Gottes kleiner Finger - [Thriller]
es überhaupt etwas?
Lauri trat auf das Gaspedal, und der Lkw wurde so heftig in die nächste Kurve gesaugt, dass Kies und kleine Steine unter seinen Reifen wegrutschten und der hintere Teil des Autos nach oben geschleudert wurde. Erschrocken klammerte sich Abu Hassan an seinen Sitz.
»He, was machst du! Du fährst viel zu schnell. Wir haben es doch gar nicht eilig!«
Sie befanden sich schon mindestens dreihundert Meter oberhalb des Sandmeeres. Abu Hassan wurde bleich, als er einen Blick aus dem Seitenfenster des Autos warf.
»Hör mal, dieser Weg ist ziemlich schmal«, stellte er fest.
»Ich weiß, aber mir gefallen diese Lkws nicht.«
Im Rückspiegel sah Lauri, dass auch der vordere Lkw Gas gegeben hatte, und zwar mehr als er selbst. Der Wagen torkelte hinter ihnen mit lebensgefährlicher Geschwindigkeit in die Kurve. Der zweite Wagen holte ihn sehr schnell ein.
»Was denkst du?«, fragte Abu Hassan, plötzlich sehr besorgt.
»Ich weiß nicht, aber ich ahne, dass ...«
Der Felseinschnitt blieb hinter ihnen zurück. Vor ihnen lag eine kurze, gerade Strecke und daneben eine neue Ausweichstelle. Aber der Weg war durch zwei quergestellte Lastkraftwagen versperrt. Davor standen mindestens zwanzig Männer. Jeder von ihnen hatte entweder ein Gewehr oder eine kurzläufige Maschinenpistole, und die Waffen waren direkt auf sie gerichtet.
Im Bruchteil einer Sekunde begriff Lauri mehr instinktiv als mit dem Verstand, dass die Männer nicht vorhatten, sie anzuhalten. Sie hatten nicht vor, Warnschüsse abzugeben, vielmehr wollten sie schießen, um sie zu töten. Sofort. Ohne zu zögern und ohne Vorwarnung. Und er und Abu Hassan würden keinerlei Schutz vor den Kugeln haben, die von zwanzig automatischen Waffen ausgespuckt wurden.
Lauri bremste nicht, sondern trat das Gaspedal durch. Er lenkte das Auto vom Weg ab, auf den Berghang, der in steilem Winkel zu der vierhundert Meter tiefer wartenden Talsohle abfiel.
Zwei
D ER S TEIN
1
Katharine Henshaw betrachtete den Turm des Sonnenwindkraftwerks, der in schwindelnde Höhen aufragte, mit gemischten Gefühlen. Sie und Razia standen auf der Kuppe eines niedrigen Hügels, etwa fünfzehn Kilometer nördlich des Kraftwerks. Ihren Jeep hatten sie am Fuß des Hügels geparkt.
»Dein Kraftwerk dürfte den Charakter der Wüste etwas verändern«, bemerkte Katharine.
»Ja, das ist irgendwie auch ein bisschen traurig, nicht wahr?«, gab Razia zu. »Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht immer so richtig, was ich von der ganzen Sache halten soll. Ich frage mich manchmal, ob wir das Recht haben, so etwas zu tun.«
Razia wandte sich Katharine zu.
»Fahren wir weiter zur Qattara - Senke? Wolltest du die nicht sehen? Also auch von der ebenen Erde her?«
Der Weg wurde schlechter, er war jetzt voller tiefer Schlaglöcher und scharfer Kurven. Der Jeep schaukelte und schwankte manchmal so stark, dass Katharine fürchtete, er könnte umstürzen oder sich überschlagen. Aber Razia lenkte ihn sicher und geschickt, sie machte den Eindruck einer routinierten Fahrerin. Die Reifen wirbelten feinen Staub auf, der im Hals kratzte, sodass sie immer wieder husten mussten.
»Bist du sicher, dass wir auf dem Weg sind?«, fragte Katharine. »Dies hier erinnert eher an einen gepflügten Acker.«
»Doch, dies ist der Weg, ein gepflügtes Feld wäre viel ebener«, versicherte Razia.
Dem kann man wohl nicht widersprechen, dachte Katharine.
Razias Handy klingelte. Sie hielt den Jeep an und meldete sich. Die Anruferin war Sarah Birkin.
»Hallo, Sarah«, sagte Razia. »Gibt es was Neues?«
»Ich hab gerade gehört, dass in der Nähe der Oase Dakhla eine Art Terroranschlag verübt worden ist. Bewaffnete Männer haben zwei Lkws beschossen. Mehrere Menschen sind ums Leben gekommen. Ein Teil der Terroristen ist im Kampf mit Sicherheitsleuten getötet worden, aber die übrigen sind in die Wüste geflüchtet. Sie werden jetzt gesucht. Offensichtlich handelt es sich um eine außergewöhnlich umfangreiche Treibjagd, Tausende von Sicherheitsleuten und Polizisten sind unterwegs.«
»Ein seltsamer Ort für einen Terroranschlag«, bemerkte Razia.
»Ich hab versucht, Kontakt zu Lauri Nurmi und Abu Hassan aufzunehmen, aber sie melden sich nicht.«
»Das hat nichts zu bedeuten«, sagte Razia. »Dort ist kein ordentlicher Empfang. Versuch es später noch mal.«
»Okay«, sagte Sarah.
Razia sah, dass Katharine sich Sorgen machte.
»Du hast Angst um ihn?«
Katharine biss sich auf die Lippen und deutete ein Nicken
Weitere Kostenlose Bücher