nach unten abfallender Kieshang, und an dessen Fuß Sandsteinfelsen, die unter dem Einfluss von Wasser und Wind fantastische Formen angenommen hatten. Dahinter lagen nur große, gelbliche, mehrere Dutzend Meter hohe Sanddünen in unendlichen, bis zum Horizont reichenden Reihen. Auf der rechten Seite des Weges ragte fast senkrecht eine Sandsteinwand empor.
    »Ziemlich beeindruckend«, bemerkte Lauri. »Da möchte ich wirklich keine Fußwanderung machen müssen.«
    »Ich auch nicht«, sagte Abu Hassan und schüttelte, vor Entsetzen erschauernd, den Kopf. »Ein Mensch würde dort nicht lange überleben.«
    »Wie lange kommt man unter diesen Bedingungen ohne Wasser aus?«, fragte Lauri, um Abu Hassan einen Gefallen zu tun.
    »Hier braucht man etwa acht Liter Wasser am Tag. Wenn du kein Wasser hast, fällst du in eine Art Erstarrung und trocknest so aus, dass du innerhalb von vierundzwanzig Stunden stirbst.«
    »So schnell?«, wunderte sich Lauri, als hätte er nicht auch selbst die Antwort auf diese Frage gewusst.
    Der Weg wand sich immer höher in das Sandsteingebirge hinauf, und die Landschaft dort war von atemberaubender Schönheit. Von dem Weg aus hatte man einen Blick auf die Sandwüste, der sicherlich schon hundert oder zweihundert Kilometer weit reichte.
    Lauri bemerkte im Rückspiegel, dass der Staub, den die ihnen folgenden Lastwagen aufwirbelten, inzwischen näher gekommen war. Er selbst war ziemlich schnell gefahren, sodass die beiden Lkws in geradezu gefährlichem Tempo fahren mussten. Was hatte das zu bedeuten? Bedeutete

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