Gottes kleiner Finger - [Thriller]
Material.«
»Wie sind sie entstanden?«, fragte Lauri.
»Das weiß niemand. Es ist ein Rätsel! Aber von diesem grünen Glas gibt es im Sandmeer stellenweise ganz beachtliche Mengen. Die Menschen in alter Zeit schätzten es, weil man daraus gute Messer und andere Werkzeuge sowie schöne Schmuckstücke herstellen konnte. Sie fanden sich auch im Grab des Pharaos Tutanchamun.«
Khadidja trat zu Lauri und reichte ihm die Glasstücke.
»Eines der wichtigsten Gebiete, in denen Wüstenglas vorkommt, hat ungefähr die Form eines Ovals«, erzählte Khadidja. »Ein anderes ist quasi ein sechs Kilometer breiter Ring mit einem Durchmesser von zwanzig Kilometern. Aus irgendeinem Grund findet sich im Inneren des Rings überhaupt kein grünes Glas.«
»Merkwürdig«, sagte Lauri.
Er hielt den grünlichen Glassplitter gegen das Sonnenlicht. Er hatte keine Ähnlichkeit mit irgendeinem anderen Material, das er jemals gesehen hatte.
»Du kannst sie behalten«, sagte Khadidja. »Ich habe schon eine große Sammlung davon.«
Khadidja stieg wieder auf ihr Kamel. Lauri schob die Glasstückchen in die Tasche seines Umhangs.
»Deine Eltern ... Ehen zwischen Teda und Angehörigen der ägyptischen Oberschicht können nicht sehr häufig sein?«
Khadidja lächelte.
»Nein, das sind sie wirklich nicht. Zumal die meisten Teda erst im Verlauf der letzten fünfzig Jahre zum Islam übergetreten sind.«
»So? Das klingt ja fast unglaublich!«
»Das würdest du verstehen, wenn du den Stein sähest«, erwiderte Khadidja. »Du würdest verstehen, warum der Stein die Herzen der römischen Generäle und der Generäle des osmanischen Reichs so gebrochen hat, dass sie bittere Tränen weinten und nach Hause zurückkehrten.«
11
Später am Nachmittag, drei Stunden vor Sonnenuntergang, hörten sie am Himmel ein leises Brummen.
»Sie suchen uns!«, bemerkte Khadidja.
»Hier fliegen ja wohl auch sonst Flugzeuge?«
Khadidja schüttelte den Kopf.
»Das ist sehr selten. In diesem Gebiet. Möglich ist es natürlich.«
»Sie sehen unsere Spuren im Sand?«
Khadidja nickte.
»Unser Weg hat zu oft durch Sandwüsten geführt. Ich bin immer auf dem Kies gegangen, wenn es möglich war, sodass unsere Spuren immer wieder verschwinden. Aber es kann sein, dass sie uns trotzdem finden.«
Nach Sonnenuntergang zogen sie weiter. Der zunehmende Mond erhellte die Wüste, die fantastischen Formen der vom Wind angenagten Felsen und Steine und die unzähligen, unterschiedlich großen Steinbrocken der Kieswüsten. Lauri hob ein wenig seinen verletzten Arm. Bildete er es sich nur ein, oder war er jetzt empfindlicher und schmerzte mehr als bisher? Er verdrängte die Sache, denn er konnte nichts daran ändern, bevor sie wieder unter Menschen kamen.
Lauri richtete seine Aufmerksamkeit auf die Felsen der Umgebung. Viele Geländeformen machten den Eindruck, als seien sie von Wasser aus dem Fels ausgewaschen worden, obwohl es überall so trocken war, dass hier inmitten von Sand und Steinen nichts wuchs, nicht mal ein Grashalm. War der Fels also doch vom Wind und nicht vom Wasser geformt worden? Andererseits wusste Lauri, dass es in der Sahara früher viel mehr Wasser gegeben hatte.
Einmal hatte er mit Alice zwei Wochen am Tschadsee verbracht. Der See war irgendwann einmal deutlich größer gewesen als das heutige, fast vertrocknete, schlammige Röhricht. Umgeben war es von weitläufigen Hochebenen oder so etwas wie großen, weitläufigen Tafelbergen. Sie waren nicht sehr hoch, ihre Kuppen waren dreihundert oder vierhundert Meter höher als die Umgebung. Lauri hatte zunächst angenommen, es handele sich um ganz gewöhnlichen Sandstein. Aber als er und Alice die Tafelberge näher untersuchten, mussten sie feststellen, dass sie aus Muschelkalk bestanden. Eine unendliche Menge von Muscheln, die sich während eines langen Zeitraums übereinander abgelagert hatten. Die Ebene musste irgendwann einmal Teil des Tschadseegrundes gewesen sein. Lauri konnte sich nicht vorstellen, wie viel Zeit bei der Entstehung der Muschelberge vergangen sein mochte.
In dem Gebiet hatte es auch Knochen altertümlicher Tiere gegeben. Lauri erinnerte sich, wie sie stellenweise überall aus dem Sand herausgeragt hatten. Große Knochen und Schädel. Sie hatten auch etwas gefunden, was ganz nach dem Skelett eines Krokodils aussah. Aber es war fast zwanzig Meter lang und so groß wie ein Autobus gewesen. Allein der Schädel war größer gewesen als ein Personenwagen.
Einige Stunden später befanden
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